Mit seiner 28. Austragung gehört der Alb Marathon in und um Schwäbisch Gmünd schon zu den Marathonklassikern in Baden-Württemberg. Wobei es sich nicht um einen klassischen Marathon, sondern um einen Ultramarathon handelt. Fünfzig Kilometer und 1100 Höhenmeter sind beim Alb Marathon zu bewältigen. In diesem Jahr findet in Schwäbisch Gmünd auch das Finale des Europacups im Ultralauf statt. Für mich wird die Teilnahme eine Premiere und so bin ich schon gespannt, was mich in der größten Stadt im Remstal erwartet.
Ich reise schon am Abend zuvor an und plane genügend Zeit ein, um meine Startnummer nach vor 20.00 Uhr im Prediger, einem ehemaligen Dominikanerkloster direkt in der Altstadt abzuholen. Nachdem mein Navi aufgrund der vielen Baustellen und Straßensperrungen in der Altstadt nicht klar kam, stellte ich mein Auto kurzerhand in der Fußgängerzone ab und machte mich zu Fuß auf die Suche nach dem Johannisplatz. Ein paar Minuten später stehe ich auch schon vor dem Prediger. Erste Zelte stehen schon, der Startbogen wird gerade montiert. Hier bin ich richtig.
Meine Startnummer habe ich wenige Minuten später auch schon in Händen. Neben der Startnummer finde ich in meinem Umschlag lediglich noch einen Anhänger für die Kleiderabgabe. Eine Infobroschüre suche ich vergeblich und bin froh, dass ich mir die Ausschreibung ausgedruckt habe, so dass ich mich später im Hotel noch etwas genauer mit dem Lauf beschäftigen kann. Bevor ich mich auf den Weg ins Hotel mache, suche ich noch einen geeigneten Parkplatz für den nächsten Morgen und entdecke ein Parkhaus etwa fünf Minuten vom Prediger entfernt, für das ich mich letztlich auch entscheide.
Als ich am nächsten Morgen vor die Tür meines Hotels trete, muss ich feststellen, dass der Wetterbericht leider recht behalten hatte. Konnte ich bei meiner Anfahrt am Vortag noch die herrliche Landschaft der Schwäbischen Alb genießen und herrliche Aussichten bewundern, musste ich mich für heute wohl von diesem Gedanken verabschieden. Über Nacht hatte es geregnet und es war empfindlich kalt. Drei Grad zeigte mein Thermometer und ich machte mir bei meiner kurzen Rückfahrt nach Schwäbisch Gmünd Gedanken, ob ich tatsächlich die richten Laufklamotten ausgewählt hatte. Kurze Laufhosen, ein kurzes Shirt und eine dünne Regenjacke. Aber was solls, was anderes hatte ich nicht eingepackt und das musste für heute einfach reichen.
Wieder zurück am Prediger lief mir als erstes Sybille Mai aus Augsburg in die Arme. Sie ist wirklich schnell und schien deutlich besser auf die Bedingungen eingestellt zu sein, als ich. Wir unterhielten uns kurz, bevor nach und nach auch meine zahlreichen baden-württembergischen Lauffreunde eintrudelten. Im Prediger war es deutlich wärmer, als draußen, so dass wir die Zeit bis kurz vor dem Start in der Halle verbrachten. Eine Stunde vor dem eigentlichen Start musste ich aber noch mal kurz nach draußen. Die Genussläufer starteten. Beim Alb Marathon gibt es nämlich die Möglichkeit sich auch für den sogenannten Genusslauf anzumelden. Dieser wird eine Stunde vor dem eigentlichen Marathon gestartet und bietet den Läufern, die Zweifel haben das Ziel innerhalb des Zeitlimits von sieben Stunden zu erreichen, die Möglichkeit, das ganze etwas gemütlicher anzugehen. Zehn Teilnehmer nehmen die Möglichkeit war. Unter ihnen entdecke ich auch my4-Autor Eberhard Ostertag nebst Begleitung. Ich verfolge noch kurz deren Start und verkrümle mich danach gleich wieder ins Warme.
Zehn Minuten vor dem Start ist es dann soweit und wir müssen wieder nach draußen. Immerhin ist es trocken, doch es ist schon wirklich lausig kalt. Man ist diese winterlichen Temperaturen einfach noch nicht gewöhnt. Und so bin ich froh, als der Countdown über dem Startbogen endlich die letzten Sekunden anzeigt. Die Straße vor dem Startbogen ist gut gefüllt. Mit uns starten die Staffel- und die 25-Kilometer-Läufer. Für den Marathon sind gut 300 Läufer gemeldet. Ob alle ihr Ziel bei diesen Bedingungen erreichen werden, wage ich jedoch schon nun zu bezweifeln. Doch dann geht es los. Die letzten Sekunden werden gemeinsam heruntergezählt und schon bald laufen wir durch die historische Altstadt von Schwäbisch Gmünd und werden von zahlreichen Zuschauern verabschiedet. Die ersten Kilometer dienen nun erst mal zum Einrollen. Nach der Fußgängerzone geht es durch ein Stadttor nach links weg und wir laufen erst Mal noch ein bisschen durch Schwäbisch Gmünd flach dahin und ich finde relativ schnell mein Wohlfühltempo. Noch bin ich ohne Begleitung unterwegs, da Kati anfangs nicht mit mir laufen wollte. Die erste Hälfte sei deutlich anspruchsvoller als die zweite und da würde sie mit mir nicht mithalten können. Sie hoffte, dass sie in der zweiten Hälfte wieder auf mich aufschließen kann und wir dann den Lauf gemeinsam zu Ende bringen können.
Kurz nachdem wir Schwäbisch Gmünd verlassen, erreichen wir den Eingang des Beutentals. Das Warmlaufen hat ein Ende, die ersten Höhenmeter liegen vor uns. Auf einem Waldwanderweg geht es nun stetig, aber nicht allzu steil nach oben. Es ist noch gut zu laufen und Kati, die bis dahin noch mit mir gleichauf war, muss erwartungsgemäß abreißen lassen. Die Strecke macht schon jetzt Laune. Herbstlich gefärbte Laubbäume säumen den Weg und gelegentlich kann ich noch mit ein paar Lauffreunden abklatschen, die ich im Vorfeld noch nicht getroffen hatte. Bei Kilometer 7 erreichen wir auch schon die erste Verpflegungsstation. Es gibt Wasser und warmen Tee. Bei diesen Bedingungen werde ich das Wasser heute gänzlich verschmähen und mich an den Tee halten. Nun geht es weiter in Richtung Wäschenbeuren. Die Strecke ändert sich auf den nächsten Kilometer kaum. Er geht stetig nach oben, aber gelegentliche Bergabpassagen lassen einem auch wieder Zeit zum Erholen.
Nach einem kurzen, knackigen Anstieg liegt das Wäscherschlössle vor bzw. über uns. Es wurde zwischen 1220 und 1250 erbaut. Einer Legende zufolge soll Kaiser Barbarossa auf dem Rückweg von den Gräbern seiner Vorfahren zur Burg Hohenstaufen hier Rast gemacht haben. Dabei hat er sich in eine Wäscherin verliebt und ihr kurzerhand die Burg geschenkt haben. Die Gestaltung des Ortswappens von Wäschenbeuren wurde von dieser Legende zwar beeinflusst, tatsächlich geht der Name jedoch auf Konrad den Wascher zurück. Es gibt noch zählreiche weitere Mythen über das Wäscherschlössle, wie zum Beispiel eine rätselhafte „Weiße Frau“ und einen Gefangenen in der Burg. Bei Führungen durch die Burg kann man sich diese erzählen lassen und somit in die vergangene Ritterzeit eintauchen. Leider haben wir heute dafür keine Zeit und lassen die Burg links liegen. Wir durchlaufen kurz darauf die kleine Ortschaft Wäscherhof und erreichen wenig später die zweite Verpflegungsstelle bei Kilometer 12 kurz nach Wäschenbeuren.
Die nächste VP wartet schon in vier Kilometern auf uns, doch bis dahin passiert genau das, was ich inzwischen schon verdrängt hatte. Es beginnt zu regnen und es wird richtig ungemütlich. Innerhalb kürzester Zeit hatte ich kalte Hände und begann zu frösteln. Ich war wohl doch etwas zu optimistisch und zu leicht angezogen. Handschuhe wären jetzt eine Wohltat, doch die liegen zu Hause in der Schublade. Auch das Fotografieren wird nicht einfacher. Immer wieder landen Tropfen auf dem Objektiv und ich habe nichts trockenes mehr am Leib, womit ich es wieder ordentlich trockenwischen könnte. Durch die nebelverhangene graue Landschaft kann ich dennoch den Hohenstaufen erkennen. Den ersten der drei Kaiserberge, den es bald zu bezwingen gilt. Doch zuvor gibt es noch eine kleine Verpflegungsstation und greife wieder nach einem Becher Tee. Danach geht es nach oben.
Der Name des Hohenstaufen kommt von der alten Bezeichnung „Stauf“ für einen spitzen, kegelförmigen Berg, abgeleitet von dem westgermanischen Adjektiv „staupa“, was so viel wie steil bedeutet. Und so geht es nun auch nach oben. Nämlich steil. Die ersten Meter geht es über einen Trampelpfad steil nach oben. Dieser ist vom Regen aufgeweicht und glitschig, so dass ich in die Wiese ausweiche, da diese mir mehr Trittsicherheit verleiht. Etwas besser wird es, als wir den eigentlichen Wanderweg nach oben erreichen. Die vor mir Laufenden kommen mit teilweise schon wieder entgegen, da sich auf dem Hohenstaufen der Wendepunkt bei Kilometer 18 befindet. Oben angekommen sehe ich die Ruine der Stammburg des Adelgeschlechts der Staufer, die ehemalige Burg Hohenstaufen. Auf einer Tafel wird das Panorama erklärt, dass ich heute jedoch nur erahnen kann.
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