12.5.2018 Bizau Ultra      
Autor: Bernie Manhard
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Der Bregenzerwald liegt im Westen Österreichs, im Bundesland Vorarlberg. Beginnt südöstlich von Bregenz, grenzt dabei an die Bodenseeregion, das Allgäu, Kleinwalsertal und Arlberggebiet. Ein größeres Waldgebiet ist die Region heute aber nicht mehr, die Bezeichnung geht auf einige hundert Jahre zurück. Etwa 30 Kilometer entfernt vom Bodensee liegt Bizau. Etwas versteckt, über Dornbirn erreichbar, liegt Bizau auf einem weiten, 680 Meter hoch gelegenen Talboden. Rund 1.000 Einwohner zählt der Ort.

Zum vierten Mal wird heuer der Bizau Traillauf (30,5 km, 1.660 hm) und Erlebnis Traillauf (7,6 km, 340 hm) ausgetragen. Im Vorjahr hat man noch den Bizau Ultra mit ins Programm genommen, dieser ist 48,2 km lang und kann stolze 3.000 Höhenmeter aufweisen. Am gepflegten Fußballplatz des SV Bizau liegt der Start- und Zielort der Veranstaltung für alle Läufe. Im Clubheim kann man sich seine Startnummer abholen, zudem befinden sich hier auch Duschen und eine Massagemöglichkeit nach dem Lauf. Für die relativ kleine Veranstaltung – etwa 250 Teilnehmer – ist alles sehr professionell aufgezogen, von den Zeitmessmatten bis zur mitlaufenden Uhr, alles da.

Früh aufstehen, heißt es für mich am Samstagmorgen, der Start für den Ultra ist bereits um 7 Uhr angesetzt. Vielleicht bin ich geistig heuer noch nicht auf so eine frühe Startzeit gepolt, mein Wecker klingelt auf alle Fälle eine Stunde später als geplant. Dafür ist mein Adrenalinspiegel gleich ganz oben, jetzt heißt es „hurry up“. Der letzte freie Parkplatz vor der Sportanlage, nimmt mir den letzten Druck. Rechtzeitig zum Briefing um 6.45 Uhr bin ich vor Ort.

Es hat in der Nacht geregnet, deshalb sind einige Streckenabschnitte sehr matschig, erzählt uns der Sprecher am Micro. Pflicht für alle ist ein eingeschaltetes Mobiltelefon, am besten mit eingespeicherter Notrufnummer. Die befindet sich auch auf der Rückseite unserer Startnummer. Die Streckenmarkierungen werden uns erklärt. Und natürlich, wie immer bei einem Trail: wer aussteigt muss sich bei einem Posten abmelden. Beim Eingang in den Startkanal wird stichprobenartig die Pflichtausrüstung kontrolliert. Wenn der Rucksack gut gefüllt aussieht, bleibt man verschont.

Die Allgäuer haben eine starke Truppe am Start, da werden sicher wieder einige vorne mitmischen oder um die Altersklassenplatzierungen laufen, wie ich sie so kenne. Für mich zählt eher das Durchkommen. Das Zeitlimit von 10 Stunden wird mir nicht viel Luft gönnen, vermute ich vorab. Beim Ultra sind heute etwa 70 Läufer/innen am Start. Pünktlich geht’s los. Zum Warmwerden durchqueren wir erst Bizau und noch komplett im Flachen das komplette Tal. Schon auf dem ersten Kilometer wird vom Großteil der Starter ein Tempo angeschlagen, da bleibt mir fast die Spucke weg. Das ist nicht mein Ding, ich reserviere mir vorab mal einen Platz kurz vor dem Besenläufer.

Nach 1,3 km erreichen wir die gegenüberliegende Talseite, wir dürfen erstmal eine 9 km lange Schleife mit noch mäßigen Höhenmetern drehen und kommen dann wieder nach Bizau zurück. Nach dem ersten Aufstieg im Wald kommen wir auch schon zum versprochenen Schlamm. Da wurde nicht übertrieben. Ich habe mich heute voll verpokert und auf eine trockene Piste gesetzt und so nur mittleres Profil auf den Sohlen. Die Schlammbeißer mit den groben Stollen liegen zu Hause.

So rutsche ich mehr über besonders kritische Abschnitte. Das gehört natürlich auch zum Trailrunning und macht ja auch Spaß. Es geht mal etwas rauf, mal wieder runter und auch immer wieder aus dem Wald heraus auf festen Untergrund und in die bereits hochstehende Sonne. Recht schwierig ist das noch nicht, macht aber bereits sehr viel Laune. Nach 7 km sind wir wieder am Waldrand und Talboden zurück. Auf Schotter und Asphalt geht es zurück nach Bizau. Am südlichen Ortsrand ist die erste Verpflegungsstation errichtet. Ich muss mich erstmal meiner Armlinge und Weste entledigen, es ist doch schon richtig angenehm warm geworden.

Die Gruppe vor mir ist bereits weg, die zurückliegenden mit dem Besenläufer noch nicht in Sicht. So mache ich mich mutterseelenalleine auf den ersten richtigen Aufstieg. Überwiegend, auf gut befestigten Wegen geht es nach oben. Alles gut zu bewältigen, nicht übermäßig steil. Zwischendrin sind aber auch immer wieder kurze Trailabschnitte zur durchqueren. Vor Mutterkühen wird gewarnt. Sie haben sich scheinbar an uns Läufer gewöhnt, sind alle ganz locker und entspannt.

Der höchste Punkt dieses Anstieges liegt an der Alpe Wildmoos (km 16). Leckeren Käse könnte man hier kaufen. Der Bregenzerwald sei für den Käsekenner, was das Bordeaux für den Weinliebhaber ist, urteilt ein bekannter Reiseführer. Ich würde gerne kosten, nachdem mein Frühstück ausfallen musste. Leider Fehlanzeige, niemand zu sehen. Von genau 1400 Meter Höhe geht es ab hier wieder runter auf 750 Meter.

In Sonderdach, zwei Kilometer weiter passieren wir die Mittelstation der Seilbahn Bezau. Das ist kein Schreibfehler, neben Bizau gibt es auch die Gemeinde Bezau. Die Frau die meine Nummer notiert, ist ganz begeistert, weil ich ein paar Fotos mache und einen Blick für die Umgebung habe. Es geht weiter seicht bergab. Immer wieder wunderschön ist der Blick auf die umliegenden Berge und das unter uns liegende Bezau, dem ich jetzt immer näher komme.

Nach 3:50 erreiche ich nach 20,5 km die zweite VP. Obwohl ja bereits die meisten durch sind, gibt es noch eine reichliche Auswahl. Energy-Gels, Riegel, Bananen, Waffeln und Kuchen sind zu haben. Ich hab jetzt wirklich Hunger und gönne mir eine zehnminütige Pause, zudem ist von den hinter mir liegenden und vom Besenläufer nichts zu sehen. Ein Kälbchen ist bereit für eine kleine Fotosession, die Mutterkuh interessiert sich nicht dafür. Übrigens ganz interessant: 32.000 Einwohner zählt die Region Bregenzerwald und 35.000 Kühe. Ja, davon bekomme ich heute fast mehr zu sehen, als von Läufern.

Einen Kilometer weiter, um 11.07 Uhr steht ein junger Streckenposten und meint ich muss jetzt meine Startnummer abgeben, ich habe das Zeitlimit überschritten, er soll sie einsammeln. „Nee, jetzt!“ Ich bin total perplex, ich weiß überhaupt nichts von einem Zeitlimit. Ich erkläre ihm, dass es in der Ausschreibung kein Cut-Off aufgeführt ist. Zudem habe ich ja gerade eine längere Brotzeitpause eingelegt, da der Besenläufer noch überhaupt nicht in Sicht war und ich gar keine Eile vorliegen sah. Nach kurzer Diskussion kann ich ihn überzeugen, ich darf weiter.

 
 

Vor mir liegt jetzt der längste Anstieg des Kurses. Bis hinauf zur Baumgartnerhöhe sind auf den nächsten 8 km über 1.000 Höhenmeter zu bewältigen. Der nächste Posten weiß schon Bescheid: Ich bin der, mit der langen Brotzeitpause. Relativ unspektakulär führt ein komoder Weg bis zur nächsten VP bei km 26,3 nach oben. Anschließend geht es in den Wald und ins Eingemachte. Sausteil, bis 35% zieht sich der Wanderpfad hinauf. Ich würde es mal abschnittsweise mit dem berühmt-berüchtigten Aufstieg zum Sonnenkopf beim Nachbar im Allgäu vergleichen.

Immer wieder drehe ich mich um, aber kein Besenläufer zu sehen und auch kein anderer Teilnehmer. Das verleitet mich dazu, es wieder langsamer angehen zu lassen. Zudem ist das Terrain wirklich höchst anspruchsvoll. Gemäßigter wird es wieder, nach Verlassen des Waldes, es geht jetzt vorwiegend über Wiesentrails, bereits mit Blick auf den unbewaldeten Gipfel. Ein Schild sagt mir, es liegen noch 20 km Strecke vor mir.
Ab Bergstation Baumgarten ist meine Einsamkeit beendet. Ausflügler und Wanderer, die mit der Seilbahn Bezau herauf kommen beleben den grasigen Bergrücken. Ein Gleitschirmflieger versucht bei böigem Wind den richtigen Aufwind zu bekommen. Um kurz nach 13 Uhr erreiche ich den höchsten Punkt unseres Kurses an der Niederen Höhe (1711 m) mit prachtvoller Rundumsicht. Hier ist auch die vierte Labestation (km 29).
Viel ist nicht mehr los, man ist schon am Abbauen. Aber Getränke und Gels sind noch ausreichend vorhand. Als ich wieder am Aufbrechen bin, teilt man mir mit, dass es vielleicht etwas schwierig werden kann. Der Besenläufer des 30er Traillaufs ist schon voraus und sammelt bereits die Streckenmarkierung ein. Er hat hier übernommen, der Schlußläufer des Ultra ist bereits ausgestiegen. Das Zeitlimit beträgt hier eigentlich 6 Stunden. Ich bin fast sprachlos. Noch eines, von dem ich nichts weiß. Ich war drei Minuten drüber, dann bin ich ja theoretisch bereits zum zweiten Mal draußen. Ich lasse mich nicht davon abhalten weiterzulaufen. Es will auch keiner meine Startnummer. Man erklärt mir sogar ganz freundlich den weiteren Weg. Dem Berggrat folgen, dort wo die Wanderer gehen und dann rechts runter. Hört sich doch ganz einfach an?

Für ein paar hundert Meter kann ich dem Grat noch folgen. Fast eben geht es dahin. Tiefe, ausgewaschene Spuren bestimmen praktisch meinen weiteren Verlauf, man kann aber gut laufen. Ich beobachte aufmerksam den Boden, ob sich nicht doch noch irgendeine vergessene Streckenmarkierung findet. Nix, der Besenläufer war gründlich. Ich hab schon ein etwas ungewisses Gefühl. Es bleibt spannend. Rechts am Hang teilen sich die Pfade, ich denke an die Worte des Streckenpostens. Also rechts runter. Es geht über Steine, Wurzeln und verwitterte Baumreste. Ein Trail zum Genießen. Wirklich tolle Landschaft. Ich frage einen Wanderer der von unten kommt, ober er weitere Läufer gesehen hat. Ja; ich bin auf dem richtigen Weg. Immer dem Pfad folgen, nicht allzu weit voraus, werden die Fähnchen eingesammelt. Ich bin erleichtert.

Dann habe ich sie im Blick, der Besenläufer hat noch zwei weitere Ultras eingesammelt. Ich bin wieder im Rennen. Bei mir läuft es gerade gut, so halte ich mich nicht lange bei ihnen auf und setzte mich nach vorne ab und kann wenig später sogar noch einen weiteren Mitstreiter überholen. Über etwa 10 Kilometer geht es von der Niederen Höhe herunter, tendenziell leicht abwärts, aber immer wieder durchsetzt von kurzen, aber deftigen Anstiegen. Es gibt auch einige Restschneefelder zu passieren, die zumindest optisch noch recht was hermachen. Größere Herausforderungen stellen sie nicht dar.

Einen weiteren kleinen Versorgungspunkt (km 33,5) unterhält die Bergwacht. Das sind mittlerweile bereits zwei mehr, als in der Ausschreibung aufgelistet. Ein steil abfallendes Schneefeld ist etwas kniffelig, darauf folgen deftig schlammige Passagen. Zu meiner weiteren Freude kann ich mich weiter vom Schlussläufer absetzen.
Eine Kletterpartie mit etwa 150 Höhenmetern markiert nach 35 km einen Wendepunkt des Kurses, durch ein langgezogenes Tal geht es zurück Richtung Bizau. Drei Kilometer mit toller Weitsicht sind meist schwach steigend auf komfortablen Wegen zu absolvieren. Schlagartig steil wird es wieder bei km 39. Zwar nur relativ kurz, der Abschnitt übertrifft aber alles was heute zu meistern war. Fast Vertikal geht es über Wurzeln, Erdstufen und durch Bäume im Wald nach oben. Mitten auf der Strecke liegen in Abständen Seile und Haken, ich vermute hier ist die Bergwacht bereits am Abbauen. Wahrscheinlich durften sich die meine Vorläufer noch mit künstlicheer Hilfe nach oben hangeln. Ich bin mir unsicher, ob das richtig sein kann, die Bergwacht bestätigt aber meine Nachfrage. Das schlimmste ist geschafft, jetzt geht es nur mehr bergab, meinen sie.

Dass die Downhills nicht immer ein Zuckerschlecken sind, bestätigt sich auch heute wieder eindrucksvoll. Fast 1.000 negative Höhenmeter auf den letzten 9 Kilometern pfeifen ordentlich in die Oberschenkel. Ich bin froh die letzte Verpflegungsstelle 4 km vor dem Ziel zu erreichen. Cola ist leider aus, aber auf dem nicht sonderlich detaillierten Höhenprofil in der Ausschreibung, sieht der Schlussakkord eher wie ein leichtes Schaulaufen aus, bei dem es auf den letzten Energieschub nicht mehr groß ankommt.

Da werde ich aber bald eines Besseren belehrt. Rauf und runter, im schönstem Trailrevier bestimmen den Schlussabschnitt. Ich ärgere mich gewaltig, dass ich das Höhenprofil derart fehlinterpretiert habe und jetzt noch einige, zwar kürzere, aber ziemlich fordernde Aufstiege bewältigen muss. Zu guter Letzt verpasse ich auch noch eine Abzweigung und muss noch ein paar hundert Extrameter einlegen. Die letzten 5 Kilometer werden uns noch in Einkilometer-Abständen runtergezählt. Zwei Kilometer vor dem Ziel geht’s nochmal steil rauf. Oben empfangen mich lachend zwei Bergwachtler. Zur Entschädigung gibt’s aber noch Bier. Das lasse ich mir nicht zweimal sagen. Ein paar Minuten vor Ablauf des Zeitlimits von 10 Stunden erreiche ich das Ziel am Sportplatz in Bizau. Das war schon eine harte Nummer, aber wirklich super.

Axel schwärmt von der tollen Siegerehrung, die vor ein paar Minuten noch vor vollbesetzter Tribüne stattgefunden hat. Die ersten drei der Altersklassen bekommen statt Pokal, ein Brotzeitbrettl mit Veranstaltungslogo und einen original Käse vom Bregenzerwald. Wie vermutet: die Allgäuer waren fleißig auf dem Stockerl zu finden.
Ich bin begeistert, die Bizauer haben wirklich einen wunderbaren aber auch sehr anspruchsvollen Trail mit tollen Aussichten zu bieten. Einen kleinen Kritikpunkt muss ich aber anbringen: die fehlenden Zeitlimits in der Ausschreibung waren für mich schon ärgerlich, da sollte man meiner Meinung nach noch nachbessern und das auch online publizieren.

   
 

Bernie

9:56:57
 
   
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