Kurz drauf geht`s also rein in den Wald den wir durch das Albtal bis nach Ettlingen bei Kilometer 27 nur gelegentlich verlassen werden, um eine Straße zu überqueren. Es ist an der Zeit, die Stirnlampen einzuschalten. Doch bei meinem Versuch Licht ins Dunkel des Waldes zu bringen, tut sich gar nichts, es bleibt finster. Sämtliche Überprüfungen bleiben ohne Ergebnis. Hat sich das verfluchte Ding in der Sporttasche selbständig eingeschaltet und den Akku entleert? Prima.
Kati bekommt meine Flüche und Verwünschungen mit und kramt ihre Stirnlampe raus. Sie ist nagelneu und natürlich getestet. Ihr Licht sollte locker für uns beide reichen. Das gute Stück bringt aber nur spärliches Licht zustande. Ich kenne das Modell und erkläre Kati, wie man sie heller stellt. Aber die Lampe ist bereits volle auf Leistung eingestellt. Prima! Zwei Stirnlampen, ein Totalausfall und eine Funzel, von der keiner weiß, wie lange sie ihren eingeschränkten Dienst noch leisten wird. Anfängern würde man die Leviten lesen, aber dass uns beiden das passiert – unglaublich.
Es heißt also haushalten. Solange wir noch halbwegs sehen können, bleibt das Licht aus und es wird langsam gelaufen. Etwa eine halbe Stunde wird es bis zur völligen Dunkelheit noch dauern. Und immerhin haben wir noch Katis Knicklichter an den Handgelenken. Zum Ausleuchten der Strecke taugen die aber natürlich nicht. Dazu ist weit und breit kein Läufer zu erkennen, dem wir uns anschließen können. Da müssen wir also irgendwie durch. Gelegentlich springen wir über scheinbare Pfützen und treten in reale, aber nicht erkennbare. Feuchte Pflanzen berühren unsere Waden, nicht wenige entpuppen sich als aggressive Brennnessel.
Dann geht es ohne Licht überhaupt nicht mehr und Kati schaltet ihre Stirnfunzel ein. Puhh, das Ergebnis ist wirklich dürftig. Der Weg ist zwar erkennbar, Details aber nicht. Gelegentlich überholen uns jetzt 80-Kilometer-Läufer, meist in Fahrradbegleitung. Weil sich aber wirklich schnell unterwegs sind, ist das nur kurze Zeit hilfreich.
Es dauert auch nicht lange, dann gibt Katis Stirnlampe ein beunruhigendes Zeichen von sich. Sie geht einfach aus. Erneutes Einschalten hilft nur ein paar Minuten, dann geht sie wieder aus. So bringen wir die nächsten Kilometer hinter uns. Teilweise müssen wir gehen, laufen ist zu gefährlich. Äste, Wurzeln oder andere Stolperstellen sind nicht mehr erkennbar. Die Intervalle mit spärlichem Licht werden immer kürzer. Da fällt mir ein, dass ich ja meine Kamera dabei habe. Ich schalte sie ein und drücke den Auslöser halb durch. Das Fokussierungslicht macht für ein paar Sekunden wirklich ein tolles Licht. Kati und ich wechseln uns ab: Sie funzelt zehn Schritte mir ihrer Stirnlampe, dann blitze ich mit meiner Kamera. Irgendwie schaffen wir es so, aus dem Wald zu kommen. Die verängstigte Kati kann ich außerdem beruhigen, denn der Akku meiner Kamera hat fast noch volle Power, außerdem habe ich noch einen zweiten dabei. Damit würden wir es sicher bis ins Ziel schaffen. Jetzt sind wir sogar wieder zu Scherzen aufgelegt und witzeln, dass wir wie Hänsel und Gretel unterwegs seien. Die geplante Laufzeit haben wir inzwischen um eine Stunde verlängert.
Es wird wohl Kilometer 35 sein, da überholt uns ein weiterer 80-Kilometer-Läufer, auch er in Begleitung eines Fahrrades. Vermutlich ist ihnen schon eine Weile das Flackern und Blitzen unserer Lampe und Kamera aufgefallen. Jedenfalls fragt uns der Biker, ob wir Probleme hätten. Und ob. „Braucht ihr ein Licht? Ich habe noch das von einem Kumpel im Rucksack! Ich würde es euch geben.“ – Unglaublich. Natürlich nehmen wir das Angebot dankbar an und vereinbaren noch die Übergabemodalitäten im Ziel, da Kati und ich natürlich erst später ankommen werden. Ich hoffe, er hat die Stirnlampe am Lenker seines Mountainbikes gefunden. Andreas, vielen Dank für deine Hilfe und für dein Vertrauen.
Wir können endlich wieder richtig laufen und erreichen Ettlingen. Wow, funktionierende Stirnlampe, Straßenlaternen, beleuchtete Fenster. Es ist plötzlich taghell. Gut gelaunt nehmen wir die letzten Kilometer in Angriff. Auf einem Radweg verlassen wir Ettlingen und laufen Richtung Karlsruhe. Bald sehen wir vor uns die Lichter der Stadt. Das folgende Waldstück macht nichts mehr aus. Voller Übermut trete ich in eine Pfütze und hole mir kurz vor Schluss doch noch nasse Füße und saue Kati ein. Beide nehmen wir das mit Humor.
Wir biegen nach links in das PSK-Gelände ein. Es amüsiert uns, dass genau in diesem Moment der Sprecher verkündet, dass er wegen der vorgerückten Stunde nun die Moderation einstelle. Wir drehen eine letzte halbe Runde auf der völlig verschlammten Aschenbahn und sind im Ziel.
Freudig lassen wir uns unsere Medaille umhängen und treffen auf Charly, der natürlich schon geduscht ist. Er hatte sich schon Sorgen gemacht wegen unserer Verspätung. Das Warum und Wieso können wir ihm auf dem Heimweg berichten. Hinter uns liegt ein ganz besonderes Abenteuer, das Kati und ich so schnell nicht vergessen werden. |