Eigentlich sollte der Marathon rund um den Winterstein bereits im vergangenen Jahr Premiere feiern. Lange hatten die Verantwortlichen vom ASC Marathon Friedberg von einem eigenen Marathon geträumt, doch heftige Schneefälle machten dem ganzen einen Strich durch die Rechnung. Die ASC-Vorsitzende Carmen Houben erklärte damals, dass das Risiko für die Teilnehmer einfach zu groß gewesen wäre. So ergibt sich für mich die Möglichkeit in diesem Jahr an der Premiere teilzunehmen. Bei der 43. Austragung des Laufes rund um den Winterstein sollte es dann doch endlich auch mit dem Marathon klappen.
Für mich aus (Beinahe-)Friedberger ist die Teilnahme natürlich eh Ehrensache. In unserem bayerischen Friedberg gibt es schon seit Jahren einen Halbmarathon, an dem ich schon etliche Male teilgenommen habe und immer habe ich von einem Marathon in Friedberg geträumt. Nun wird die Möglichkeit war. Auch wenn ich damit vom bayerischen Friedberg aus rund vierhundert Kilometer ins hessische Friedberg fahren muss. Die Anreise nehme ich natürlich am Vortag in Angriff und finde mein Hotel direkt neben dem Veranstaltungsgelände an der Henry-Benrath-Schule in Friedberg. Als ich nach der rund fünfstündigen Anfahrt einparke, bemerke ich schon erste interessierte Gesichter. FDB steht auf meinem Kennzeichen, das zusätzliche D weckt Neugier. Ich komme auch aus Friedberg erkläre ich und sorge nicht das letzte Mal an diesem Wochenende für Aufklärung.
Am nächsten Morgen begebe ich mich direkt nach dem Frühstück in die Henry-Benrath-Schule. Eine Nachmeldung für den Lauf und die Startnummernausgabe ist ab 7:30 Uhr möglich. Es ist noch nicht viel los und so finde ich auch Carmen problemlos, die meine Nachmeldung entgegennimmt. Wir wechseln noch kurz ein paar Worte, bevor ich mich wieder in mein Hotelzimmer verziehe und mich auf den Lauf vorbereite. Gut eine Stunde vor dem Start um 09.30 Uhr bin ich dann wieder drüben und komme auch schnell mit ein paar Teilnehmern ins Gespräch. Ich lasse mir die Strecke von einem Einheimischen erklären, da die Informationen in der Ausschreibung etwas spärlich waren. Die Anstiege seien moderat und lassen sich allesamt gut laufen, lediglich der Anstieg zum Steinkopf hoch, der ja nur uns Marathonis vorbehalten bleibt, habe es in sich. Auf Trailschuhe kann verzichtet werden. Die breiten Waldwege sind gut zu laufen und es gibt keinerlei Trailpassagen.
Da die Wettervorhersagen für den heutigen Tag einen Mix aus leichtem Regen und teils kräftigen Wind bei Temperaturen unter zehn Grad im Angebot hatten, entschied ich mich meinen Laufrucksack mit einer leichten Jacke und einer Regenjacke mitzuführen. Wie ich schon im Vorfeld bemerkte, war ich nicht der einzige, der sich für diese Variante entschied. Die leichte Jacke kramte ich jedoch schon vor dem Start hervor, da es noch sehr frisch war. So war ich jedenfalls gerüstet und die Premiere konnte starten.
Gut zehn Minuten vor dem Start mache ich mich gemeinsam mit den Marathonis und den Läufern der klassischen 30-Kilometer-Strecke auf dem Weg zum Start. So fanden sich dann auch bald gut 460 Läufer im Startbereich ein. Nicht ganz 150 Teilnehmer entfielen davon auf den Premieren-Marathon.
Etwas untypisch war, dass ich in der Teilnehmerliste keinen einzigen Namen kannte. Umso mehr freute ich mich mit Teddy Weiß wenigstens ein bekanntes Gesicht begrüßen zu können. Auch er hatte nachgemeldet. Nur wenige Augenblicke später waren wir dann aber auch schon unterwegs. Mit einer kurzen Runde durch das Schulgelände liefen wir wenige Minuten später auf einem Radweg in Richtung Ockstadt. Dabei überqueren wir eine kleine Brücke über die Bundesstraße 3 und bei einem Blick zurück erkenne ich das Wahrzeichen von Friedberg. Der Adolfsturm erhebt sich über die Stadt. Er ist Teil der Burganlage Friedberg, die mit 3,9 Hektar Fläche zu den größten Burganalgen Deutschlands zählt. Eigentlich besaß die Burganlage zwei Bergfriede. Einer der beiden Türme stürzte im Jahr 1684 ein. Der Adolfsturm stammt aus der Mitte des 14. Jahrhunderts und ist das älteste erhaltene Bauwerk der Burg. Im Jahr 1347 konnten die Friedberger Burgmannen Graf Adolf von Nassau gefangen nehmen. Mit dem Lösegeld, das man für ihn verlangte, war es möglich den neuen Bergfried zu erbauen und man nannte ihn entsprechend den Adolfsturm. Er wurde aus Quarzit aus dem Taunus und Basalt aus dem nahen Feuerbach gefertigt. Von 1893 bis 1896 wurde der Adolfsturm romantisiert. Er erhielt das heute charakteristische Aussehen mit dem spitzen Helm. Auch die vier Seitentürmchen kam dabei hinzu. Eigentlich hatte ich vor, die Burganlage nach meiner Ankunft in Friedberg zu besichtigen. Allerdings hatte die Anreise etwas länger als geplant gedauert, so muss ich mich nun mit dem Blick zurück begnügen, was ich immer noch sehr schade finde.
Also zurück auf die Strecke. Wir erreichen Ockstadt, das wir bald durchlaufen haben. Danach geht es erstmals wirklich bergan und wir befinden uns etwa bei Kilometer 4 als wir die Autobahn A5 überqueren und kurz danach in den Wald eintauchen, den wir auch erst bei Kilometer 38 wieder verlassen werden. Es hat nun leicht zu nieseln begonnen, allerdings kaum störend und die Regenjacke kann (noch) im Rucksack bleiben. Das Läuferfeld hat sich inzwischen auch schon weit auseinandergezogen. Klar, die meisten 30-Kilometer-Läufer sind schneller unterwegs und so teile ich mir die Strecke mit den Marathonis im hinteren Feld. Überholt werde ich auf den kommenden fünf Kilometern kaum. Lediglich grüne Flix-Busse ziehen immer wieder links an mir vorbei. Wir laufen leicht bergan immer an der A5 entlang.
Die Geräuschkulisse der Autobahn stört dabei wirklich kaum, dennoch bin ich froh, als wir bei Kilometer 9 tiefer in den Wald geschickt werden. Schon bald herrscht auch herrliche Stille und nur noch das Zwitschern der Waldvögel ist zu vernehmen. Herrlich. Ich genieße die Ruhe und schaue mal kurz auf meine Uhr, um ja nicht mit dem Cut-Off bei Kilometer 22 Probleme zu bekommen. Drei Stunden hat man bis dahin Zeit. Es läuft allerdings gut und ich sehe keinerlei Problem, auch wenn ich nun ab und zu die leichten Anstiege marschiere. Bei Kilometer 11 erreiche ich dann die zweite Verpflegungsstation. Ich stärke mich mit warmen Tee und werde von den Helfern auf meinen Dialekt und natürlich auch auf meine „Lederhose“ angesprochen. „Kommst du etwa aus Bayern?“, will der Helfer wissen. „Ja, klar … aus Friedberg!“ Nachdem er etwas irritiert schaut, lasse ich ihn natürlich auch nicht unwissend zurück.
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