Was macht man wenn keine Marathons mehr stattfinden? Den Kopf in den Sand stecken? In Erinnerungen schwelgen? – Von wegen! Bernie Manhard hat kurzerhand einen eigenen Marathon organisiert. Natürlich stets den aktuellen Corona-Regeln angepasst. Der „Marathon am Lech“ war schon lange ein Traum von Bernie, obwohl er sich offiziell wohl nicht verwirklichen lässt. Die Strecke führt durch viele Natur- und Trinkwasserschutzgebiete, so dass eine Genehmigung hierfür sehr unwahrscheinlich ist.
Den Marathon am Lech hat Bernie als „free & solo“ ausgeschrieben. Frei ist die Terminwahl, jeder kann laufen wann er will und solo soll natürlich auch gelaufen werden. Zwischenzeitlich war auch eine Teilnahme zu zweit und inzwischen ist sie sogar zu fünft erlaubt. Andreas Bettingen und Judith Strack waren als erstes am Start, ihnen folgten Bernie und Charly und am Freitag nahm ich die Strecke allein unter die Füße. Lediglich auf den ersten 18 Kilometern wurde ich netterweise von Bernie begleitet.
Ich traf mich morgens um halb Zehn mit Bernie vor dem Restaurant Seestern am Kissinger Weitmannsee, wo der Start des Marathons am Lech erfolgt. Der Weitmannsee ist ein sehr beliebtes Ausflugsziel in unserer Region. Entstanden ist er durch Kiesabbau etwa Mitte des vorigen Jahrhunderts. Die Abbau-Firma Weitmann, die auch Namensgeber ist benutzte damals einen relativ primitiven schwimmenden Eimerkettenbagger, der sich Bahn für Bahn durch das Gelände zog. Deshalb weist der Weitmannsee auch unterschiedliche Wassertiefen auf. Über 30 Inseln geben dem rund 33 Hektar großen See ein sehr uriges Aussehen. Sie entstanden ebenfalls bei den Baggerarbeiten und geben heute vielen Vogelarten ein Zuhause. Ach ja, das Restaurant Seestern bietet sehr gute italienische Küche, die auch auf der großen Terrasse mit Seeblick genossen werden kann.
Obwohl ich im Nachbarort von Bernie wohne, haben wir uns seit Beginn der Corona-Kriese nicht gesehen und uns natürlich viel zu erzählen. Das erledigen wir aber unterwegs und halten uns nicht lange am Weitmannsee auf. Wir laufen direkt zum Lech rüber, der keine 400 Meter entfernt ist und machen uns auf dessen östlicher Uferseite auf den Weg in Richtung Süden. Unser erstes Ziel ist die Lechstaustufe 23 auf Höhe Mering. Direkt neben dem Lech lässt es sich auf einem breiten Wanderweg herrlich laufen. Bäume spenden Schatten, auch wenn dieser heute aufgrund der angenehmen Temperaturen nicht unbedingt von Nöten wäre. Wir kommen ganz voran und laufen ausgesprochen locker. Es eilt nicht. Ein Zeitlimit hat Bernie nämlich nicht vorgegeben.
Kurz vor der Lechstaustufe überqueren wir kurz eine Staatsstraße und erklimmen dann den Damm der Staustufe hoch zum Mandichosee. Namensgeber ist hier der bayerische Fürst Mandicho, auf den auch der heutige Name der Gemeinde Merching zurückzuführen ist, zu dessen Flurbereich der Mandichosee gehört. Er ist zugleich der größte See im Landkreis Aichach-Friedberg. Er ist ein beliebtes Ausflugsziel von Seglern und Windsurfern.
Wir lassen den Manidchosee rechts liegen und biegen kurz darauf in den Biber-Trail, wie er bei uns scherzhaft genannt wird, ein. Gut zwei Kilometer legen wir nun auf einem herrlich eingewachsenen Pfad zurück, auf dem auch immer wieder die Spuren von Bibern zu erkennen sind. Mit dem Ende des Biberpfads erreichen wir die Lechstaustufe 22 in Unterbergen.
Wieder erklimmen wir einen Damm und finden uns am Unterberger Stausee wieder, der vor allem zum Spazierengehen einlädt und nicht sehr stark frequentiert ist. Am Ende des Stausees wurde in den letzten Jahren eine Fischtreppe errichtet, die den Fischen das Wandern im Lech erleichtern soll, da sie so den gefährlichen Wehren entgehen können. Es sieht etwas eigentümlich aus. Aber wenn es in ein paar Jahren wieder schön eingewachsen ist, wird es wohl auch wieder schön natürlich wirken. Gleich nach der Fischtreppe biegen wir in den nächsten Trail direkt am Lech ein und Bernie und ich haben hier jede Menge Spaß. Am Ende erreichen wir die Lechstaustufe 21 in Prittriching und finden uns somit im Landkreis Landsberg am Lech wieder. Wir haben damit nicht nur die Landkreisgrenze überlaufen, sondern zugleich auch die der Regierungsbezirke von Bayerisch-Schwaben nach Oberbayern.
Da wir nun den südlichsten Punkt des Marathons am Lech erreicht haben, wird es Zeit über die Staustufe den Lech zu überqueren und auf der westlichen Lechseite geht es nun zurück. Da zunächst ein Laufen direkt am Lech nicht möglich ist, müssen wir eine kleine Schleife durch den Lechauwald bei Unterbergen in Kauf nehmen. Auch hier ist die Landschaft herrlich. Hinweisschilder, die auf ein Militärisches Sicherheitsgebiet hinweisen, stammen noch aus der Vergangenheit, als der nahegelegene Militärflughafen in Lagerlechfeld noch in Betrieb war. Heute braucht man sich deshalb keine Sorgen mehr zu machen.
Ein kurzes Stück müssen wir nun auch über eine kaum befahrene Landstraße, bevor es wieder Wanderwege und herrliche Trails zu erkunden gibt. So erreichen wir nach gut 18 Kilometern den Mandichosee wieder und es wird Zeit, dass ich mich von Bernie verabschiede. Er quert wieder den Lech und macht sich auf den Heimweg. Ich bleibe auf der westlichen Seite und lauf ab sofort immer nahe am Lech entlang. Auch hier finde ich Wanderwege und kurze Trails. Es ist schön endlich wieder einen Marathon laufen zu können und ich freue mich auf die restlichen Kilometer, auch wenn ich nun allein unterwegs bin.
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