Eigentlich wollten Charly und ich vor zwei Wochen zusammen mit Bernie beim Zermatt-Marathon in der Schweiz an den Start gehen. Charly musste aus familiären Gründen passen, mich legte ein Virus für zwei Wochen lahm, so dass er am Ende alleine in die Schweiz fahren musste. Wir machten uns Gedanken über einen Ersatz-Marathon und einigten uns schließlich darauf wieder in Füssen zu laufen. Dass sämtliche Wetterdienste den Sonntag für den kühlsten Tag der Woche voraussagten, bestätigte uns in unserer Entscheidung. Noch rechtzeitig vor Ende der Möglichkeit sich online anzumelden, schlugen wir also zu.
Am Marathontag hieß es dann früh raus aus den Betten. Um 7:30 Uhr wird in Füssen gestartet, was sicherlich zweierlei Gründe hat. Man geht den steigenden Temperaturen etwas aus dem Weg, genauso wie den stündlich zunehmenden Touristen, die Füssen und Umgebung bevölkern. Vor dem Start mussten wir natürlich hier und da wieder ein paar Hände schütteln, da sich etliche bekannte Gesichter unter den Marathonis befanden. Auch unser Magic war wieder am Start. Nur eine Ausgabe des Königschlösser-Romantik-Marathons hat er bisher versäumt. Das macht insgesamt vierzehn Teilnahmen, womit er in Füssen zu einem Urgestein zählt. Zum wiederholten Male ist er auch als Pacer für die 4:00 Stunden unterwegs und trägt natürlich sein bekanntes Füssen-Outfit in bavarien Weiß-Blau.
Pünktlich sind alle 480 Teilnehmer am Start, wo sich auch schon etliche Zuschauer eingefunden haben. Kurz vor dem Startschuss vernahm ich noch ein paar Worte eines Interviews. Ein gewisser Paul Schmidt galt als Favorit für den Sieg, sein Vorhaben war die 42,195 Kilometer in 2:27 Stunden abzuspulen. Respekt. Zu dieser Zeit möchte ich eigentlich die Halbmarathonmarke passieren. Es soll heute doch noch langsamer gehen als sonst, da ich nach meiner Erkrankung noch nicht wieder bei Hundertprozent angekommen bin. Die Temperaturen sind mit etwa 22 Grad ganz angenehm, aber ich blicke auf den ersten Kilometern immer wieder zweifelnd in den Himmel. Wo sind die versprochenen Wolken, die schließlich auch gelegentlich für ein paar Tropfen sorgen sollen? Ich kann keine entdecken.
Über die Augsburger Straße und entlang der Staatsstraße die nach Hopfen am See führt, machen wir uns erst mal auf den Weg zum gleichnamigen See. Anfangs ist Schatten erst mal Fehlanzeige und mein Shirt ist schon nach wenigen Kilometern durchgeschwitzt. Aber bei der bevorstehenden Umrundung des Hopfensees kommen immer wieder kleine Waldgebiete, die Schatten und auch etwas Abkühlung spenden. Nachdem ich anfangs etwas schwer ins Laufen kam, geht's nun ganz gut. Ich hab auch schon eine kleine Gruppe gefunden, an die ich mich dranhänge.
Auf der Hopfenseerunde kann ich sie dann endlich entdecken: Schöne dunkle Wolken, die wohl genügend Wasser enthalten, um uns zwischendurch mal abzukühlen. Sie verdecken nun auch die Sonne und es wird merklich angenehmer. Jetzt macht mir das Laufen auch richtig Spaß und wir passieren am See drei Alphornbläser, die jedes Jahr an der selbigen Stelle zu finden sind. Erste Wanderer und Badegäste sind auch schon auf den Füßen und applaudieren uns zu.
Nachdem ich den Hopfensee umrundet habe, laufe ich auf drei Läuferinnen auf, die ein auffälliges Shirt mit der Aufschrift „Australia“ tragen. Ich kann hören, dass sie sich auch tatsächlich angeregt in Englisch unterhalten. Natürlich frage ich nach. Sie haben tatsächlich ihren Wohnsitz in Australien und sind als Touristen in Bayern. Da wollten sie sich die Teilnahme in Füssen nicht entgehen lassen. Wie ich später feststelle, gibt es noch viel mehr Touristen unter den Teilnehmern, eine Japanerin, eine Dänin und ein Amerikaner werden mich auch noch eine Zeit lang begleiten und alle haben Zeit sich etwas mit mir zu unterhalten. Das macht richtig Spaß und die Stimmung ist super.
Inzwischen sind wir wieder an der Staatstraße angelangt und laufen zurück nach Füssen. Der Forggensee ist unser nächstes Ziel. Diesen erreichen wir auf Höhe des Festspielhauses, das für die Aufführung des König-Ludwig-Musicals gebaut wurde. Nach etlichen Jahren wurde die Aufführung jedoch eingestellt. Der zweite Teil des Musicals war relativ erfolglos, so dass es schon nach zwei Jahren Spielzeit eingestellt wurde. Heute dient das Festspielhaus als Veranstaltungshalle für Konzerte, Musicals und Theater. So beschäftige ich mich erst mal mit den Plakaten, die mich über bevorstehende Veranstaltungen informieren. „Hair“ hab ich zwar schon mal gesehen, wär aber vielleicht noch mal einen Ausflug nach Füssen wert.
Während ich lesender weise so vor mich hinlaufe, fällt mir plötzlich auf, dass ich wieder ordentlich schwitze und in der prallen Sonne laufe. Ein Blick nach oben und mir schwant übles. Die Wolken haben sich, ohne auch nur einen Tropfen fallen zu lassen, verdünnisiert und es scheint auch nicht so, als würde sich diese Situation ändern.
Am Südufer des Forggensees entlang beginne ich die Badegäste zu beneiden, da sie sich immer wieder erfrischen können. Mir bleiben nur gelegentliche Pappbecher mit Wasser, die ich mir an den zahlreichen Verpflegungsstationen greife und über den Kopf schütte. Irgendwie muss ich mich einfach kühl halten, bin ich ja wahrlich kein Hitzeläufer. Ein paar hundert Meter geht es nun am Lech entlang und wir überqueren ein Wasserkraftwerk, um auf die andere Seite des Lechs zu kommen. Bald wartet dort die Matte bei der Halbmarathon-Marke auf uns. Ich laufe drüber und schiele kurz hoch zur Zeitanzeige. Oje, der Sieger dürfte wohl gerade ins Ziel einlaufen und mir wird auch klar, dass ich nicht noch langsamer werden darf, da sonst eine Zeit von über fünf Stunden droht. |