15.11.2015 Maratón Valencia  
Autor: Andreas Greppmeir Bericht mit vielen Bildern auf  
 
2015
 
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Maratón Valencia
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Bienvenido – die Orange. Bei uns gilt sie beinahe als exotische Frucht, in Valencia wächst sie nicht nur im Umland auf Feldern, sondern auch mitten in der Stadt als Zierpflanze. Diese Zitrusfrucht hat aus Valencia eine wohlhabende Metropole gemacht, die das Lebensgefühl der Stadt verkörpert. Im Winter, wenn es bei uns kalt und ungemütlich ist, kommt die Orange zu ihrer Reife und leuchtet satt in der warmen und wohligen Wintersonne Valencias.

Seit fünf Jahren leuchtet die Stadt an einem Sonntag mitten im November für ein paar Stunden noch etwas mehr. Tausende von Läufern schlängeln sich dann durch die Stadt. Nahezu 17.000 waren es im vergangenen Jahr, die sich an den Marathon wagten. Weitere 8.500 Sportler nahmen die 10 Kilometer unter die Füße. Beide Läufe werden zeitgleich vor dem Ciudad de las Artes y las Ciencias, der City von Kunst und Geschichte, gestartet. Der überwiegende Teil der Läuferschar stammt natürlich aus Spanien selbst, etwa 12.000 werden es auch in diesem Jahr wieder sein. Nahezu 1.500 Italiener, rund 500 Belgier und Franzosen sind ebenso mit dabei. Unter den weiteren Nationen ist Deutschland mit etwa 140 Teilnehmern aufgelistet.

Bereits am Mittwoch reise ich zusammen mit Silke und meinem Freund Fossy an. Wir wollen uns die Stadt in aller Ruhe ansehen und etwas vom entspannten Lebensgefühl der katalanischen Region aufsaugen. Das gelingt uns auch ganz prima. Auf öffentliche Verkehrsmittel können wir gänzlich verzichten und die Stadt per pedes erkunden. Zahlreiche Straßencafés laden immer wieder zum Verweilen ein und so gönne ich mir das ein oder andere Servesa. In den Schaufenstern werden wir immer wieder auf den Valencia Shopping Run aufmerksam gemacht. Bereits zwei Tage vor dem Start bieten zahlreiche Geschäfte vergünstigte Angebote, die sich vor allem an die Läufer richten.
Am Freitag um 10 Uhr öffnet die Marathon-Messe schließlich ihre Pforten und da wir es gar nicht erwarten können, unsere Startunterlagen in Empfang zu nehmen, gehören wir mit zu den ersten, die sich auf den Weg zum modernen Wahrzeichen der Stadt machen. Die Ciudad de las Artes y las Ciencias wurde von den spanischen Architekten Santiago Calatrava und Félix Candela entworfen und im April 1998 mit der Eröffnung des L`Hemisféric eingeweiht. Die Messe selbst finden wir im Museu de les Ciencies Príncipe Felipe, einem dreistöckigen, interaktiven Wissenschaftsmuseum.

Das Palau de les Arts Reina Sofìa, eine extravagante Oper und Musikplast mit vier Sälen auf 37.000 m² passieren wir schon kurz zuvor auf dem Weg zur Messe. Die Pont de l`Assut de l`Or, eine Schrägseilbrücke, deren 125 Meter hoher Pylon den höchsten Punkt der Stadt bildet, rundet das Bild dieser futuristisch anmutenden Anlage ab. Im ersten Stock des Wissenschaftsmuseums können wir unsere Startnummern in Empfang nehmen. Hier herrscht noch Ruhe und alles ist herrlich relaxed. Dass Fossy die falsche Bestätigung zur Abholung ausgedruckt hat, spielt keine große Rolle. Zwei nette Damen an der Information scannen das mitgebrachte Blatt ein und schon hat auch Fossy seine Startnummer. Wir schlendern anschließend noch etwas durch die Messe, die sich kaum von anderen Marathonmessen unterscheidet. Abschließend bekommen wir noch eine prall gefüllte Tüte mit diversen Gimmicks und dem passenden Laufshirt.

Am Samstag wollen wir es etwas ruhiger angehen lassen und entscheiden uns für einen Besuch des L`Oceanogràfic, dem mit 110.000 m² größten Aquarium Europas. Der Bau wurde von Fèlix Candela in Form einer Wasserlilie geplant und befindet sich direkt hinter der Pont de l`Assut de l`Or. Das Aquarium wird durch eine vier Kilometer lange Pipeline mit frischem Wasser aus dem Mittelmeer versorgt. 42 Millionen Liter Wasser bieten Platz für 45.000 Meerestiere. Haie, Pinguine und Seelöwen gehören zu den rund 500 Arten, die es zu bewundern gilt. Eine besondere Attraktion sind die weißen Beluga-Wale, die im arktischen Gewässer leben und ich noch nie zuvor gesehen habe. Auch wenn wir uns heute eigentlich etwas schonen wollten, entschließen wir uns doch noch für einen Besuch des Hafens und sind dann doch etwas mehr als geplant gelaufen. Aber was soll`s: Valencia ist zu schön, um sich hier etwas entgehen zu lassen.

Am frühen Sonntagmorgen ist es dann so weit. Nach einem kurzen Frühstück mache ich mich zusammen mit Fossy auf den Weg zum Ciutat de les Arts y les Ciències. Die Stadt scheint noch zu schlafen. Je näher wir aber dem Start- und Zielgelände kommen, umso mehr Läufer drängen auf die Straßen. Es ist angenehm frisch, was sich aber im Verlauf des Marathons noch ändern sollte. Wie für uns arrangiert, erleben wir einen Sonnenaufgang, der alles in ein orangefarbenes Licht taucht. Schöner kann ein Tag nicht beginnen.

Messe in der Ciudad de las Artes y las Ciencias Messe Geile Location, die Ciudad de las Artes y las Ciencias
Greppi und Silke Zieleinlauf

Schon jetzt muss ich über die Organisation des Valencia Marathons staunen. Trotz der rund 24.000 Läufer klappt der ganze Ablauf bis zum Start reibungslos und vor allem stressfrei. Der Kleiderbeutel ist in wenigen Minuten abgegeben, die Wegweiser zu den Startblocks sind auch ohne Spanischkenntnisse klar verständlich.

Eine Kleinigkeit ist dann aber doch schief gelaufen. Die Startblöcke sind farblich markiert, ebenso die Startnummern. Die unseren sind weiß. Und damit hat man nur Zutritt zum hintersten Startblock, wo sich die Läuferinnen und Läufer mit Zielzeiten von über fünf Stunden  einfinden. Das ist uns zu heftig. Wir versuchen, uns zumindest  in den Block davor uns zu schmuggeln, ist aber vergeblich. Also leisten wir dem 5-Stunden-Pacer Gesellschaft. Ich hatte eh nicht vor,  neue Bestzeit zu laufen. Nun will ich mehr denn je die 42 Kilometer durch die Stadt vom ersten bis zum letzten Meter genießen.

Rund eine viertel Stunde nach dem Startschuss ist es dann auch für Fossy und mich so weit, wir überqueren die Startlinie und machen uns erst mal auf den Weg in Richtung Hafen. Er ist einer der wichtigsten für den Handelsverkehr auf dem Mittelmeer und verfügt über regelmäßige Anbindungen zu den Balearen und nach Italien, sowie für die immer mehr werdenden Kreuzfahrtschiffe. Rund drei Kilometer müssen wir bis dahin zurücklegen und die vergehen wie um Flug.

Nach dem Hafen geht es am Strand von Valencia vorbei, dann nähern wir uns der Universität. Auf der Avenida de los Naranjos laufen wir bis Kilometer sieben, wobei uns die schnelleren Läufer auf der Begegnungsstrecke schon wieder entgegenkommen. Als ich dann wende, kann ich in Gegenrichtung den  5-Stunden-Pacer entdecken, zu dem ich schon einen ordentlichen Abstand herausgelaufen habe.

Bis Kilometer 10 schlängeln wir uns weiter durch das Universitätsviertel.  Auf der gegenüberliegenden Straßenseite sehe ich die führende Damengruppe, die dem Führungsmotorrad mit einem Affenzahn folgen und schon kurz vor der Halbmarathonmarke. sind. Unsere Sabrina „Mocki“ Mockenhaupt hat schon etwas abreißen lassen, kann mich aber mit ihrem tollen Laufstil trotzdem begeistern. Mit 2:30:44 meldet sie sich eindrucksvoll zurück,  wird aber als weitere deutsche Spitzenläuferin an der blödsinnigen Olympia-Norm des DLV (2:28:30) scheitern.

Jetzt geht es erst mal ein bisschen raus aus Valencia und es wird etwas ruhiger. Apropos ruhiger: In Valencia scheint niemand mehr zu schlafen. Selbst in den Randbezirken feuern uns zahlreiche Zuschauer an, oft kostümiert, tanzend und/oder mit Trommeln bewaffnet. In Valencia ist heute Party. Niemand will sich diesen Marathon entgehen lassen und zumindest als Zuschauer dabei sein. Die Stimmung ist ansteckend und ich feiere mit den Zuschauern. Deshalb verliere ich schon mal den Anschluss an Fossy und muss ihn kraftraubend wieder einholen. Schließlich nähern wir uns der Halbmarathonmarke. Das Estadio Valencia C.F. taucht bei Kilometer 19 links von mir auf. Es ist das Heimstadion des FC Valenica, der in der Primiera Divisiòn, der höchsten spanischen Liga, spielt. Ihr Maskottchen, eine Fledermaus, feiert heute ebenfalls Marathon und steht jubelnd am Straßenrand. Wir klatschen ab, machen kurz ein Erinnerungsfoto und weiter geht`s. Über die Avenida Blasco Ibànez erreichen wir schließlich km 21. Es ist warm geworden. Ein Thermometer am Straßenrand zeigt sommerliche 26 Grad an.

 

Auf den nächsten drei Kilometern passieren wir wieder die Ciudad de las Artes y las Ciencias. An der Strecke haben sich jetzt noch mehr Zuschauer eingefunden, die Stimmung ist wirklich klasse. Jetzt geht es in die historische Altstadt von Valencia, wo wir auch in unmittelbarer Nähe unseres Hotels vorbeilaufen. Mehrstöckige Gebäude mit wunderschönen Fassaden säumen die Strecke. Es macht einfach Spaß, hier zu laufen. Vorbei an den Torres de Serrano, den historischen Stadttürmen Valencias, nähern wir uns dem Rathaus. Es ist ein ausgesprochen kunstvolles Gebäude, das vom einstigen Wohlstand der Stadt zeugt und das dem an sich schon sehr imposanten Plaza del Ayuntamiento das i-Tüpfelchen aufsetzt.

Bis ins 18. Jahrhundert war das Gebäude eine Mädchenschule. 1854 zog der Stadtrat in das Gebäude ein. Anfang des 20. Jahrhunderts entstand durch einen Anbau die heutige Größe. Über dem Eingang des palastartigen Bauwerks thronen ein breiter Balkon, sowie ein hochaufragender Turm mit Stahlgerüstkuppel. Hier erwartet uns auch Silke, die ich am Straßenrand schnell ausmachen kann. Über mein verschwitztes Bussi ist sie weniger entzückt, doch da muss die Frau eines Marathonis einfach durch. Wir befinden uns übrigens bei Kilometer 30.

Ich muss nun angesichts der Temperaturen ordentlich kämpfen und lasse keine Verpflegungsstelle mehr aus. Ein weiteres Highlight auf den nächsten Kilometern ist der Bahnhof Valencia Norte bei Kilometer 38. Der Nordbahnhof liegt, anders als sein Name andeutet, im Süden von Valencia und ist gleichzeitig der Hauptbahnhof der Stadt. Er wurde nach elfjähriger Bauzeit 1917 durch die Bahngesellschaft Ferrocarrils del Nord als Kopfbahnhof eröffnet. 1987 wurde das Empfangsgebäude unter Denkmalschutz gestellt und als Gebäude mit nationaler Bedeutung ausgezeichnet. Wir hatten es zwei Tage zuvor besichtigt und waren wirklich beeindruckt.

Gleich daneben liegt der Plaza de Toros. Die Stierkampfarena hat eine Gesamthöhe von 17,65 Meter und einen Durchmesser von 52 Metern. Im Außenbereich sind vier Stockwerke zu sehen, deren Backsteinbogenarkaden im Untergeschoss mit Korbgewölben und in den restlichen Stockwerken mit Rundbogen und Steinbalustraden versehen sind. Auch wenn ich von Stierkämpfen nicht viel halte, beeindruckt mich dieses Gebäude doch. Mit 16.000 Sitzplätzen würden auch fast alle Marathonis, die hier am Start sind, in dieses kolossale Bauwerk passen. Unglaublich.

Die letzten beiden Kilometer zurück zum Ciudad de las Artes y las Ciencias will ich eigentlich ruhig angehen lassen, um Kräfte für einen angemessenen Zieleinlauf zu sparen. Doch hier bildeten unzählige Zuschauer einen schier endlosen Korridor und feuern uns frenetisch an. Teilweise bleibt nur eine enge Gasse und fast muss man sich den Weg in Richtung Ziel suchen.

Dann ist es endlich so weit. Der schönste Zieleinlauf, den ich mir vorstellen kann, liegt nun vor mir. Ich lasse den Palau de les Arts rechts von mir liegen und da es nun leicht bergab geht, kann ich es nochmal so richtig rollen lassen. Vorbei am L`Hemisfèric geht`s gleich vor dem Museu de les Ciencies Pricipe Felipe rechts weg und schon steht das Schild mit der 42 vor einem. Nun scharf links und einfach nur noch genießen. Die letzten 200 Meter sind das Aufregendste, was ich in meinem Läuferleben bisher erleben durfte. Ein Steg führt über das strahlend blaue Wasser. Eine Wahnsinnskulisse, absolutes Gänsehautfeeling. Nichts ist zu spüren von den zurückliegenden Strapazen. Ich genieße den Jubel der vielen Zuschauer, dann ist geschafft!

Auch der Zieleinlauf ist perfekt organisiert. Finishermedaille, Wärmedecke und reichlich Getränke werden gereicht, dann eine gut gefüllte Tüte mit Obst und Süßem. Nach einer kurzen Verschnaufpause ziehe ich mich um und genieße in der Sonne sitzend nochmals die Atmosphäre.

Danke Valencia! Du bist nicht nur eine tolle Stadt, du hast auch einen wirklich großartigen Marathon!

 

Greppi

4:50:00

 
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