Nun hat es sich eigentlich auf der Hinrunde auch schon mit den Sehenswürdigkeiten, die Kilometer auf der Straubinger Straße runter, wo wir bei etwa Km 9 in die Siemensstraße abbiegen sind nicht besonders erwähnenswert und dienen eher zum Abschalten. Was uns dann kurz vor Km 11 erwartet, ist neu – zumindest mir noch nicht bekannt – und naja, wie soll ich sagen, eigentlich schon eine lustige Idee, aber mir hat`s halt einfach nicht gefallen. Wir laufen nun auf ein Betriebsgelände und werden mit einem festinstallierten Banner mit dem Aufdruck „Jetzt geht`s rund!“ begrüßt. Es ist der Continental Systemprüfkurs des gleichnamigen Reifenherstellers, der hier seine Reifentests auf einem rund anderthalb Kilometer langen, dreispurigen Kurs durchführt und wir durchlaufen die Teststrecke. Links säumen dicke Leitplanken die Strecke, doch was mich bzw. meine Knochen ziemlich negativ beansprucht, sind die höher gelegten Kurven. Es sind nicht wirklich Steilkurven, trotzdem ist der permanente Neigungswinkel in den drei Kurven deutlich spürbar. Am Ende der Teststrecke ist ein „Boxenstopp“ eingerichtet, an dem man sich verpflegen kann. Danach geht es über die Siemensstraße zurück zur Straubinger Straße und wir laufen bis Km 15 zurück zur Altstadt, die wir nochmals auf anderem Wege durchlaufen dürfen.
Am Ende des Ostenstraße geht`s rechts rüber zur Thundorfer Straße und wir laufen ein gutes Stück an der Donau entlang. Schiffe liegen hier vor Anker und Regensburg zeigt sich wieder von der schöneren Seite. Bei Km 17 haben wir die Steinerne Brücke erreicht, die wir nicht überlaufen, sonder wir lassen sie einfach rechts liegen. Seit meinem letzten Besuch von vor etwa einem Jahr hat sich hier auch etwas getan, denn die Steinerne Brücke ist komplett eingehüllt und wird offensichtlich renoviert. Da wir eh nicht drüber dürfen, ist mir das aber dann doch egal und wir nähern uns schön langsam aber sicher dem Ende der ersten Runde. An der Holzländerstraße erhalten die Halbmarathonis ihre letzte Verpflegung und ich merke auch, wie das Tempo um mich herum deutlich angezogen wird. Ganz kann ich es nicht vermeiden mitzuziehen, aber ich halte mich im Zaum, liegt doch die ganze Runde nochmal vor mir. So biege ich kurz nach dem Westbad nach links ab, während die Halbmarathonis nach rechts geleitet werde und nach rund zweihundert Metern im Ziel sind.
Erst mal genieße ich die Ruhe, die mich plötzlich umgibt, denn plötzlich bin ich nahezu alleine. Die vereinzelten Zuschauer in diesem Bereich zollen einem Applaus und Respekt, der mir gut tut. Die Ruhe hält aber nur bis zur Altstadt an, denn Dank des immer besser werdenden Wetters finden sich auch immer mehr Menschen in der Altstadt ein und die feiern wirklich jeden einzelnen Marathonläufer. Ich versuche mich bei allen Zuschauern für ihren Applaus zu bedanken, was mir nicht immer gelingt, denn es sind einfach zu viele. Als ich die Altstadt hinter mir habe, was ein wirklicher Genuss war, wartet die endlos scheinende Straubinger Straße auf mich. Ich laufe auf eine Mitläuferin auf, grüße höflich und sie sieht mich nur an und meint: „Were to hell are all the others?“. Eine englische Mitläuferin hat sich wohl auch ins Feld verirrt und ich entgegne ihr nur: „I think, they`re all behind us“. Sie lächelt und wir laufen weiter. Wir rollen aber beide den einen oder andren Marathoni auf und nähern uns wieder meiner geliebten Continental-Teststrecke. Kurz davon treffe ich noch auf Charly, der mir entgegenkommt, ein fast verunglücktes Selfie und unsere Wege trennen sich wieder. Der Gripp meiner Schuhe auf der Teststrecke war ideal, dennoch verfluchte ich weiter die „Steilkurven“, taten sie doch nun schon ordentlich weh.
Aber irgendwann hatte ich auch diesen Teil hinter mir, die Straubinger Straße zurück hab ich im geistigen Tunnel verbracht und freute mich nun tierisch auf die Altstadt. Hier war inzwischen fast die Hölle los. Regensburger genossen die aufkommende Sonne in Straßenkaffees, Touristen versperrten schon mal die Ideallinie und auch die anwesenden Bands hatten noch nicht aufgehört zu spielen. Ich versuche die Balance auf dem Kopfsteinpflaster zu behalten, winke und grüße nur noch hier und da. Es lief nun richtig gut. Die Altstadt in Regensburg, ich weiß nicht, ob ich`s schon erwähnt habe, ist ein Traum und hier läuft`s, denn die Zuschauer und sonstig zufälligen Anwesenden tun einem mit ihrem Applaus richtig gut. Dann kommen die letzten drei bis vier Kilometer bis ins Ziel. Ein paar hundert Meter vor dem Ziel steht schon Charly, der mal wieder in einer tollen Zeit unter vier Stunden gefinisht hat und winkt mir zu. Ich laufe ins Ziel ein, bin happy da zu sein und bin auch erst mal platt.
Nach einer warmen Dusche im Westbad gingen wir zurück zum Party- und Marathonmessebereich neben dem Zielbereich, um uns zu stärken. Mit einem, im Startgeld enthaltenen Gutschein konnte man sich noch am Nudelbüffet stärken, aber auch Stände mit Crêpes, Mandeln und anderem ließen keine Wünsche offen. Eigentlich wollten wir gerade aufbrechen, als Charly sich entschied noch die Ergebnisliste anzuschauen. Ich vernahm in diesem Moment den Stadionsprecher, der ankündigte, dass die 5:30 Stunden bis zum Zielschluss nun erreicht seien. Es befinde sich aber nur noch ein Läufer auf der Strecke und den wollen sie unbedingt noch abwarten. Der Besenläufer, der den Letzten Läufer begleitete, gab wohl immer wieder den Standort und das Befinden des Läufers an den Sprecher weiter, so dass eine tolle Moderation daraus wurde. Das interessierte mich nun wirklich mehr als die Ergebnisliste und so begab ich mich in den Zielbereich.
Was ich dort sah beeindrucke mich wirklich. Ohne Übertreibung: Mehrere hundert Zuschauer warteten auf den „Letzten Sieger“ – wie der Sprecher betonte - und sie alle feierten ihn, wohl mehr als den „Ersten Sieger“. Aus dem Verpflegungsbereich liefen Finisher rüber zum Ziel und jubelten dem Läufer zu. Ohne es verhindern zu können, bekam ich eine Gänsehaut und ich musste tatsächlich auch die eine oder andere Träne der Rührung wegblinzeln. Auch das ist Marathon. Der Junge war vielleicht dreißig Jahre alt, lief mit der Bayernfahne ein und stellte sich einem Finisher-Foto mit dem Besenmann. Und der Junge war sowas von stolz. Ich fand`s einfach nur toll. Daher auf diesem Wege – auch wenn er`s wohl nicht lesen wird – Glückwunsch und Respekt zu Deinem Marathonfinish! |