Ins Leben gerufen wurde der Marathon am Lech, um auch während Corona weiterhin unserer liebsten Freizeitbeschäftigung nachgehen zu können. Heuer celebrieren wir bereits die 4. Auflage unseres kleinen Meetings. Diesmal unter dem Motto: Wild Cross. Bisher ist es mir bei jeder Veranstaltung gelungen, einen neuen Kurs zu präsentieren und das wird auch heuer wieder so sein, wobei wir diverse Streckenabschnitte, schon beim „Trail to Peak“ gelaufen sind. Nur kurz ist das Zeitfenster für die diesjährige Austragung, denn als besonderes Markenzeichen soll er durch die Kissinger Heide führen, in der jährlich von etwa Mitte April bis Anfang Mai eine ganze Wiese Enziane blüht.
Erstmals seit zwei Jahren gibt es keine Corona-Beschränkungen mehr, so wird der Lauf für 20 Teilnehmer*innen ausgeschrieben. Groß Werbung machen wir dafür aber nicht, viel mehr werden wieder die üblichen Verdächtigen kontaktiert, dazu haben wir noch unsere Ausschreibung auf der Website. Das Interesse ist auch durchaus positiv, ohne aber an das Maximum zu gelangen.
Wie schnell es gehen kann, dass ein Teilnehmerfeld schmilzt wie Butter in der Sonne, hat Andreas‘ vor zwei Wochen beim Munich Urban Trail erlebt. So checke ich gespannt in der Woche vor dem Lauf mehrmals meinen Mail-Account. Ein paar melden sich noch ab, dafür gibt es aber wieder neue Interessenten, so werden letztendlich 12 Läufer, dazu Judith als einzige Frau an den Start gehen.
Die 13 ist ja im Allgemeinen als Unglückszahl verpönt, prompt müssen wir für Samstag einen kleinen Wehrmutstropfen hinnehmen: Nachdem es bis Freitag Sonne satt gegeben hat, soll die sich am Samstag bedeckt halten und auch mit Niederschlag ist zu rechnen, was in erster Linie vermutlich auch den Enzianen nicht so gefallen wird. Es kommt, wie es kommen muss, die Sonne fehlt am Samstagvormittag, dafür sind aber alle „internationalen“ Teilnehmer (Stuttgart – München – Augsburg) pünktlich vor Ort und bis auf ein paar Tropfen bleiben glücklicherweise die groß angekündigten Regenschauer aus.
Wir starten pünktlich um 10 Uhr, erstmal noch gemeinsam mit der kompletten Gruppe. Erster Anlaufpunkt ist auch gleich nach einem Kilometer die Kissinger Heide. Vor der Regulierung des Lechs bedeckten großflächig zusammenhängende Trockenrasen die eiszeitlichen Schotterflächen im Lechtal, ein spärliches Überbleibsel davon ist die Enzianwiese unweit des Weitmannsees. Seit 1941 steht sie unter Naturschutz und genießt hohen europarechtlichen Schutzstatus. Besonders attraktiv präsentiert sich die Heide jährlich Ende April, wenn der Stängellose Enzian mit seinen intensiv kobaltblauen Blüten bodennah die Fläche überzieht. Die Sonneneinstrahlung fehlt ihnen heute etwas, weswegen sich die Blüten größtenteils noch etwas verschämt verschlossen halten. Trotzdem sind sie eine Schau, in der riesigen Menge auf einem Fleck, kann man sie vermutlich noch nicht einmal in den Alpen bewundern.
Mit etwas Abstand umrunden wir den Weitmannsee an seiner Ost- und Südseite bevor wir nach 4,5 km den Lech erreichen und uns so schnell auch nicht mehr davon entfernen. Das Feld zieht sich jetzt auseinander, die schnelleren machen sich vom Acker, der überwiegende Teil hat es aber nicht so eilig. Etwas abenteuerlich offenbart sich wieder ein kurzer canyonartiger Einschnitt samt Wasserüberquerung nach knapp 10 km. Es gab hier früher doch deutlich mehr Wasser und man hat scheinbar auch noch ein paar größere Steine hinzugefügt, so muss nur Tom Wasserkontakt aufnehmen.
Nach genau 13 km erreichen wir den Hochablass, vom Stauwehr wird hier Wasser in die Augsburger Altstadt geleitet, wo es in vielen Kanälen durch die Stadt fließt. In Augsburgs historischer Wasserwirtschaft war dies von enormer Bedeutung, so gab es darüber auch jahrhundertelang immer wieder Auseinandersetzungen zwischen der Reichsstadt Augsburg und den Wittelsbachern, deren Gebiet, das herzogliche Bayern, an das Ostufer des Lechs angrenzte. Die erste Anlage zur Lechwasser-Einleitung nach Augsburg soll geschätzt bereits im Jahr 1000 erfolgt sein. Im Jahr 1346 ist ein erster Wehrdamm an der Stelle des heutigen Ablasses urkundlich belegt.
Wir ziehen immer weiter nordwärts direkt am Lech entlang und durchqueren dabei die komplette Stadt von Süd nach Nord auf einer Länge von 9 Kilometern. Ein wunderschöner Abschnitt auf halber Höhe an der Lechböschung entlang beginnt nach dem Hochzoller Wasserwerk. Die Uferbefestigung wurde hier teilweise noch zusätzlich mit Steinen und Beton verfestigt, was die urwüchsigen Trails etwas stabilisiert.
Vor der Lechbrücke in Lechhausen bekommen wir das erste und einzige Mal auch ein paar Häuser der Stadt zu Gesicht, ansonsten könnte man denken, wir befinden uns mitten im Grünen. Nur eine einzige, nur spärlich befahrene Straße, muss während der gesamten 42 km überquert werden.
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