10.4.2022 Marathon Deutsche Weinstraße
Autor: Andreas Greppmeir

 

 
 
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Ein gutes halbes Jahr ist mein letzter Marathon nun her. Für den Otto-Normal-Marathoni wohl ganz normal, für mich ist es gefühlt eine halbe Ewigkeit. Rückenprobleme und ein Treppensturz im Dezember zwangen mich dazu. Erst im März konnte ich das Training wieder aufnehmen und dabei wurde ich durch Saharastaub und durch Frühjahrstürme immer wieder eingebremst. Die Voraussetzungen waren natürlich nicht gerade ideal, aber den Marathon Deutsche Weinstraße, der ja nur alle zwei Jahre stattfindet, stand schon lange auf meiner Agenda und ich wollte ihn auch laufen.

Laut Ausschreibung gibt es zwar diverse Cut-Offs an den Verpflegungsstellen und eine maximale Laufzeit von 5:30 Stunden, was bei einem Höhenprofil mit rund 500 Höhenmetern nicht ohne ist, aber in den Ergebnislisten der Jahre zuvor waren auch Zeiten von über sechs Stunden aufgeführt. Man sah es mit den Cut-Offs wohl nicht so genau, was mir Zuversicht für ein erfolgreiches Finish gab.

Am Freitag reiste ich mit Silke ins Alzeyer Hügelland, wo wir etwa fünf Kilometer entfernt von Bockenheim eine Ferienwohnung in einem alten Gutshof gemietet hatten. Dauerregen machte die Anfahrt etwas beschwerlich, aber nach gut sechs Stunden Fahrt kamen wir gut an. Wir bezogen unser Quartier für die nächsten vier Tage und machten uns erst mal auf den Weg zum Einkaufen. Als ich vor dem Supermarkt einparkte, begann es ordentlich zu schneien und wir amüsierten uns königlich darüber. Mit Schnee hatten wir nun mal gar nicht gerechnet, sind wir doch angeblich in Deutschlands wärmster Region. Auch als wir gut zwei Stunden später beim Abendessen saßen, schneite es draußen noch immer. Auf der Rückfahrt zur Wohnung mussten wir feststellen, dass die Straßen inzwischen schneebedeckt waren. Gut, dass ich noch meine Winterreifen montiert hatte.

Am nächsten Morgen staunten wir nicht schlecht als wir nach draußen sahen. Gut 25 Zentimeter Schnee hatte uns die Nacht beschert. Silke äußerte sich hinsichtlich meiner für den Sonntag mitgebrachten Laufkleidung etwas besorgt und so machten wir uns erst einmal ins nächstgelegene Sportgeschäft auf, um eine lange Laufjacke zu besorgen. Immer wieder bekamen wir an diesem Tag bestätigt, dass das Wetter für die Region nicht typisch ist. So viel Schnee hatte man hier schon Jahre nicht mehr gesehen und schon gar nicht im April. Gut ausgerüstet fuhren wir dann nach Bockenheim, wo in Kürze die Starnummernausgabe erfolgten sollte. Schon nach wenigen Minuten hatte ich meine Startnummer und ein Flasche Riesling mit einem eigens für den Marathon gestalteten Etikett in den Händen. Es war also alles gerüstet für morgen. Noch ein leckeres Abendessen und dann ging es zeitig ins Bett. Ich wollte für den Marathon ausgeschlafen sein.

Am nächsten Morgen trafen wir gut eine Stunde vor dem Start wieder in Bockenheim ein. Es regnete leicht und es war kalt, weshalb wir uns erst mal in das gut gefüllte Festzelt verzogen. Ich machte mich auf die Suche nach Wolfgang vom marathon4you-Team, der für heute den Bericht übernehmen würde. Leider blieb die Suche ergebnislos, es waren einfach zu viele Läufer da. Gut eine viertel Stunde vor dem Start machten wir uns wieder auf den Weg nach draußen und es hatte aufgehört zu regnen. Etwas kribbelig fühlte ich mich nun doch. Ein halbes Jahr nach dem letzten Marathon stand ich wieder in einer Startaufstellung und dann noch mit so vielen Menschen, das war ich nicht mehr gewohnt.

Punkt zehn Uhr ging es dann auch los und wir liefen erst einmal durch Bockenheim und wurden von ungewohnt vielen Zuschauern verabschiedet. Ich hatte mich relativ weit hinten im Feld einsortiert, denn der überwiegende Teil der Teilnehmer war ja für den Halbmarathon gemeldet. Einige liefen den Marathon auch als Duo-Staffel, da wollte ich mich nicht mitziehen lassen und erst mal ein gemütliches Tempo anschlagen. Das gelang mir von Beginn an sehr gut und relativ schnell fand ich mich in einem kleinen Feld aus Marathonläufern wieder, die meinen Schritt liefen und es kam auch zu ersten Gesprächen.

Über eine breite Staatsstraße ging es nach Asselheim, das wir nach drei Kilometern erreichten. Das Feld hatte sich bis dahin schon gut auseinandergezogen und ich konnte frei Laufen. In Asselheim wurden wir wieder durch eine große Anzahl von Zuschauern empfangen. Das tat wirklich gut. Am Ende der Ortschaft gab es noch einen kleinen Anstieg zu bewältigen, der mich zum ersten Mal marschieren ließ. Unser nächstes Ziel hieß Grünstadt, das wir etwa bei Kilometer 5,5 erreichen sollten. In der Fußgängerzone, die ich schon von einem Spaziergang mit Silke kannte, gab es dann auch die erste Verpflegungsstation. Zur Feier des gelungenen Einstands, denn ich fühlte mich wirklich gut, gab es erst mal ein Gläschen bzw. einen Becher Riesling. Aus Grünstadt raus ging es nun auf schmalen Landstraßen durch die Weinberge. Man hatte eine tolle Aussicht und kurz vor Kilometer 6 konnte ich auch schon dem Führenden des Halbmarathons applaudieren, der uns schon wieder entgegenkam.

   
 
 

Wir trennten uns nun kurz von den Halbmarathonis, die einen anderen Weg einschlagen mussten, um auf 21,1 Kilometer zu kommen und es wurde etwas ruhiger um mich herum, aber schon einen Kilometer später führte uns der Weg wieder zusammen und es ging durch viele kleine Ortschaften weiter in Richtung Bad Dürkheim, das wir bei Kilometer 20 erreichen würden. Es wurde nun deutlich hügeliger und immer wieder konnte ich bergan marschieren und locker die Hügel wieder runterlaufen. Im kam gut voran und war zuversichtlich diesen Marathon ins Ziel zu bringen. Wir waren nun eine Gruppe von zehn Läufern. Wir kamen auch immer wieder ins Gespräch, was für Abwechslung sorgte. Zudem überholten wir uns gegenseitig immer wieder und motivierten uns gegenseitig beieinander zu bleiben. Es war eine wirklich tollte Gruppe.

Wir liefen dann schließlich durch Bad Dürkheim, ein nettes kleines Städtchen und auch den Stadtpark durften wir nicht auslassen, mussten uns den Weg aber hin und wieder durch ein paar Spaziergänger suchen. Wir waren nun endgültig auf dem Rückweg und die Strecke änderte sich kaum. Es ging immer wieder bergauf und bergab, was mir sehr entgegenkam, da ich auch immer wieder mal mit allen anderen um mich herum Gehpausen einlegen konnte. Oft liefen wir auch auf breiten Staatsstraßen, was zugegebenermaßen nicht immer sehr motivierend war. Ich hätte mir noch ein paar Weinberge gewünscht. Aber dafür gab es ja die vielen kleinen Ortschaften, wie Karlstadt, Herxheim oder Kirchheim, wo wir neben den Verpflegungsständen auch immer noch viele Zuschauer antrafen, die uns anfeuerten.

Irgendwann hatte ich dann auch die 30 Kilometer auf der Laufuhr und wie schon in vergangenen Läufen stellte sich bei mir das Gefühl ein, es mal wieder geschafft zu haben. Auf den letzten 12 Kilometern kann eigentlich nichts mehr passieren und mit einem Blick auf die Zeit konnte ich feststellen, dass auch eine Finisherzeit von unter 5:30 Stunden möglich sein sollte.

Etwa bei Kilometer 36 waren wir nun wieder in Grünstadt angekommen und würden auf identischem Wege wie nach dem Start nach Bockenheim zurücklaufen. Als ich eine Kreuzung überquerte, hörte ich einen Helfer zu einem Feuerwehrler sagen: „Ihr könnt dann dicht machen.“ Ich dachte nicht groß über diese Aussage nach, musste aber wenig später mit einem Blick nach hinten feststellen, dass da tatsächlich dicht gemacht wurde. Sprich, der letzte Cut-Off hatte zugeschlagen und es wurden Läufer aus dem Rennen genommen. Sechs Kilometer vor dem Ziel, wie bitter ist das denn? Nun wurde unser sechsköpfiges Feld von Sankas und einem Feuerwegauto verfolgt. Sie waren nur rund 300 Meter hinter mir. Gut, ich war save, denn es kam kein Cut-Off mehr, aber ein etwas ungutes Gefühl hatte ich doch.

Zu dritt ergriffen wir nun die Flucht und wollten außer Sicht der „Besenfahrzeuge“ kommen, was uns auch gelang. Nach 5:25 Stunden überquerten wir gemeinsam die Ziellinie in Bockenheim, wo Silke schon auf mich wartete. Natürlich wartete ich auch noch die letzten Finisher ab, um ihnen zum Finish zu gratulieren. Viele Kilometer hatten wir gemeinsam auf der Strecke verbracht.

Am Ende war ich froh, dass ich mich im Vorfeld nicht mit den Cut-Off-Zeiten befasst hatte und diese auch nicht ernst genommen hatte. Ich war davon ausgegangen, dass man locker eine halbe Stunde überziehen kann, was in diesem Jahr wohl nicht der Fall war. So war es für mich ein gelungenes Comeback, das sich auch wirklich so anfühlte. Den Abend ließ ich mit Silke bei einem sehr leckeren Griechen ausklingen. Der Ausflug nach Bockenheim hatte sich gelohnt und bleibt nicht zuletzt wegen der Wetterkapriolen sicherlich noch lange in Erinnerung.

   
 
Greppi 5:27:49
 
   
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