Gut sieben Monate liegt erst die letzte Auflage des Mountainman Nesselwang wegen der Covid-19-Verschiebung im vergangenen Jahr zurück. Heuer kann das Event wieder an seinem ursprünglichen Termin im Mai durchgeführt werden und ich muss mal endlich kein weiteres Wort mehr über irgendwelche Corona-Beschränkungen verlieren. Nachdem die Strecken in den vergangenen Jahren bereits mehrfach verändert wurden, haben sich die 2021er Streckenführungen bewährt und werden heuer wieder so durchgeführt. Fast …eine kleine Änderung hält man dann doch für uns bereit, auf Facebook lese ich, dass wir auf dem Wasserfallweg, unter einen Wasserfall durchgeleitet werden sollen und anschließend auf einen neuen Trailabschnitt. Hört sich abenteuerlich an.
Ebenfalls wieder in die XL-Strecke integriert, ist wie bereits bei der letzten Auflage, der Vertical 500-Bergsprint. Auf 4,5 km und 500 Höhenmetern werden innerhalb des Trailmarathons, die drei schnellsten Männer und Frauen geehrt. Insgesamt weist der längste Kurs in Nesselwang über 2.400 Höhenmeter auf. Des Weiteren finden sich noch drei Strecken über 33, 21 und 10 Kilometer, jeweils mit satten Höhenmetern im Programm, bezeichnet wie bei allen Mountainman-Events als L, M und S.
Zum dritten Mal in Folge, im Zeitraum von anderthalb Jahren bin ich am Start, der Herr Kollege hat Rücken, so springe ich gerne wieder ein. Außerdem habe ich noch was gut zu machen, im letzten Oktober habe ich mich doch glatt verfranzt und bin so nicht die korrekte Runde gelaufen, was mich ziemlich gewurmt hat.
Das Pre Race Info findet heuer erstmal live, mitten in Nesselwang, in der Alpspitzhalle statt. Diesmal ohne mich, ich nutze die Möglichkeit es online auf YouTube mitzuerleben. Spannend wird es wieder einmal wegen des Wetters. Nachdem am Freitag noch hochsommerliche Temperaturen im Allgäu herrschen, soll in der Nacht zwischen 2 und 6 Uhr eine starke Gewitterzelle über die Berge ziehen. Sollte es sich noch später hinausziehen, wird die Bergwacht keine Startfreigabe erteilen. So steht eine Startverschiebung auf 8 Uhr zur Debatte. In dem Fall sollen die Bewerbe XL, L und M gemeinsam gestartet werden, deren Starts eigentlich im Halbstundentakt geplant sind.
Für mich ist die Anfahrt nach Nesselwang, im bayerisch-schwäbischen Landkreis Ostallgäu, gut zu händeln, so reise ich wieder direkt zum Rennen in aller Herrgottsfrüh an. Als Stammgast kenne ich die Parkplatzsituation und weiß, hierfür muss ich keine zusätzliche Zeit einplanen. Direkt neben dem Eventgelände, werden uns im Industriegebiet diverse Parkplätzte von den Firmen zur Verfügung gestellt.
Um 3.45 Uhr ist die Nacht für mich zu Ende, um kurz nach 6 Uhr stehe ich im Industriegebiet neben dem Trendsportzentrum Allgäu, mit noch bedrohlich dunklen Wolken am Himmel. Die Parkplätze sind aber noch vollkommen verwaist. Eine überschaubare Anzahl an Parkmöglichkeiten finden sich auch direkt am Event-Gelände, ich probiere es mal dort und tatsächlich, hier gibt es auch noch jede Menge Platz. Nachdem ich zeitig zu Bett gegangen bin und auch vergessen habe, nochmal meinen Mail-Account zu checken, habe ich nichts von der fixen Rennverschiebung auf 8 Uhr mitbekommen, die um 22.15 Uhr dort eingegangen ist. Mein Vorteil: ich hab jetzt wenigstens einen Parkplatz direkt am Eingang und kann mich nochmals auf’s Ohr hauen.
Eine Stunde später sieht der Himmel doch schon deutlich freundlicher aus, wobei noch viele Wolken in den Gipfeln hängen. Das Gewitter ist aber vollkommen durchgezogen, hat aber einiges an Wasser hinterlassen. Dafür haben wir angenehme Temperaturen von 14 Grad. Ein Hitzerennen wird es wohl nicht mehr geben. Zwanzig Minuten vor dem Start gibt es nochmal ein Kurzbriefing von Chefin Jutta, für diejenigen die noch gar nicht auf dem Laufenden sind. Anschließend checken die Mountainman-Kult-Speaker Rudi und Stephan schon mal die Nebelmaschine. Start ohne Nebel geht gar nicht. Alles ok, sie bläst super. Schon läutet der zweite Bürgermeister von Nesselwang die Starts von XL, L & M mit der Mountainman-Kuhglocke ein und los geht’s mit einer Ehrenrunde durch das Trendsportzentrum.
Bereits leicht ansteigend verlassen wir die Sportanlage, nach 250 Meter geht’s schon rein in den Berg und auch in den Matsch, was an diesem rustikalen Anstieg mit seinen tief ausgespülten Spurrillen aber schon fast ein Klassiker ist. Schön aufpassen, wohin man seinen Schritt setzt, ist hier angesagt, sonst gibt’s gleich nasse Füße. Einen Kilometer und zweihundert Höhenmeter weiter, haben wir den Schlamm zum Eingewöhnen aber schon wieder hinter uns. Fast genauso weit geht es auf dem Kreuzweg Maria Trost auch wieder runter.
Das Highlight und so was wie der optische Aufmacher für den Mountainman Nesselwang ist der Wasserfallweg, ihn erreichen wir nach 2 km, somit liegt er bereits am Anfang unserer Tour und so kann man ihn auch wirklich genießen finde ich. Bei der Veranstaltung 2020 durften wir ihn zweimal im Rahmen des XL laufen, beim zweiten Mal auf der linken Seite – der normalerweise für die Hunde und Nichtschwindelfreien geplant ist – so nach etwa 30 km, da war das nicht mehr das reinste Vergnügen und zumindest für mich eine zähe Angelegenheit.
Der Einstieg führt uns gleich auf die längste und beeindruckende Stahlgittertreppe neben dem höchsten Wasserfall des Schloßbächel. Er rauscht hier über noch zahlreiche weitere Wasserfälle von der Alpspitz runter in die Tiefe. Der Aufstieg neben dem Wasserlauf über die vielen Stege, Holzstufen und Brücken ist wirklich traumhaft schön. Aber sollten wir nicht auf einem neuen Abschnitt, auch noch unter einem Wasserfall durchgeleitet werden? Vergesst bitte den Schmarrn, den ich euch in der Einleitung erzählt habe: April, April. Ich bin einem Aprilscherz-Post auf Facebook von Jutta auf den Leim gegangen.
Der relativ gut passierbare Weg wird weiter oben immer steiler und herausfordernder, durchsetzt mit hohen Stufen und vielen Wurzeln. Leider verschlechtert sich auch das Wetter hier oben spürbar, wir erreichen die Wolkengrenze und verschwinden im Nebel, bei deutlich frischeren Temperaturen. Nach gut 4 km trennt sich die XL-Strecke von der L und M. Während es für uns auf einer Forststraße wieder abwärts geht, führen die beiden anderen weiter direkt zum Sportheim Böck.
Ganz kommod mit angenehmem Gefälle, führt uns eine Schotterstraße über 2,5 km wieder bergab bis kurz oberhalb der Wallfahrtskapelle Maria Trost. Einige Aufstiegsmeter weiter querfeldein erreichen wir nach 8 km unsere erste Versorgungsstation an der Kappeler Alp, wo uns Rudi am Micro schon erwartet. Für ein zweites Frühstück warten Kuchen, Waffeln, vegane Energieriegel und noch weitere Häppchen auf uns.
Ein Eyecatcher soll hier der Blick auf Schloss Neuschwanstein sein, den gibt es auf der Strecke nur zwei Mal. Wir haben gerade nicht optimale Sicht, aber wenn man ungefähr weiß, wo es liegt, kann man es mit viel Fantasie ausmachen. Nach meiner Frühstückspause packe ich meine Stöcke vom Rucksack. Ich kenn ja den Abstieg bereits, er ist immer sehr rutschig und eine diffizile Angelegenheit, nach dem nächtlichen Gewitter erwarte ich wieder einen anspruchsvollen Downhill. Ich hab mich nicht getäuscht, eine Mitläuferin muss bereits am Anfang Bodenkontakt aufnehmen.
Unten in Kappel angekommen, sind wir bereits wieder auf Starthöhe. Nach genau 10 km beginnt die Wertung zum Vertical 500. Eine Zeitmessmatte leitet den Bergsprint ein. Für die Racer hat man extra gut laufbaren Untergrund gewählt. Wir beginnen auf Asphalt. Nachdem ich das im Herbst vermutlich etwas zu motiviert angegangen bin, habe ich aus der Erfahrung gelernt und halte mich heuer etwas zurück. Bis auf ein paar flachere Abschnitte, genügt mir heute ein zügiger Wanderschritt.
Nach 3,7 km beim Sprint passieren wir wieder die Kappeler Alp auf der Rückseite, diesmal aber ohne Verpflegungsangebot. Rennleiter Horst und Rudi haben ihren Job erledigt und sind gerade auf dem Rückweg ins Zielgelände. Köstlich amüsieren sie sich über meinen Reinfall auf Juttas April Joke. Apropos April, April. Das Wetter verhält sich auch gerade so. Kurze Sonnenabschnitte wechseln permanent mit Regenschauern. Kurz vor dem Sportheim Böck passieren wir wieder eine Zeitmessmatte, der Vertical 500 ist beendet.
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