5.4.2025 MARATHON am LECH – City Wall
Autor: Bernie Manhard  
 
 

Das Motto des 7. Marathon am Lech lautet heuer „City Wall“ und führt uns vorbei an den noch verbliebenen intakten Bereichen der historischen Augsburger Stadtmauer, deren heutiger Stand ab dem 13. Jahrhundert erbaut wurde, zuvor bestand sie noch aus Holz-Palisaden. Berühmte Krieger waren die Augsburger zwar nicht, dafür aber geschickte Kaufleute und Handwerker und sie wussten um den Schutz von Stadtmauern, Gräben und Wällen. Viel ist von der einst imposanten Anlage um die Innenstadt leider nicht übriggeblieben, etwa 20 Prozent, was insgesamt eine Gesamtlänge von vier Kilometern ausmacht, dazu kommen noch fünf alte Stadttore und Bastionen. Aber tolle Zeugnisse von einst sind sie dennoch und in jedem Fall wert, sie zu besuchen.

Zu unserer Sightseeingtour durch die Augsburger Innenstadt gibt es dann auch seitens des Wettergotts besonderen Zuspruch. Blauer Himmel und Temperaturen bis fast 20 Grad werden uns begleiten. Bereits zum geplanten Start um 10 Uhr können wir uns aller Wärmeklamotten entledigen und brauchen auch im Rucksack nichts mittransportieren, es sind keine Störungen vorhergesagt. Allenfalls am späteren Nachmittag ein paar Schleierwolken. Etwas verzögert sich unser Start noch, Frank ist noch unterwegs und kommt ein paar Minuten später. Wir warten natürlich. Wir das sind heute insgesamt 9 Starter darunter mit Judith eine einzige Starterin.

3-2-1 und los geht’s. Vom Treffpunkt am Weitmannsee sind wir nach 500 Metern am Lech. Klaus, Stefan, Kirill und Frank ziehen gleich davon, dann folgt Charly. Judith, Andreas, Greppi und ich lassen es etwas ruhiger angehen. Die Anlaufstrecke bis zum Hochablass ist fast immer gleich, es geht ufernah am Lech entlang bis zum Hochablass, den wir nach 7 km erreichen. Hier wechseln wir über auf die Westseite und durchlaufen die Olympische Kanuslalomstrecke von 1972, vielleicht ja auch wieder 2036 oder 2040, falls die Münchner Bewerbung Gehör findet. Ich bin etwas verwundert, obwohl die AZ diese Woche noch schrieb, es gibt derzeit zu wenig Wasser für den Eiskanal und auch die nächsten Rennen in ein paar Wochen sind stark gefährdet, ist davon nichts zu sehen, die Sportler*innen sind fleißig am Trainieren.

Erstmals führt uns eine kleine Schleife Richtung Spickel und von dort wieder zurück an die Hochzoller Lechbrücke. Da taucht Greppi plötzlich vor uns auf. Er hat sein Handy mit der Komoot-App noch nicht an, aus Angst der Akku reicht ihm nicht. Die unbewusste 500 Meter Abkürzung muss er später wieder reinholen. Am Osramsteg wechseln wir wieder die Flussseite. Die Flosslände bietet sich dazu an, die Wasserflasche aufzufüllen, wovon Judith Gebrauch macht.

Nach 14 km sind wir an der MAN-Lechbrücke. Wir wechseln wieder die Lechseite und erreichen kurz darauf in der Thommstraße den Namensgeber unseres Marathons. Das längste zusammenhängende Stück der „City Wall“ liegt gleich am Anfang vor uns. Vor uns liegt hier auch die Bastion am Lueginsland. Sie ist eine der am besten erhaltenen Festungen der Stadt. Im Mittelalter war sie häufigen Belagerungen ausgesetzt, da sie strategisch von Bedeutung war. Über Jahrhunderte hinweg wurde sie mehrfach schwer beschädigt. Der Name leitet sich aus den süddeutschen Dialekten ab: „Lueg ins Land“ bedeutet bei uns Schwaben so viel wie „Schau ins Land". Diesen Namen bekam das Bollwerk wegen seiner exponierten Lage auf dem höchsten Punkt der Augsburger Hochterrasse. Durch ein Tor in der Stadtmauer gelangen wir hinauf auf den tollen Aussichtspunkt, heutzutage befindet sich hier ein Biergarten, der ist aber noch nicht geöffnet.

Über schmale Treppenstufen gelangen wir wieder nach unten auf die Herwartstraße, sie führt unterhalb der Mauer entlang. Über den Stephingerberg geht es weiter zum „Stoinernen Ma“, einer Steinfigur zu Ehren eines städtischen Helden, der einer Legende zufolge im Dreißigjährigen Krieg, während der Jahre 1634/35 den Feind mit einer List verwirrte. Die lebensgroße Steinfigur stellt einen einarmigen Bäcker mit einem Laib Brot und einem Schild dar. Der Sage nach handelt es sich um „Konrad Hackher“, der während der Belagerung der Stadt aus Sägemehl Brote gebacken und für die Belagerer deutlich sichtbar über die Stadtmauer in den Graben geworfen haben soll. Der Eindruck, in Augsburg gäbe es noch so viel Brot, dass man es über die Mauer werfen könne, soll die Belagerer so demoralisiert haben, dass sie aus Wut nach ihm mit einer Armbrust schossen. Ein Treffer riss ihm den Arm ab, bald darauf brachen sie die Belagerung ab.

Unmittelbar danach laufen wir über die Schwedenstiege abwärts zum Oblatterwall. Er bildet die Nordgrenze der Jakobervorstadt. Hier liegt die Augsburger Kahnfahrt, ein traditionelles Restaurant mit Biergarten und Bootsvermietung. Auf dem Äußeren Stadtgraben kann man seit mehr als hundert Jahren einen Abschnitt mit Booten befahren. Gleich daneben liegt der Fünfgratturm, der im Augsburger Volksmund auch „Fünffingerlesturm“ genannt wird. In diesem Abschnitt wurde die Stadtmauer bereits abgetragen.

Munich Urban Trail
Marathon am Lech A
Marathon am Lech B


 
   
   
 
 

Nach knapp 17 km erreichen wir das Jakobertor, das heute inmitten einer Fahrbahn liegt. Es stammt aus dem 14. Jahrhundert und ist eines von fünf noch existierenden Augsburger Stadttoren. Im Jahr 1806 wurde Augsburg bayerische Garnisonsstadt und die Festungsanlagen gingen in Staatseigentum über. Der Staat nahm keine Instandhaltungsarbeiten mehr an den Anlagen vor. Kurz darauf wurden bereits erste Tore im Inneren der Stadt abgebrochen. Die Stadt kaufte die Anlagen zurück und begann weiter mit der Niederlegung. 1867 fielen die ersten Mauerabschnitte, beim Jakobertor regte sich aber bei der Bevölkerung Widerstand gegen den Abbruch, sodass dieses erhalten blieb. Wir überqueren an der Ampelanlage die Straße und gelangen in den Jakoberwall.

Etwas unterhalb der Straße können wir neben dem früheren Stadtgraben wunderbar im Grünen laufen. 1908 wurde der Jakoberwall in eine öffentliche Grünanlage umgewandelt. Am Anfang liegt rechts von uns auf einer Erdaufschüttung die ebenfalls noch erhaltene Bastion Jakoberwall, die Anlage mit einem dreigeschossigen Wehrturm wurde von 1540 bis 1542 errichtet. Man könnte auch schön darüber laufen, nach Prüfung wollte ich es aber den Teilnehmer*innen doch ersparen. Eine lange Alurutsche führt u.a. wieder vom Hügel runter, das hätte aber schon irgendwas gehabt.

Wenig später sind wir schon an einem weiteren Stadttor. Das Vogeltor diente früher als Einlass in die Jakobervorstadt und wurde 1445 erbaut. Für mich ist es so etwas wie Heimat, direkt daneben auf dem Gelände der heutigen City Galerie habe ich meine Lehre begonnen und anschließend 24 Jahre meines Berufslebens verbracht und es so praktisch täglich vor Augen gehabt. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Turm im Februar 1944 schwer getroffen und brannte aus, nur der gotische Torbogen blieb unbeschädigt. Bis 1954 baute die Stadt es wieder auf.

Über die Geschichte des Vogeltors gibt es eine nette Anekdote: Als der Neubau 1445 durch die Mitglieder des Stadtrates abgenommen werden sollte, behauptete ein Repräsentant der Stadt, das Tor und dessen aufgesetzter Turm seien schief. Da dem Baumeister in der Not keine andere Möglichkeit einfiel, stieg er auf den Turm, streckte seinen Hintern aus einem der Fenster und verrichtete sein „Geschäft“. Dieses fiel im Lot herunter und berührte nicht die Wand, so dass die korrekte Bauweise erwiesen war. An dieses Ereignis erinnern auch zwei Steinfiguren an der Wand des Torturmes.

Unterhalb der Forsterstraße können wir am Inneren Stadtgraben entlanglaufen, er führt uns in die Rote-Torwall-Anlagen. Nach einer Schleife durch die Grünanlagen passieren wir hinterhalb der heutigen Freilichbühne das Rote Tor, das nach seinem charakteristischen roten Anstrich benannt ist. Der Rote Torwall ist die noch am größten erhaltene Festungsanlage der Stadt. Von der Bastion ist noch die zweigeschossige Brücke über den Stadtgraben erhalten. Die untere Ebene ist das Aquädukt, über das Brauch- und Trinkwasser in die Stadt geleitet wurde. Es stehen auch noch einige der alten Wassertürme.

Durch einen Fußgängertunnel verlassen wir die geschichtlichen Überbleibsel mit der City Wall, den Türmen, Bastionen und Befestigungsgräben von Augsburg und bewegen uns Richtung Siebentischwald. Unsere Gruppe hat sich bis hier viel Zeit gelassen, jetzt möchte ich doch noch etwas schneller laufen. Auf Höhe des Zoos setze ich mich von Andreas, Judith und Greppi ab und trete die Flucht nach vorne an. Unter 6 Stunden wäre für mich schon noch ein Ziel für heute und da muss ich einen Zahn zulegen.
Genau zur Halbzeit erreiche ich den Stempflesee, der künstliche See wurde zu Erholungszwecken direkt neben der damaligen Ausfluggaststätte „Zu den sieben Tischen“ angelegt, woher der Siebentischwald auch seinen Namen hat. Es ist bei dem sonnigen Wetter hier traumhaft schön, wir dürfen ihn fast komplett umrunden.

Fast genau 10 km lang ist der Ausflug durch den Siebentischwald. Mit etwas Abstand an Siebenbrunn vorbei gelangen wir wieder an den Lech und zum letzten Lechwehr auf Höhe des Auensees. Der Planet hat gehörig aufgeheizt, ich denke es wird an die 20 Grad haben. Oberhalb des Lechufers geht es wieder zurück zum Hochablass. Bevor ich ihn überqueren darf, ist noch einmal eine Runde am Eiskanal zurückzulegen. Am Kuhsee stauen sich wie immer bei schönem Wetter die Menschenmassen vor den Kiosken. Mir reichen meine mitgeführten Getränke locker, so brauche ich keinen Stopp mehr einzulegen und dafür anstehen.

Am Lechdamm führt der Weg bis kurz vor den Auensee, den wir anschließend auch noch umrunden. Bei unseren letzten Marathon-am-Lech-Austragungen lag auf Höhe Weitmannsee bereits unsere Zielgerade, aufgrund von fehlenden Kilometern müssen wir ihn aber heuer noch komplett oberhalb seiner Südseite umrunden. Zum Schluss wird’s bei mir und auch bei einigen anderen nochmals eng mit den geforderten 42,2 Kilometern. Die Uhren zeigen halt alle etwas unterschiedlich an und obwohl mein gestellter GPX-Track sogar etwas großzügiger konstruiert war, fehlen nicht nur mir ein paar hundert Meter. So bleibt nichts anderes übrig, als noch ein paar Schleifen auf dem Parkplatz zu drehen, damit alles seine Ordnung hat.

Wieder einmal der Schnellste – wie schon bei der letzten Austragung – war heute Klaus, zeitgleich mit Stefan sind sie die Sieger beim „City Wall“ mit 4:28 h. Kurz danach trifft Kirill ein, der etwas enttäuscht ist, er hatte sich eine schnellere Zeit vorgestellt. Überraschenderweise bin ich dann der nächste. Charly kann ich noch überholen, während er seine „Zusatzmeter“ auf dem Parkplatz dreht, bedingt durch ein paar „abenteuerliche“ Schlenker im Siebentischwald. Judith und Andreas haben auf dem Schlussabschnitt auch nochmal Gas gegeben und kommen bald dahinter. Frank kommt nach krankheitsbedingtem Trainingsrückstand noch etwas später. Besonderen Respekt hat sich Greppi verdient, nach zweieinhalbjähriger Pause, vielen Krankheiten und seiner Epilepsie-Diagnose, kann er wieder einen Marathon finishen. Chaupeau!

Bei der 8. Auflage des Marathon am Lechs im nächsten Jahr werde ich dann noch eine Schippe drauflegen, unter dem Motto "Historic Route" wird es noch eine zweite Schleife durch die City geben und dabei die restlichen Highlights von Augsburg passiert.

 
   
   
   
   
   
 
Bernie
Charly
Greppi
5:53:34
6:00:30
7:07:01
 
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