Das Motto des 7. Marathon am Lech lautet heuer „City Wall“ und führt uns vorbei an den noch verbliebenen intakten Bereichen der historischen Augsburger Stadtmauer, deren heutiger Stand ab dem 13. Jahrhundert erbaut wurde, zuvor bestand sie noch aus Holz-Palisaden. Berühmte Krieger waren die Augsburger zwar nicht, dafür aber geschickte Kaufleute und Handwerker und sie wussten um den Schutz von Stadtmauern, Gräben und Wällen. Viel ist von der einst imposanten Anlage um die Innenstadt leider nicht übriggeblieben, etwa 20 Prozent, was insgesamt eine Gesamtlänge von vier Kilometern ausmacht, dazu kommen noch fünf alte Stadttore und Bastionen. Aber tolle Zeugnisse von einst sind sie dennoch und in jedem Fall wert, sie zu besuchen.
Zu unserer Sightseeingtour durch die Augsburger Innenstadt gibt es dann auch seitens des Wettergotts besonderen Zuspruch. Blauer Himmel und Temperaturen bis fast 20 Grad werden uns begleiten. Bereits zum geplanten Start um 10 Uhr können wir uns aller Wärmeklamotten entledigen und brauchen auch im Rucksack nichts mittransportieren, es sind keine Störungen vorhergesagt. Allenfalls am späteren Nachmittag ein paar Schleierwolken. Etwas verzögert sich unser Start noch, Frank ist noch unterwegs und kommt ein paar Minuten später. Wir warten natürlich. Wir das sind heute insgesamt 9 Starter darunter mit Judith eine einzige Starterin.
3-2-1 und los geht’s. Vom Treffpunkt am Weitmannsee sind wir nach 500 Metern am Lech. Klaus, Stefan, Kirill und Frank ziehen gleich davon, dann folgt Charly. Judith, Andreas, Greppi und ich lassen es etwas ruhiger angehen. Die Anlaufstrecke bis zum Hochablass ist fast immer gleich, es geht ufernah am Lech entlang bis zum Hochablass, den wir nach 7 km erreichen. Hier wechseln wir über auf die Westseite und durchlaufen die Olympische Kanuslalomstrecke von 1972, vielleicht ja auch wieder 2036 oder 2040, falls die Münchner Bewerbung Gehör findet. Ich bin etwas verwundert, obwohl die AZ diese Woche noch schrieb, es gibt derzeit zu wenig Wasser für den Eiskanal und auch die nächsten Rennen in ein paar Wochen sind stark gefährdet, ist davon nichts zu sehen, die Sportler*innen sind fleißig am Trainieren.
Erstmals führt uns eine kleine Schleife Richtung Spickel und von dort wieder zurück an die Hochzoller Lechbrücke. Da taucht Greppi plötzlich vor uns auf. Er hat sein Handy mit der Komoot-App noch nicht an, aus Angst der Akku reicht ihm nicht. Die unbewusste 500 Meter Abkürzung muss er später wieder reinholen. Am Osramsteg wechseln wir wieder die Flussseite. Die Flosslände bietet sich dazu an, die Wasserflasche aufzufüllen, wovon Judith Gebrauch macht.
Nach 14 km sind wir an der MAN-Lechbrücke. Wir wechseln wieder die Lechseite und erreichen kurz darauf in der Thommstraße den Namensgeber unseres Marathons. Das längste zusammenhängende Stück der „City Wall“ liegt gleich am Anfang vor uns. Vor uns liegt hier auch die Bastion am Lueginsland. Sie ist eine der am besten erhaltenen Festungen der Stadt. Im Mittelalter war sie häufigen Belagerungen ausgesetzt, da sie strategisch von Bedeutung war. Über Jahrhunderte hinweg wurde sie mehrfach schwer beschädigt. Der Name leitet sich aus den süddeutschen Dialekten ab: „Lueg ins Land“ bedeutet bei uns Schwaben so viel wie „Schau ins Land". Diesen Namen bekam das Bollwerk wegen seiner exponierten Lage auf dem höchsten Punkt der Augsburger Hochterrasse. Durch ein Tor in der Stadtmauer gelangen wir hinauf auf den tollen Aussichtspunkt, heutzutage befindet sich hier ein Biergarten, der ist aber noch nicht geöffnet.
Über schmale Treppenstufen gelangen wir wieder nach unten auf die Herwartstraße, sie führt unterhalb der Mauer entlang. Über den Stephingerberg geht es weiter zum „Stoinernen Ma“, einer Steinfigur zu Ehren eines städtischen Helden, der einer Legende zufolge im Dreißigjährigen Krieg, während der Jahre 1634/35 den Feind mit einer List verwirrte. Die lebensgroße Steinfigur stellt einen einarmigen Bäcker mit einem Laib Brot und einem Schild dar. Der Sage nach handelt es sich um „Konrad Hackher“, der während der Belagerung der Stadt aus Sägemehl Brote gebacken und für die Belagerer deutlich sichtbar über die Stadtmauer in den Graben geworfen haben soll. Der Eindruck, in Augsburg gäbe es noch so viel Brot, dass man es über die Mauer werfen könne, soll die Belagerer so demoralisiert haben, dass sie aus Wut nach ihm mit einer Armbrust schossen. Ein Treffer riss ihm den Arm ab, bald darauf brachen sie die Belagerung ab.
Unmittelbar danach laufen wir über die Schwedenstiege abwärts zum Oblatterwall. Er bildet die Nordgrenze der Jakobervorstadt. Hier liegt die Augsburger Kahnfahrt, ein traditionelles Restaurant mit Biergarten und Bootsvermietung. Auf dem Äußeren Stadtgraben kann man seit mehr als hundert Jahren einen Abschnitt mit Booten befahren. Gleich daneben liegt der Fünfgratturm, der im Augsburger Volksmund auch „Fünffingerlesturm“ genannt wird. In diesem Abschnitt wurde die Stadtmauer bereits abgetragen. |