27.10.2013 Trail Marathon Heidelberg
Autor: Andreas Greppmeir Bericht auf marathon4you.de
Bericht auf
 
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Schon Anfang des Jahres hörte ich von einem neuen Marathon, dem Trail Marathon Heidelberg. Herrlich – Höher – Härter. Das war der Slogan, der meine Aufmerksamkeit erweckte und kurz darauf war ich auch schon angemeldet.

Heidelberg hatte ich noch in guter Erinnerung, vor etwa zehn Jahren besuchte ich zusammen mit Silke ein Formel 1 Rennen auf dem Hockenheimring und eigentlich wollten wir im Auto nächtigen, doch da es ziemlich heiß war, verschlug es uns nach Heidelberg, wo wir noch eine Übernachtungsmöglichkeit fanden. Dort hatten wir auch noch etwas Zeit die Altstadt zu erkunden und die blieb im Gedächtnis.

Also fuhr ich zusammen mit Bernie, der sich die Gelegenheit einer Trail-Premiere natürlich auch nicht entgehen lassen wollte nach Heidelberg. Nach ein paar Extrarunden durch die verwinkelte Altstadt hatten wir schließlich unser Hotel gefunden. Eine tolle Aussicht über die Stadt und auf das Heidelberger Schloss hatten wir gleich mitgebucht. Im Internet wurde uns zuvor übrigens Regenwetter versprochen, doch keine Wolke trübte an diesem Tag den Heidelberger Himmel. Ideal um erst mal den Blick vom Balkon zu genießen. Wenig später machten wir uns dennoch auf, um die Marathonmesse zu suchen. Relativ schnell hatten wir unsere Startunterlagen und nun Zeit noch etwas zu unternehmen. Wir entschlossen uns das Heidelberger Schloss zu besuchen und konnten so beim Aufstieg schon mal einen Eindruck von der Heidelberger Bergwelt gewinnen.

Das Heidelberger Schloss ist eine der berühmtesten Ruinen Deutschlands und das Wahrzeichen der Stadt Heidelberg. Bis zu seiner Zerstörung im Pfälzischen Erbfolgekrieg war es die Residenz der Kurfürsten von der Pfalz. Seit den Zerstörungen durch die Soldaten Ludwigs XIV. 1689 und 1693 wurde das Heidelberger Schloss nur teilweise restauriert. Die Schlossruine aus rotem Neckartäler Sandsteinerhebt sich 80 Meter über dem Talgrund am Nordhang des Königstuhls und dominiert von dort das Bild der Altstadt. Der Ottheinrichsbau, einer der Palastbauten des Schlosses, gehört zu den bedeutendsten deutschen Bauwerken der Renaissance. Wir waren wirklich beeindruckt, von diesem tollen Bau und genossen auch noch kurz die Aussicht von dort oben. Zudem versuchten wir schon mal auszuloten, wie denn die Strecke am morgigen Tag ungefähr verlaufen könnte. Der Schlossgarten war jedenfalls schon mal Teil der Strecke.

Anschließend kam Hunger auf. Wie wir auf dem Weg zur Marathonmesse schon feststellen konnten, reiht sich in der Heidelberger Altstadt Kneippe an Kneippe. Da sollte sich für uns doch etwas finden. Doch wir hatten die Rechnung nicht mit den rund 40.000 Heidelberger Studenten und den zahlenmäßig kaum unterlegenen Touristen, überwiegend japanischer Herkunft, gemacht. Die Kneipen waren voll und so landeten wir schließlich bei „Pizza Hut“.

Frisch gestärkt machten wir uns dann auch bald auf den Rückweg ins Hotel, wo wir noch kurz die Ausstattung für den morgigen Lauf bereitlegten und schließlich noch den Wetterbericht im Ersten anschauen wollten. Was für ein Glück für Bernie, dass er bereits schlummerte, als das Wetter für den Sonntag verkündet wurde. Regen, Sturmböen und der Hinweis, dass man Wälder möglichst meiden sollte. Spaßvögel … rund 80 Prozent des Trail Marathons verlaufen durch den Wald. Da Bernie ja diese Prognose verpennt hatte, schlief er deutlich ruhiger als ich. Im Laufe der Nacht ging über Heidelberg ein Gewitter nieder, das allerdings ich verschlafen sollte, doch Bernie berichtete mir gleich am Morgen davon. Allerdings war der Himmel schon wieder blau und die Hoffnung, dass der Wetterbericht sich ja geirrt haben könnte, keimte auf.

Das Schloss vom Hotelzimmer aus.   Posing   Der "Affe" an der Alten Brücke
Schlossruine   Die Alte Brücke von oben   Schloss bei Nacht
Pünktlich um neun Uhr standen wir schließlich am Start. Es war etwas frisch, aber trockenes und ideales Laufwetter. Die ersten drei Kilometer verliefen flach durch die Heidelberger Altstadt, die wir am Tag zuvor ja schon erkundet hatten. Über die „Alte Brücke“, die mit etwa zweihundert Metern Länge den Neckar überspannt und zu den bedeutendsten Sehenswürdigkeiten der Stadt zählt, wurden wir in den östlichen Teil der Stadt geführt. Kurz liefen wir dann noch am Neckar entlang in westlicher Richtung. Dort traf ich dann schon auf Bernie. Er war rund eine Minute vor mir gestartet, da wir leistungsentsprechend in Startblöcke eingeteilt wurden. Reporter Bernie durfte ganz vorne starten, um möglichst viele tolle Bilder machen zu können.

Durch ein nettes Wohnviertel ging es nun steil nach oben in Richtung Philosophenweg. Der etwa zwei Kilometer lange Philosophenweg liegt direkt gegenüber dem Schloss Heidelberg und bietet immer wieder tolle Ausblicke auf die Stadt und das darüber thronende Schloss. Vorbei an der Bismarkssäule bei Kilometer 5 kämpften wir uns nun weiter den Michaelsberg nach oben. Ich fühlte mich an diesem Tag erstaunlich gut, was sich auch darin bemerkbar machte, dass ich Bernie nicht aus den Augen verlor und das obwohl es stetig bergauf ging. Weitere zwei Kilometer später erreichten wir die nächste Sehenswürdigkeit auf unserer langen Tour.

Die Thingstätte ist ein Freilichttheater aus der Zeit des Nationalsozialismus und wurde den antiken griechischen Theatern nachempfunden. Die 56 Zuschauerreihen bieten Platz für 20.000 Menschen. Die Stufen zwischen den Zuschauerreihen galt es nun zu erklimmen, denn wir wollten ja weiter und so ließen wir den Heiligenberg mit seiner Thingstätte auch bald hinter uns. Breite Waldwege auf den nächsten Kilometern ließen sich schön laufen und ich kam auch bald mit einigen anderen Läufern ins Gespräch.

Lange begleitete ich Jörg und Anke aus Hamburg und wir tauschten unsere Lauferfahrungen aus. Für mich nicht vorstellbar, klagte Anke über zeitweisen Druck in den Ohren bei den Aufstiegen und das obwohl wir uns momentan nur auf rund 400 Metern Höhe befanden. Da liegt Hamburg halt deutlich tiefer und offensichtlich machte sich selbst diese geringe Höhe bei ihr schon bemerkbar. Trotzdem hatten wir unseren Spaß und Anke ließ sich auch nicht wirklich an dem Ohrendruck stören. In unsere Gespräche vertieft, erreichten wir schließlich Kilometer 17 und den zweithöchsten Punkt der Strecke. Der „Weiße Stein“ ist ein 548 Meter hoher Berg nördlich von Heidelberg. Der Odenwaldclub hatte dort 1906 einen etwa 20 Meter hohen Aussichtsturm errichtet, der auch heute noch bestiegen werden kann. Doch dafür war für uns heute keine Zeit. Auch den Fernmeldeturm, der mich kurz an den Blender in Kempten erinnert, lassen wir links liegen.

Die nächste Verpflegungsstation war somit ja auch erreicht und erst mal wichtiger. Frisch gestärkt ging`s weiter und am Ende der Verpflegungsstation überlief ich die erste Kontrollmatte. Zwei Stunden und 13 Minuten war ich bis hierhin unterwegs und lag gut im Plan. In zwölf Kilometern sollte nämlich die nächste Kontrollmatte kommen und die war gleichzeitig auch ein Cut-Off. Viereinhalb Stunden hatte man bis dahin Zeit, das sollte sich für mich locker ausgehen.
 
Greppi & Teddy   Nach der Alten Brücke   Philosophenweg
Thingstätte Erster Trail Turm auf dem Weißen Stein
 
Weiter verlief die Strecke wellig durch den Odenwald, bis es irgendwann merklich und dauerhaft bergab ging. Vorbei am Heidelberger Ortsteil Ziegelhausen ging es in Richtung Schlierbach und in Richtung Cut-Off. Mit etwa drei Stunden dreißig war ich deutlich davor und konnte meinen Weg fortsetzen. Dass die Cut-Off-Matte am Bahnhof von Schlierbach lag, war sicherlich kein Zufall. Wer das Zeitlimit nicht erreichte, konnte gleich mit dem Zug zurückfahren. Nun mussten wir wieder Höhenmeter machen, lag doch mit dem Königsstuhl der höchste Punkt der Strecke noch vor uns. Langsam und stetig ging es nach oben und ich hatte etwas Zeit zu rechnen. Würde ich ab nun nur noch spazieren gehen, würde ich auch innerhalb des Zeitlimits von sieben Stunden bleiben. Ein beruhigendes Gefühl, aber ich wollte ja laufen und nicht spazieren gehen.

Jörg und Anke hatte ich inzwischen verloren, Bernie war mir auch schon vor Kilometern enteilt, so dass ich nun wieder alleine unterwegs war. So ging es zügig voran und ich ließ auch die Kilometer 33 und 34 hinter mir. Schließlich lief ich mitten im Wald auf zwei Streckenposten zu, die vor einem Absperrband postiert waren. Weder links, noch rechts war jedoch ein Weg erkennbar. Eine Sackgasse war ja wohl kaum vorstellbar, aber wo ging`s hier bitte schön weiter? „Nach links bitte“, erklärte mir die nette Dame und ich wusste nun wo ich war. Die Himmelsleiter lag vor mir. Schon im Vorfeld war dieser Streckenteil immer besonders angepriesen worden. Das Highlight des Laufes. Spätestens hier würden wir die Heidelberger Romantik vergessen haben, hieß es. Auf dem mit Abstand härtesten Teil der Strecke sollte es über Naturstufen, Felskanten und Geröllsteine über 651 Stufen nach oben gehen. Dort erreicht man dann die Bergstation der Heidelberger Bergbahn auf 567 Metern Höhe.

Dass ich alleine für diesen Streckenabschnitt 24 Minuten brauchen würde, war mir zuvor nicht klar. Musste ich doch ab und zu tatsächlich stehen bleiben, um den Puls wieder nach unten zu bringen, zweimal setzte ich mich dazu sogar auf einen Stein, um wieder etwas zur Ruhe zu kommen. Immer wieder standen an diesem Streckenabschnitt Posten, die uns aufmunternde Worte zukommen ließen. Doch dafür hatte ich bald kein Ohr mehr. Aber es kam, wie es kommen musste. Nach gefühlt einer halben Ewigkeit war ich oben und genoss erst einmal die Aussicht von einer Aussichtplattform. Danach begab ich mich zurück auf die Strecke und lief durch ein kurzes Schneefeld, das als Gag am höchsten Punkt des Marathons aufgeschüttet worden war.

Ein Tourist, der offensichtlich mit der Bergbahn noch oben gefahren war, hatte sich scheinbar zuvor kundig gemacht und wusste, was wir hier treiben: „Wahnsinn. Was ihr hier leistet, ist phänomenal. Meinen Respekt!“ Ich bedankte mich ordentlich und die Brust schwoll wieder etwas an. Der Schmerz von der Himmelsleiter war vergessen. Jetzt wollte ich den Königsstuhl schnellst möglich hinter mir lassen. Es sollte nun bis ins Ziel ja fast nur noch bergab gehen. Auf der teils sehr steinigen Strecke war das Laufen nicht immer einfach, dennoch konnte ich noch ein paar Plätze gut machen. Ich schaute jedoch auch immer wieder auf die Uhr und rechnete. Unter sechs Stunden müssten drin sein und so nahm ich auch die kurzen Anstiege noch im Laufschritt. Das letzte Highlight der Strecke lag nun vor mir. Zum ersten Mal führt eine Laufveranstaltung durch den Garten des Heidelberger Schlosses. Gut, dass ich das gestern mit Bernie schon besichtigt habe, so brauche ich hier keine Zeit mehr zu verlieren und ich gebe Gas. Vor allem habe ich das Gefühl, dass die Strecke etwas länger als 42,2 Kilometer ist. Ich habe ja schon fast 42 Kilometer auf der Uhr, aber der Weg bis in die Altstadt und damit bis zum Ziel ist noch wesentlich weiter als die verbleibenden paar hundert Meter.

Pünktlich als ich den Schlossgarten verlasse, sollte der Wetterbericht recht bekommen und es begann zu regnen. Gut, dass ich meine Regenjacke schon vor etwa zehn Kilometern angezogen hatte, da mich der Wind ab und an frösteln ließ. Auf der letzten Gerade in der Altstadt gab dann auch der Himmel wirklich alles. Regen peitschte mir ins Gesicht und ich hatte hart mit dem Wind zu kämpfen. Doch das konnte mich nicht davon abhalten unter sechs Stunden zu bleiben, auch wenn meine Uhr letztlich 43,2 Kilometer anzeigte. Als ich glücklich und zufrieden meine Medaille in Empfang nahm, musste ich feststellen, dass ich den letzten Kilometer in knapp 5:30 zurückgelegt hatte und musste daher auch erst mal verschnaufen.

Kurz darauf traf ich Bernie in der Vorhalle der neuen Universität wieder. Dort hatten wir unsere Kleidersäcke zuvor abgegeben. Wir tauschten uns natürlich gleich über den Lauf aus und ich konnte feststellen, dass Bernie mir nur 25 Minuten abgenommen hatte. Die Himmelsleiter fand er im Übrigen nicht besonders anspruchsvoll. Naja, irgendwo müssen ja die Unterschiede liegen. Etwa eine halbe Stunde danach waren wir auch schon frisch geduscht und halbwegs erholt. Da es nun dauerhaft regnete und es absehbar auch nicht aufhören würde, entschlossen wir uns dazu, direkt nach Hause zu fahren. Auf dem Weg zurück zum Hotel traf ich noch kurz auf Jörg und Anke. Sie hatten den Lauf auch gut überstanden und man verabschiedete sich mit den besten Wünschen.

Auf der Rückfahrt kämpfte sich Bernie bei Regenwetter durch die überfüllten Autobahnen und auch der eine oder andere kurze Stau hinderte uns nicht, dass wir unserer Heimat immer näher kamen. Kurz vor Stuttgart quittierte allerdings Bernies Scheibenwischer unverhofft den Dienst. Etwas abenteuerlich verließen wir schließlich die Autobahn, da aufgrund des Regens kaum noch etwas zu erkennen war. Auf einem Tankstellenparkplatz studierten wir noch kurz das Handbuch von Bernies BMW, was uns auch nicht wirklich weiterhalf. Da Bernie – wohl durch eine innere Eingebung – seit kurzem ADAC-Mietglied ist, wurde halt einfach der Pannendienst verständigt. Innerhalb von einer Stunde würde dieser vor Ort sein hieß es. Na, was soll`s dachten wir und wollten in der Tankstelle einen Kaffee trinken gehen. Wir wollten das Auto natürlich nicht verlassen, ohne noch einmal den Scheibenwischerhebel zu betätigen und siehe da, er lief einwandfrei. Nachdem Bernie dem Pannendienst wieder abgesagt hatte, ging es – ohne Kaffee – weiter in Richtung Heimat. Ohne weitere Vorfälle kamen wir auch zu Hause an.

Zusammenfassend kann man sagen, dass der Trail Marathon Heidelberg ein wirklich toller Marathon ist, der bis auf die Himmelsleiter auch nicht übermäßig anspruchsvoll ist. Er ist mehr ein Landschafts-, als ein Trail-Marathon. Für eine Premiere verlief wirklich alles reibungslos und lässt auf weitere Ausgaben hoffen.
 
Himmelsleiter   Schlossbrunnen   Im Ziel
 
Bernie
Greppi
5:33:07
5:57:05

 
     
 
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