Für beide Trails gibt es unterschiedlich Startzeiten. Die „Experten“ werden um 10 Uhr losgelassen, 10 Minuten später folgen die „Beginner“. Den ersten Kilometer müssen wir bis zur Waldgrenze auf Teer zurücklegen mit einem ätzend nasskalten Gegenwind. Dann geht’s rein in den Wald und sofort ändern sich die Bedingungen. Der Wind hat keine Chance mehr und wir bekommen endlich auch super weiche Trails unter die Füße. In einem stetigen Wechsel zwischen leichten und gefälligen Steigungen und Gefällen durchqueren wir diesen ersten Waldabschnitt.
Nach knapp 5 Kilometern geht’s wieder raus aus dem bewaldeten Segment, bis zum Getränkeposten an einem Bauernhof bei km 7 ziehen wir über Feld- und Wirtschaftswege. Zwischendrin ist der Zusammenschluss von Expert- und Beginner-Trail, der einen anderen Einstieg aufweist. Greppi, Charly und ich liegen noch knapp hintereinander und können hier auch Jessi und Iris einsammeln.
Nach Durchqueren des Anwesens erreichen wir die Waldgrenze des Andechser Höhenweges. Bei klarem Wetter könnte man einige wunderschöne Ausblicke auf den Ammersee erhaschen. Heute müssen wir leider darauf verzichten. Die Pfade durch den Forst sind dafür heute fast optimal, weich und schlammig, also wie gemacht für uns Trailer.
Optischer und sportlicher Höhepunkt ist sicherlich die Passage durch den Ochsengraben. Eine Senke führt uns mit einem kurzen steilen Ab- und sofortigen Wiederaufstieg über einen schmalen Bach. Für die „Experten“ folgt eine fast zwei Kilometer lange Downhill-Passage auf einem gut zu laufenden Waldweg. 70 Höhenmeter verlieren wir dabei, hinunter zum tiefsten Punkt des Kurses, fast bis an den Ortsrand von Herrsching. Zwischendrin bei etwa km 9 erfolgt die Streckentrennung. Die Läufer auf dem kürzeren Trail haben ab hier noch ein guten Kilometer bis ins Ziel.
Ganz unten angekommen, führt uns eine Spitzkehre sofort wieder den Berg hinauf. Richtig steil beginnt der Aufstieg, unsere eben verlorenen Höhenmeter müssen wir dabei unverzüglich zurück erobern. Das war’s aber noch nicht für uns, das gleiche Spiel beginnt nochmals von vorne. Auf wechselhaften Bodenbelägen geht’s wieder runter fast bis zum Ammerseeufer. Die Aussicht auf den See bleibt uns aber immer noch verborgen.
Noch fehlen uns 2,5 km bis zum Zielbogen im Klosterhof. Der letzte Aufstieg beinhaltet nochmals 120 Höhenmeter. Stetig ansteigend führt dabei der Weg, oft recht wurzelig und matschig nach oben. Ein paar Asphaltmeter und ein erneutes kurzes Gefälle müssen am Ortsrand von Andechs hinter uns gebracht werden. Mit Blick auf die Wallfahrtskirche St. Nikolaus und Elisabeth beginnt das furiose Finale über steile Treppen hinauf auf den Heiligen Berg.
Warum spricht man eigentlich vom Heiligen Berg? Bereits im Altertum befand sich hier eine religiöse Kultstätte. Somit ist die Wallfahrt nach Andechs älter als das Kloster selbst und war auch eine der bedeutendsten im Spätmittelalter. Die Grafen von Dießen und Andechs-Meran gehörten zu den einflussreichsten Geschlechtern im Mittelalter. Auf ihrer um das Jahr 1100 errichteten Burg horteten sie einen Schatz an Reliquien und Heiligtümern, die teilweise noch aus den Kreuzzügen stammten.
Anfangs des 12. Jahrhunderts verloren sie alle Besitzungen an die verfeindeten Wittelsbacher, die die Burg wahrscheinlich auch 1246 zerstörten. Die Grafen von Andechs starben bald darauf aus und der Reliquienschatz war zunächst verschollen, wurde dann aber im Zuge von Wiederaufbauarbeiten in einem Versteck unter dem Altar der Kapelle wiederentdeckt. Daraufhin erhielt Andechs im Jahre 1388 den Ehrentitel „Heiliger Berg“ und die Wallfahrt wurde wiederbelebt. Im 15. Jahrhundert wurde an gleicher Stelle Kloster Andechs gebaut und von Mönchen besiedelt. Damit wurde die Grundlage für eine dauerhafte Betreuung der Wallfahrt gewährleistet. 1755 erhielt es seine jetzige barocke Form.
Direkt unter den Klostermauern und gegenüber des Bräustüberls ist der Trail beendet. Die Aussicht hat heute gefehlt, die Strecke war aber wieder ohne Fehl und Tadel. Der stetige Wechsel von auf und hat wieder riesen Spaß bereitet. Nächstes Jahr sind wir sicher wieder am Start. Leider kann man sich bei dem garstigen Wetter nicht besonders lange im Zielbereich aufhalten. Obst, Kuchen, warme Getränke und auch eine Auswahl der Klosterbrauerei stehen zur Verfügung. Besser schmeckt’s uns nach einem Kleiderwechsel direkt im warmen Bräustüberl, denn der Besuch gehört selbstverständlich auch dazu.
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