Mit über 1.100 Aufstiegsmetern liegen bereits der größte Teil hinter uns, ab Grasgehren geht es überwiegend abwärts. Nicht ungefährlich ist die Überquerung der Straße auf den Riedbergpass, daher auch gesichert durch einen Posten. Bei Bikern und Sportwagenfahrern ist die Passstraße wegen ihrer vielen Kurven sehr beliebt, wovon ich mir auf den nur wenigen Metern, schnell ein Bild machen kann. Ein grasgrüner Lambo und etliche hochmotorisierte Bikes frequentieren innerhalb einer Minute nach mir die Straße.
Anderthalb Kilometer später kommt die 21-km-Markierung, die Hälfte ist somit praktisch geschafft. Ich bin aber auch geschafft, die Luft ist raus und mein Akku ziemlich leer. Mein zu geringer Trainingszustand nach einer Laufpause rächt sich jetzt, so muss ich jetzt deutlich mehr Walking-Einheiten einlegen als mir lieb ist. Ich könnte es ja auch aufs hochsommerliche Wetter schieben, aber mich stört es nicht und möchte auch gar nicht darüber jammern. Ein schöner Trail führt uns weiter ins Lochbachtal. Nach etwa 22 km erreiche ich die Streckentrennung von Marathon und Ultra, für uns geht es nach links ins Tal, während die Strecke des Ultra Trail nach rechts, Richtung Hörnlepass führt.
Für die Teilnehmer beim Marathon beginnt ab hier praktisch auch der zweite Teil unseres Parcours. Nachdem der erste Abschnitt die meisten Aufstiegsmeter und auch viele Wechsel auf unterschiedlichem Terrain, davon auch diverse Trails beinhaltete, ist die zweite Hälfte doch deutlich einfacher und führt fast überwiegend nur noch über Asphalt und Schotterwege. Wegen dieser unterschiedlichen Bodenbeläge taucht in den Sozialen Medien oft auch die Frage auf, kann der Marathon auch mit Straßenschuhen gelaufen werden? Ich würde sagen, bei einem Wetter wie heute und ohne größere Regenfälle im Vorfeld, in jedem Fall. Sobald aber Regen vorhergesagt ist, oder die Strecke eh schon durchgeweicht ist, sollte man unbedingt Trailschuhe mit ausreichend Profil wählen.
Über 7,5 km zieht sich die schmale Teerstraße durch das Lochbachtal, dabei verlieren wir 450 Höhenmeter. Aber bevor das Gefälle beginnt, zieht sich die Straße nach der Marathonweiche erst noch für 2 km ganz schwach nach oben. In meinem derzeitigen Zustand ist mir hier gerade nicht mehr nach Laufen zumute. Am Scheitelpunkt, bevor es dann endlich abwärts geht, können wir uns an der Freiburger Alpe wieder versorgen. Anschließend kann ich leicht bergab doch wieder Fahrt aufnehmen und bis zur nächsten VP bei km 29,6 am Ausgang des Lochbachtals im Laufschritt durchziehen.
Nach dem Hirschsprung dürfen wir wieder den Asphalt verlassen, ein Waldabschnitt am Schwarzenberg führt uns wieder einmal in den Schatten. Die Verschnaufpause ist aber nur kurz, uns stehen mit dem Aufstieg zum Herrenberg die letzten Höhenmeter bevor. Die Passage ist zwar nur einen guten Kilometer lang und beinhaltet auch „nur“ etwa 80 Aufstiegsmeter, aber nach absolvierten 32 Kilometern, dazu bei 30 Grad gegrillt in der Sonne und auch noch mit einigen steilen Rampen versehen, wird der letzte Anstieg nochmals eine echte Herausforderung.
Auf einer Bank am oberen Waldrand des Herrenbergs gönne ich mir 30 Sekunden Pause und genieße kurz das traumhafte, sattgrüne Allgäuer Panorama. Meine Waden neigen zum Verkrampfen, ich muss mich zurückhalten. Hatte ich auch schon lange nimmer. Sachte abwärts geht es weiter bis zum Ortsanfang von Obermaiselstein, dort überqueren wir wieder die Passstraße.
Bis zur Iller folgen wir über 4,5 km der Weiler Ach. Der Gebirgsbach führt nur sehr wenig Wasser, aber es gibt einige schöne idyllische Stellen, wo sich auch größere Menge Wasser sammeln und hier können wir auch Personen beim Badevergnügen beobachten. Da könnte man schon auf dumme Gedanken kommen. Zwischendrin lindert eine Getränkestation meine Lust auf Nass.
Nach knapp 38 km läutet die Labestelle an der Iller unseren Schlussabschnitt ein, bis ins Ziel geht es nur noch an der Iller entlang. Wasser ist hier bereits knapp und sollte etwas rationiert werden, da noch viele auf der Strecke sind, höre ich einen Helfer klagen. Mir ist gerade Cola eh lieber, hiervon gibt es scheinbar noch keinen Engpass. Dazu wird auch noch jede Menge an Obst, darunter auch saftige Wassermelonen angeboten.
Nach 39,5 km wechseln wir über eine Brücke auf die andere Seite der Iller über. Kurz darauf folgt noch eine weitere Getränkestation. Auf einem Bierträger stehend bietet uns ein Helfer eine erfrischende Dusche mit einer Gießkanne an. Dem Angebot kann ich nicht Wiederstehen. Einfach herrlich. Erstmals seit langer Zeit, habe ich keine eigenen Getränke mitgeführt und ich habe sie auch nicht vermisst. Neun Versorgungsstationen waren für mich auch bei 30 Grad + vollkommen ausreichend.
Bereits in einem Kilometer Entfernung kann ich den Moderator im Zielbereich am Wonnemar vernehmen. Ein großartiger Endspurt ist mit meiner angeschlagenen Muskulatur heute nicht mehr drin, aber den Einlauf ins Ziel lasse ich mir laufend nicht nehmen. Das wäre dann aber auch fast in die Hosen gegangen, auf den letzten Schritten unterhalb des Zielbogens, macht mein Wadenmuskel kurz zu. Aber ich kann noch die Glückwünsche von Axel entgegennehmen und mich zur Medaillenüberreichung runterbücken. So lange war ich beim APM noch nie unterwegs, aber am Ende passts dann scho, schee wars trotzdem.
Zur Regeneration verziehe ich mich bald ins wohlig temperierte Außenbecken des Wonnemar. Nach einer halben Stunde hat sich meine Muskulatur wieder so weit normalisiert, dass ich den Zielbereich aufsuchen kann. Mit einigen Zielankünften von Ultra-Läuferinnen und -läufer trifft auch gerade der letztplatzierte des Marathons, samt Besenradler im Ziel ein.
Auch mit neuen Rekord-Teilnehmerzahlen war der 17. Allgäu Panorama Marathon wieder ein perfekt durchgeführtes Lauferlebnis und nicht umsonst ist er der beliebteste Marathon in Bayern. Ich war sicher noch nicht das letzte Mal hier. Kann dann auch gerne wieder so „angenehm warm“ sein. |