21.5.2016 Rennsteiglauf Marathon  
Autor: Andreas Greppmeir
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Endlich hat das ein Ende. Immer wieder musste ich mir anhören, dass es eine Schande sei, nicht auf dem Rennsteig gelaufen zu sein. Es hat sich für mich halt einfach noch nicht ergeben. Ehrlich gesagt haben mich auch die Geschichten um den Rennsteig immer etwas abgeschreckt. Die einen schlafen im Zelt, die anderen im Auto, wieder andere in der Turnhalle mit hundert anderen Laufverrückten. Nein, danke, das ist nichts für mich. Ich will ein ordentliches Bett und einen Fernseher zum Einschlafen. Doch dieses Jahr will ich es wissen. Zum Reinschnuppern gönne ich mir den Marathon.

Der GutsMuths-Rennsteiglauf ist fast so alt wie ich und wird seit 1973 jährlich Mitte Mai im Thüringer Wald ausgetragen. Es ist also in diesem Jahr die 44. Auflage. Beim Voting um den Marathon des Jahres landete der Rennsteiglauf zum wiederholten Male auf Platz Eins. Was ist dran am Mythos Rennsteiglauf? Es wird Zeit, dass ich mich damit befasse.

Es gibt den Supermarathon, der um 6:00 Uhr in Eisenach gestartet wird, um 07:30 Uhr werden in Oberhof die Halbmarathonis auf die Reise geschickt und schließlich um 09:00 Uhr startet der Marathon in Neuhaus am Rennweg. Eines haben alle drei Läufe gemeinsam: Das Ziel ist in Schmiedefeld. Es gibt auch noch Wanderungen über 17 und 35 Kilometer und selbstverständlich will auch die Zukunft des Rennsteigs gesichert sein, weshalb auch ein Junior-Cross nicht fehlen darf.

Bis hierhin habe ich schon mal alles richtig gemacht. Mit der Teilnahme am Marathon darf ich am längsten schlafen. Mitgekommen ist auch Bernie, der mit drei Teilnahmen am Supermarathon bereits Rennsteigerfahrung hat, die ich mir zu Nutze mache.
Die Startunterlagen bekommen wir am Freitag in Neuhaus. An der GutsMuths-Halle ist schon richtig was los. Die Wege sind kurz und wir haben schon bald unser Startersackerl in der Hand. Neben unserer Startnummer finden wir darin auch einen Gutschein für die Kloßparty, die in der GutsMuths-Halle schon am Laufen ist. Gleich sitzen Bernie und ich auch am Tisch und stärken und mit Kartoffelknödeln, ähm Entschuldigung, mit Klößen, Rinderroulade und Blaukraut. Die Portion ist zwar ganz ordentlich, aber eine echte Thüringer Bratwurst geht immer noch.

Am Samstag tobt in Schmiedefeld schon in aller Frühe der Bär. Zahlreiche Läufer sind auf den Straßen unterwegs, die Parkplatzsuche ist eine echte Geduldsprobe. Dass es auf dem Parkplatz eines Supermarktes noch reichlich Platz gibt, kommt mir zwar verdächtig vor, aber das Angebot ist verlockend. Und ein Glücksgriff, denn genau gegenüber ist die Haltestelle, von der aus wir mit dem Bus nach Neuhaus fahren wollen. Die Fahrt dauert rund eine dreiviertel Stunde.

An der GutsMuths-Halle in Neuhaus genehmigen wir uns noch ein kleines Frühstück, geben unsere Klamotten beim DHL-Mann ab und gehen zum Startbereich auf der Sportanlage. Das Wetter ist hervorragend. Das soll beim Rennsteiglauf meistens ja nicht so sein. Doch das ist mir heute erst mal sowas von egal. Ich genieße die Atmosphäre, während sich der Sportplatz um uns herum langsam aber sicher füllt. Auf einer Bühne gibt`s Blasmusik und begrüßende Worte durch Jürgen Lange, den Präsidenten des GutsMuths-Rennsteigvereins. Wenig später übergibt er das Mikrophon an Wolfgang Tiefensee, thüringischer Wirtschaftsminister, der auch noch ein paar Worte findet. Dann wird es ernst.

Das Prozedere vor dem Start ist ja legendär und ich habe fast das Gefühl, mancher Läufer ist nur deshalb hier. Zunächst einmal wird allen gratuliert, die heute Geburtstag haben. Dazu stimmt die Blaskapelle „Happy Birthday“ an und alle singen mit. Danach wird das „Rennsteiglied“ angestimmt, Thüringens heimliche Nationalhymne. Ich bin weder textsicher, noch sängerisch begabt, halte einfach meine Klappe und sauge die Stimmung auf. Wer denkt, dass es jetzt endlich auf die Strecke geht, entlarvt sich als Rennsteig-Rookie. Alle anderen wissen nämlich, dass jetzt der Schneewalzer kommt. Es wird untergehakt, geschunkelt und gesungen und getanzt. Da würde selbst Karl Moik vor Neid erblassen, denn die Stimmung im Musikanten-Stadl kommt da nicht mit.

Plötzlich setzen sich die über 3600 Menschen um mich herum in Bewegung und ich werde daran erinnert, dass es hier ja um den Rennsteig-Marathon geht. Schon nach wenigen Metern verabschiede ich mich unter dem Applaus hunderter Zuschauer aus dem Sportgelände von Neuhaus. Jetzt geht es im Ort erst mal heftig bergauf und ich muss gleich mal ordentlich schnaufen.

Schnell läuft man das erste Stück nicht und so höre ich, wie jemand gefragt wird: „Wieso heißt das eigentlich GutsMuths Rennsteiglauf“. „Wahrscheinlich ein Sponsor“, meint der Gefragte, bestimmt ein Wessi. Aber ich weiß selber noch nicht lange, dass Christoph Friedrich GutsMuths ein bekannter Pädagoge und so etwas wie ein Turnvater war. Sein Werk „Gymnastik für die Jugend“ von 1793 beruht auf dem Grundgedanken, die Körperbildung in den Schulunterricht zu integrieren.

Schon bald lassen wir Neuhaus hinter uns. Auf der für den Straßenverkehr gesperrten Bundesstraße 281 geht es stetig leicht bergab in Richtung Limbach. Wer auf dem Teer nicht laufen mag, kann auch einen Trailpfad nutzen, der parallel zur Bundesstraße verläuft. Kurz vor Steinheid erreichen wir bei Kilometer 5,8 die erste Verpflegungsstation an der Steinheider Hütte, dann sind wir auf dem Rennsteig.

Schon nach wenigen Metern im Wald kann ich am Streckenrand zwei bekannte Gesichter hinter ihren Kameras entdecken. Es sind Norbert Wilhelmi und Klaus Duwe. Kurz darauf werde ich von einem jungen Mitläufer angesprochen, der mich an meinem Shirt als M4Y-Reporter erkannte. „Du, sag mal, war das da hinten der Herr Duwe?“ Ich bestätigte seine Vermutung. Da bekommt er glänzende Augen und erzählt mir, dass sein allererstes Laufbuch das von Klaus (42 mal 42) ist. Er habe sich damals nicht vorstellen können, wie man so viel laufen kann.

 
Bernie & Greppi in Neuhaus Schunkelrunde mit Bernie Stimmung beim Rennsteiglied
Schneewalzer ist Tradition Es geht los Schön einrollen
...ein paar Fotos machen Der erste Schleim in meinem Leben ...und Stimmung

Über gut zu laufende Waldwege erreichen wir die kleine Ortschaft Limbach. An deren Ende wartet ein kurzer Anstieg auf uns, der uns zurück in den Wald bringt. Wir nähern uns schon der zweiten Verpflegungsstation bei Kilometer 10,6. Doch zuvor können wir noch den Dreistromstein bewundern. Der Dreistromstein markiert seit 1906 den Wasserscheidepunkt von Weser, Elbe und Rhein. Der Fuß ist mit Steinen aus diesen Flüssen gemauert: Granit aus der Elbe, aus der Weser Grauwacken und Quarz aus dem Rhein.

Kurz darauf finde ich mich am gut sortierten Verpflegungsstand ein. Ich betrachte das Angebot. Unübersehbar ist das Schild mit der Aufschrift SCHLEIM. Der Haferschleim gehört zum Rennsteig wie die Pizza zum Italiener und wer den Schleim nicht zumindest mal probiert hat, ist kein echter Rennsteigläufer. Im normalen Leben würde ich so ein Zeug einfach links liegen lassen und nicht auf die Idee kommen, es zu versuchen. Aber jetzt bin ich schon mal hier. Also greife ich mir einen Becher, setzte an und runter damit. Naja, mein neues Leibgericht wird das nicht. Sicherheitshalber spüle ich mit einer Cola nach, bevor ich mich weiter auf die Reise mache.

Die nächsten Kilometer führen immer tiefer rein in den Thüringer Wald. Dauernd läuft man in Gruppen. Bei 3600 Teilnehmern ist man nie allein. Die Stimmung unter den Läufern ist prächtig. Und noch nie habe ich bei einem Landschaftslauf mitten im Wald so viele begeisterte Zuschauer gesehen, wie hier. Es macht wirklich Spaß. Langsam aber sicher kommt sie bei mir an, die Faszination Rennsteiglauf.

Immer wieder geht es leicht bergab und zwischendurch auch mal wieder rauf. Schwere Anstiege sind nicht dabei, alles kann laufend bewältigt werden.
Wir nähern uns dem Eselsberg, mit 841 Metern der höchste Punkt des Marathons (km 18,3). Der Aussichtsturm Rennsteigwarte ragt aus dem Wald. Er ist 33 Meter hoch und bietet sicherlich einen tollen Rundumblick. 1974 wurde er errichtet, nachdem seine beiden hölzernen Vorgänger durch Sturm und Blitzschlag zerstört wurden. Die aktuelle Stahlkonstruktion sollte da schon haltbarer sein.

Die Verpflegungsstelle an der Turmbaude Massenberg ist wirklich beeindruckend, zahlreiche Stände sind aufgebaut und es gibt alles was das Herz begehrt. Natürlich auch Schleim. Ich wähle einen warmen Tee und genehmige mit dazu zwei Butterbrote mit Salz. Viele Läufer gönnen sich eine kurze Pause bevor es weitergeht. Bald haben wir ja die Hälfte geschafft. Ich fühle mich richtig gut. Wir laufen auf gewohnten Waldwegen weiter, bevor es auf einem richtig schönen Trail abwärts geht. Man kann es mal so richtig laufen lassen.

Vor einem kleinen Steg gibt es Stau. Auch in dem folgenden steinigen Hohlweg, an dem jeder Trailer seine Freude hat, geht es nur langsam vorwärts. Macht nichts, es ist eh Vorsicht angesagt. Am Ende erreichen wir die nächste Verpflegungsstation bei Kilometer 22,2 an der Schwalbenhauptwiese. Auch hier greife ich wieder zum Tee.
Die nächsten Kilometer verlaufen auf einer gesperrten Straße. Das Teilnehmerfeld teilt sich in Straßenläufer und Trailrunner. Die einen nehmen glatten Asphalt, die anderen den rustikalen Wiesenweg unter die Sohlen. Ich entscheide mich fürs Rustikale, ist doch viel schöner.

Neustadt erreichen wir bei Kilometer 28 und durchqueren die Ortschaft auf der Hauptstraße. Die zahlreichen mit grauen und schwarzen Schiefertafeln verkleideten Häuser sind vielleicht nicht jedermanns Geschmack, aber typisch für den Thüringer Wald. Am Ortsende finden wir noch eine Getränkestation, die ich nochmal dankbar in Anspruch nehme. Auf schmalen Pfaden laufen wir über Wiesen und durch Waldstücke, immer leicht wellig, aber ohne giftige Steigungen. Bei Kilometer 33,4 ist am Dreiherrenstein die nächste Verpflegungsstelle. Der Grenzstein ist einer von unglaublich vielen am Rennsteig. Irgendjemand hat sie mal gezählt und kam auf 1007. Dieser hier markiert den Grenzpunkt der Gemarkungen Masserberg, Fehrenberg und Goldisthal.
Nach einer kurzen Pause mache mich wieder auf den Weg. Ich möchte möglichst schnell den letzten Verpflegungspunkt erreichen, an dem der Veranstalter den Rennsteig-Läufern echtes Bier spendiert. Mit Tee und Apfelschorle bin ich jetzt durch.

Bis dahin haben wir aber noch den einen oder anderen Höhenmeter zu bewältigen. „Der Berg ruft!“, warnt ein Schild. Oh je, doch noch ein Anstieg, denke ich. Als ich den „Berg“ dann sehe, bin ich erleichtert. Ein eher leichter Anstieg liegt vor uns und wird alle zehn Meter mit einem Schild markiert. Schon bald habe ich den „Gipfel“ erreicht, von dem aus es nun wieder bergab geht.

Dann ist sie erreicht, die letzte Verpflegungsstelle im Frauenwald bei Kilometer 37,1. Erstmal bekomme ich einen Wanderstempel auf die Hand gedrückt, dann erst geht’s zum Bier. So gestärkt dürften die letzten fünf Kilometer kein Problem sein. Ein Gedenkstein spricht gar von „lumpigen Kilometern“. Na dann. Einerseits bin ich froh, bald im Ziel zu sein, anderseits aber auch etwas wehmütig. So groß ist der Spaß auf der Strecke. Auf den letzten Kilometern gibt es Plakate und Schilder mit motivierenden Sprüchen. Danke, gut gemeint, aber ich habe das heute nicht nötig.

Es läuft und so erreichen wir bald Schmiedefeld. In den Ort geht es deutlich bergab und ich gebe nochmal richtig Gas. Zahlreiche Zuschauer am Straßenrand applaudieren und quetschen aus mir noch mal das letzte heraus. Dann kommt der finale Anstieg bei Kilometer 41. Hunderte Zuschauer und Finisher stehen hier und feuern uns an. Da kann und will ich nicht nachlassen. Schließlich bin ich dann doch ziemlich abgekämpft, als die abschließende Sportplatzrunde ansteht.

Das ist also das berühmte Ziel in Schmiedefeld. Im Hintergrund sieht man wie aufgetürmt die Wohnwagen auf dem Campingplatz, links und rechts wie auf der Kirmes Imbiss- und Getränkestände. Dazu der Duft von Bratwurst, der Applaus hunderter Zuschauer und die Lobeshymnen des Sprechers für jeden Finisher. Herzlich willkommen im schönsten Ziel der Welt! So wird es behauptet und so empfinde ich es jetzt auch.

Mit der Medaille um den Hals kann ich kurz darauf auch mit Bernie abklatschen. Er ist eine viertel Stunde vor mir eingelaufen. Nach einer erfrischenden Dusche im riesigen Duschzelt sind wir schnell wieder erholt, gönnen uns Schwarzbier und Thüringer Bratwurst und legen uns zu den anderen Finishern auf der Wiese in die Sonne.

Ja, ich bin jetzt einer von ihnen. Ich bin jetzt Rennsteigläufer und gehöre zu einer riesigen Familie. Und ja, auch mich hat’s erwischt. Was um alles in der Welt hat mich so lange davon abgehalten, hier zu laufen?

 
Stau im Wald Bernie wieder vor mir Blasmusik
"Ein Berg"
Das schönste Ziel der Welt Jetzt bin ich ein Rennsteigläufer Noch etwas relaxen
 
Bernie
Greppi

5:10:57
5:25:53
 
 
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