23.6.2012 Zugspitz Ultratrail
Autor: Bernie Manhard  
 
 
ERGEBNISSE
Wintermarathon Leipzig
Thermen-Marathon
Rheinfall Marathon
Malta Marathon
Trail du Petit Ballon
Freiburg Marathon
Marathon des Sables
Défi des Seigneurs
Rennsteiglauf
Kopenhagen Marathon
Liechtenstein Marathon
Stockholm Marathon
Marathon du Vignoble
Zugspitz Ultratrail
Friedensmarathon
Allgäu Panorama M.
Karwendelmarsch
Jungfrau Marathon
Voralpen Marathon
Wörthersee Trail
München Marathon
Schwarzwald Marathon
Frauenfelder Marathon

Nach dem erfolgreichen Debüt 2011 wird der Zugspitz Ultratrail, kurz ZUT genannt, heuer zum zweiten Mal gestartet. Logische Konsequenz für mich und Jan, nach unserer letztjährigen Teilnahme beim kürzeren Supertrail, ist heuer der Sprung in die Königsklasse. Die Eckdaten und damit auch die Strecke sind im Vergleich zum Vorjahr nur geringfügig verändert und optimiert worden. Der Ultratrail kann jetzt mit der runden Summe von 100 km und 5.420 Höhenmetern in Auf- und Abstieg protzen.

100 Kilometer Entfernung können sich die meisten ja noch vorstellen, weil man sie mit dem Auto bequem fahren kann. Wie kann man sich aber bildlich die vertikale Distanz von 5.420 Höhenmetern vorstellen? Bergfreunde tun sich damit etwas leichter. Zwei Hauptrouten gibt es zur Gipfelbesteigung der Zugspitze, jede davon hat in etwa 2.200 Hm aufzuweisen. Somit liegen theoretisch zweieinhalb Zugspitz-Gipfelüberquerungen vor uns. In einem Rutsch, ohne Unterbrechung. Wanderer bewältigen die Umrundung des Wettersteingebirges für gewöhnlich in 3 – 5 Tagen mit Übernachtungen. Die Sollzeit für den ZUT liegt bei knapp 26 Stunden.

Wie sah meine Vorbereitung auf diese Gewalttour aus? Im Prinzip auch nicht anders wie auf einen normalen Marathon, nur ein paar zusätzliche Langdistanzen musste ich noch einbauen. So absolvierte ich in den letzten fünf Monaten beispielsweise sechs Marathons, zuletzt mit einem Doppeldecker (Sa. + So.) und drei Ultras. Alle bevorzugt schön bergig und letztere mit je 73 km. Insgesamt hat mir das über 10.000 Höhenmeter eingebracht. Ob’s reicht, wird sich zeigen, aber mehr ist für mich kaum möglich als Flachlandtiroler. Mein Gefühl ist aber positiv, ich fühle mich ausreichend gerüstet.

Etwas geht mir aber schon die Düse, das muss ich zugeben, ich bemerke recht deutlich wie mich die Strecke die ganze Woche über beschäftigt. Ist aber auch mein erster Hunderter und der darf schon für etwas Aufregung sorgen. Wie es der Zufall so will, so weist unsere Anfahrt: Augsburg – Garmisch, genau 100 km auf. Oh Mann, das ist schon etwas verrückt und da sind noch nicht mal die Bergüberquerungen dabei.

Nicht unterschlagen sollte man den Supertrail, der wirklich auch nicht von Pappe ist. Er entspricht mit 68,8 km und 3.120 Hm im Aufstieg und 3.480 Hm im Abstieg exakt der Letztjährigen Runde. Wir waren im Vorjahr total bedient nach dem Rennen und konnten uns schlecht vorstellen, noch eins draufzusetzen. Aber: „a bisserl was geht immer“!

Von Garmisch sind es noch 6 km bis ins Zugspitzdorf Grainau. Registrierung und Empfang der Startunterlagen finden in der Kurverwaltung, beim Zugspitzbad statt. Es gibt keine langen Anstehzeiten und kurz Entschlossene können sich heuer sogar noch nachmelden. Die Kosten für den Ultratrail liegen bei 110,- €, für den Supertrail bei 75,- €. Positiv zu vermerken ist die Tatsache dass es keine gestaffelten Preise gibt, sie bleiben für Frühanmelder bis zum Nachmelder identisch. Aber es gibt ein Teilnehmerlimit von 1.000 Läufer/innen, wenn das erreicht würde, hätten Nachzügler das Nachsehen. Die Voranmeldungen lagen heuer bei etwa 700 Wagemutigen.

Was wird alles geboten für’s Geld. Da wären z.B. beim UT ein hochwertiger Laufrucksack von Salomon, Gutschein für die Pasta Party, Medaille und Finisher-Shirt bei Zielankunft und ein 20 Euro-Gutschein von Sport Conrad, den man gleich anschließend auf der kleinen EXPO nebenan einlösen kann. Die Supertrailer bekommen anstatt Rucksack ein Teilnehmer-Shirt, Finisher-Shirt entfällt aber dafür.

Im Rahmen der Pasta Party findet ein Strecken-Briefing im Musikpavillon statt. Über den freien Platz ist eine Plane gespannt, man fühlt sich wie in einem großen Zelt. Vor der Einweisung gibt’s noch etwas Unterhaltung. Bayrisches Brauchtum wird gepflegt. Auf diversen Tischen platzieren sich die Grainauer Goaßlschnalzer und servieren uns eine kleine Kostprobe ihres Könnens. Aufstehen während der Darbietung ist ausdrücklich verboten, nicht dass einer skalpiert wird. Explizit weist Streckenchef Wolfgang Pohl beim Briefing darauf hin, dass die Pflichtausrüstung stichpunktartig kontrolliert wird. Wer nicht alles Vorgeschriebene dabei hat, wird diskussionslos nicht zugelassen.

Zur Ehrwalder Zugspitzbahn – Km 17,9 – Zeitlimit 12:00 Uhr

Um 7:15 Uhr wird gestartet. Mit vollgepacktem Rucksack stehen alle im Startblock. Meiner bringt mit Getränke fast 5 kg auf die Waage. Als Pflichtausrüstung im Rucksack mitzuschleppen sind u.a. Regenjacke, Wärmebekleidung, Stirnlampe samt Ersatzbatterien, 1,5 Liter an Getränken, Notfallausrüstung und Handy mit eingespeicherter Notfallnummer. Alles in allem bin ich der Meinung sind die Veranstalter aber heuer wesentlich ruhiger und entspannter am händeln als bei der Premiere, wo man z.B. auch schärfer kontrollierte. Ausserdem braucht heuer auch niemand ein Gesundheitszeugnis vor zu legen, es reicht eine Unterschrift.

Die ungerade Startzeit von 7:15 Uhr kommt daher, dass wir unmittelbar nach dem Start eine Bahntrasse queren und bei einem 7 Uhr-Start müssten womöglich einige vor verschlossener Schranke warten. Somit gleiche Möglichkeiten für alle. Mit einem ersten Start werden wir hinter einer Trachtenkapelle in den Ort geführt. Überholen auf Ausschluss verboten. Hier erfolgt der Restart und zugleich offizielle Start, die Zeitmessung wird erst jetzt in Gang gesetzt. Ein paar Meter flach auf der Teerstraße bis Hammersbach dienen zum Einrollen. Im Ort geht’s rechts ab den Berg hinauf. Zu Füßen der Waxensteine führt der Weg Richtung Höllentalklamm. Eine Horde Rindviecher erschrickt beim Anblick unserer Meute und ein paar mischen sich galoppierend unter uns Rindviecher und begleiten uns ein Stückchen, lustig anzuschauen.

Ein Höhenweg führt uns im Wald am Hang entlang Richtung Eibsee. Oberhalb der Eibsee-Alm ist die erste von 10 Verpflegungsstationen aufgebaut. Unter uns liegt die Talstation der Eibsee-Seilbahn. Mit ihr gelangt man von deutscher Seite auf das Gipfelmassiv der Zugspitze wo sich mit dem Schneeferner und Höllentalferner, zwei der wenigen deutschen Gletscher befinden. Bis Dezember 1962 wurde an der 4.500 Meter langen Seilbahn gebaut. Sie verläuft über zwei 65 und 85 Meter hohe Stützen und überwindet dabei 2.000 Höhenmeter. Eine peinliche Premiere gab es bei der Jungfernfahrt. Eine Blockade des elektronischen Bremssystems führte zu einem Abbruch der Eröffnung. Die Kabine mit den Ehrengästen blieb mitten auf der Strecke stecken.

Viel zu sehen von der Zugspitze gibt es für uns nicht, hoch oben liegt alles in den Wolken. Aber auch mit Sonne ist sie keine hervorstechende Erscheinung. Die Garmischer haben zu ihrem Wahrzeichen daher auch die Alpspitze erkoren. Als in den Himmel stechendes Dreieck sie ist eine Erhebung von geometrischer Schönheit. Die Zugspitze ist zwar der höchste, nicht aber der schönste Berg Deutschlands.

Auch für uns geht es jetzt steil, oftmals über Skipisten, meist im Gänsemarsch nach oben. Auf den nächsten 5 Kilometern sind 600 Hm zu erklimmen. Beinahe hätte ich den herrlichen Blick auf den Eibsee unter uns verpasst. Nur zufällig drehe ich mich einmal für ein Foto um. Vor ca. 3.700 Jahren verursachte ein gewaltiger Bergsturz den 15 km² großen Kessel, in dem der See mit seinen 8 Inseln heute liegt. Viel Zeit für Umherschauen bleibt nicht, der Anstieg pfeift schon anständig rein. Nach 14 km verlassen wir Bayern und überschreiten die Grenze nach Tirol.

Die zweite Labe (so schön nennt Herbert immer die VPs) bei Km 17,9 ist zugleich für alle Teilnehmer die erste Cut Off Station. Wer hier nach 4:45 Std. nicht durch ist, hat schon fertig. Aber das dürfte kaum einen vor Probleme stellen. Ich habe hier zwei Stunden Guthaben.

Zur Hämmermoosalm – Km 42 – Zeitlimit 18:00 Uhr

Meist steil bergauf und kräftezehrend geht es weiter. Eine erste leichte Krise deutet sich an, ich bin froh 10 Minuten Pause an V3-Pestkapelle einlegen zu können. Nach ordentlicher Brotzeit und Getränkeaufnahme sieht die Welt aber gleich wieder anders aus. Bis zum Feldernjöchl auf 2.045 m sind weitere 1.250 m im Aufstieg zu erkraxeln. Das auf leuchtend orange „Dangerous section“ mahnt uns zur Vorsicht. Die Schotter- und Schneepassagen am Hang haben es in sich, einmal ausrutschen und die Party geht ab …weit nach unten.

Belohnt werden wir mit grandioser Übersicht. Ja, aber wo ist sie, unsere Logo- und Namensgeberin? Wieder nix von ihr zu sehen. Die Zugspitze versteckt sich immer noch in den Wolken, dabei gäbe es doch so viel über sie zu erzählen. Ein bisserl was muss ich aber schon los werden. Ursprünglich hieß sie der Zugspitz. Zug wurden Lawinenhänge genannt. Lawinen brauchen keine Steilwand, sondern Rutschbahnen wie sie auf den oberen Bereichen des Massivs vorgefunden werden. Daher wurde Gipfelstürmern zu früheren Zeiten auch die Todesstrafe angedroht, im Falle eines Aufstiegs über diese Route.

Als Bayern 1806 zum Königreich ausgerufen wurde, war der höchste Punkt der Grenze zu Österreich immer noch nahezu unbekannt. Noch war niemand auf der Zugspitze und man kannte auch nicht ihre Höhe. Deshalb erließ König Maximilian I. den Befehl an sein Topographisches Bureau, die Zugspitze zu vermessen. An Leutnant Josef Naus wurde der Auftrag erteilt und er machte sich auf den Weg. Gut drei Monate später war es dann so weit. Nach acht Stunden erreichten er und drei seiner Begleiter am 27. August 1820 den Gipfel. Sie ermittelten schließlich eine Höhe von 2.962 Metern und gelten damit als die ersten Menschen auf der Zugspitze.

Ursprünglich gab es sogar drei Gipfel, einen Ost-, Mittel- und Westgipfel. Als einziger davon ist der Ostgipfel in seiner ursprünglichen Form erhalten geblieben. Der Mittlere fiel 1930 einer Seilbahnstation zum Opfer. 1938 wurde der Westgipfel gesprengt, um Platz für eine geplante Flugleitstelle der Wehrmacht zu schaffen, von hier aus sollte der Luftverkehr überwacht werden. Wurde aber nie gebaut.

Die Route zum Gipfel über’s Gatterl, dem bekannten Felsentor und südlichen Durchschlupf zum Zugspitzplatt, führt nach links hinunter. Wir bleiben auf dem Grat und arbeiten uns noch auf den höchsten Punkt unserer Strecke hinauf auf 2.200 m. Der liegt momentan auch leicht im Nebel.

Abwärts Richtung Steinernes Hüttl wird die Sicht wieder klar und wir tauchen ein, in eine bizarre Landschaft, in der sich grüne und ockerbraune Steilgrasflanken mit grauen Sand- und Schuttfeldern und dunkelgrünen Latschenfelder mischen. Auf der Naturbühne erster Klasse geht es 300 Hm abwärts, bevor wir zum nächsten Aufstieg ansetzen müssen.

Dazwischen liegt eine große Showbühne, gemeint ist damit ein massives Schneefeld, das es zu durchqueren gilt auf der Downhill Passage. Umlaufen ist nur mit größerem Umweg möglich. Vor mir läuft Belinda Holdsworth, sie schüttelt kurz den Kopf, setzt sich auf den Hosenboden und lässt es die fünfzig Meter wie auf einem Bob runter laufen. Richtig elegant löst Hansi Früh das Problem. Wie ein Surfer auf seinem Board gleitet er den Hang hinab. Hat er schon in seiner Kinderzeit so gemacht, erzählt er mir. Ich versuch es ihm nachzumachen, liege aber ruckzuck im Schnee. Man hat wirklich überhaupt keinen Halt auf dem noch leicht angefrorenen Schneeboden. Dieter Ladegast versucht es auch, landet aber ebenfalls schneller als er schauen kann auf dem Hintern und lässt dann einfach der Schwerkraft ihren Lauf. Ja, wirklich großes Kino hier auf der Schneebahn. Aber alle die ich beobachte kommen auch heil unten an und haben viel Spaß dabei.

Ab Rotmoosalm liegen wieder über 600 m Abstieg bis zur Hämmermoosalm vor uns. Teilweise auf kiesigen Rennbahnen, wo man es richtig laufen lassen kann, aber auch wieder durch viel schwieriges Gelände. Im unteren Teil wechseln wir das Terrain, es geht auf weichen Single-Trails durch den Wald. Nach 8 ½ Stunden treffe ich an V4 Hämmermoosalm ein. Mein Zeitvorsprung zum Zeitlimit beträgt somit 2:15 Std. Bisher läuft alles im Plan. Ich gönne mir 15 Minuten Erholung, nach der anstrengenden Abwärtspassage habe ich das auch bitter nötig.

Begrüßung in Grainau.
Goaßlschnalzer auf den Tischen.
Höhenprofil.
Letzter Check.
Wir freuen uns.
Los geht's.
Die Waxensteine vor Augen.
Erst noch ein paar Fotos.
Die Rindviecher mischen sich unter Ihresgleichen
Höllentalklamm.
Eibsee.
Unser Grenzübergang.
Über die Skipiste.
Nur noch 70 km.
Es wird gefährlich.
Herrliche Übersicht.
Gefährliche Passage über Schnee und Geröll.
Der Weg über's Gatterl auf die Zugspitze.
Rutschpartie.
 
  weiterlesen
   
HOME  | TERMINE | TRAINING | NEWS | GÄSTEBUCH | MEDAILLEN |  LINKS |  RUNNER | KONTAKT