Eigentlich
wollten wir ein ganz gemütliches Wellness-Wochenende machen
– zufällig nebenbei noch einen Halbmarathon laufen. Am
Anfang war es auch so nach unseren Vorstellungen: entspannte ICE-Zugfahrt,
anschließend im Bahnhof Stuttgart sofort rein in die Parfümerie
und erst mal Shoppen (alles natürlich Schnäppchen).
Dabei sind wir in so gute Stimmung gekommen, dass wir die 2 Kilometer
zum Hotel trotz Riesenhitze mit den Trollys gleich gelaufen sind
(wir sind ja Läufer und keine Weicheier!). Als es das letzte
Stück mächtig den Berg rauf ging, haben uns sogar die
Stuttgarter verwundert angeschaut – es wäre auch ein
Bus gefahren.
Endlich im Hotel haben wir uns sofort wieder auf den Weg gemacht
(aber jetzt mit den Öffentlichen) zur Hanns-Martin-Schleyer-Halle,
um unsere Unterlagen abzuholen. Das ging super schnell, alle waren
sehr freundlich und die Messe war zum Glück sehr überschaubar,
so dass wir ganz schnell durch waren. Anschließend gingen
wir gleich zur Maultaschen-Abfertigung, geschmeckt hat es uns nicht,
aber der Hunger….
Dann kam unser nächstes Shopping in der Königsstraße.
Sehr schön, auch so was gehört halt mal bei uns zu einem
Laufwochenende "der anderen Art". Petra war sehr erfolgreich
und heimste gleich ein Paar super schöne Clogs ein, die sie
sofort anzog (trotz Start am nächsten Tag!).
Anschließend ging es gleich wieder zurück zum Hotel,
wo wir in sehr schöner Atmosphäre das vom Hotel organisierte
Pasta- und Salatbuffet stürmten und leckeres Essen im Garten
genießen konnten. Wir freuten uns schon auf den nächsten
Tag und gingen die Strecke schon mal in Gedanken durch.
Allerdings dann am heißesten Tag des Jahres: es war schrecklich.
Schrecklich anstrengend, schrecklich heiß, schrecklich schwül,
schrecklich erschrecklich einfach! Bei keinem unserer zahlreichen
Läufe war es ein jemals ein solcher Kampf, um das Ziel "aufrecht
stehend und lächelnd ins Ziel zu laufen". Und jedes Mal,
wenn ich unterwegs auf der Strecke mich mal mit einem Laufnachbarn
unterhalten habe, jeder hat gesagt "einfach schrecklich".
"Hauptsache, ankommen!" ist heute die Devise – und
wenn schon langsam laufen, dann wirklich richtig langsam! Der StZ-Lauf
2008 findet zweifellos am heißesten und drückendsten
Tag seit vielen Wochen statt - ausgerechnet! Das merkt man schon
morgens um kurz nach neun in der Benzstraße, in den Startblöcken.
Um mehr als dreißig Minuten verzögert sich der Startschuss
des Stuttgarter Bürgermeisters Michael Föll, weil die
Polizei die Strecke nicht früher freigeben kann. Dreißig
Minuten, in denen die rund 13.000 Halbmarathonläufer gleich
mal ordentlich durchgeröstet werden.
Um kurz nach halb zehn geht es für meinen "gelben Block"
dann endlich los in Richtung Innenstadt - am Kilometer 1, kurz vor
der König-Karls-Brücke, bin ich schon komplett durchgeschwitzt.
Man würde am liebsten jetzt schon den ersten Wasserstand haben
– aber der kommt erst bei fast 5 km. Sehr gut, dass im Startbereich
schon Wasser ausgegeben wurde.
Dieser 15. Stuttgarter Zeitung-Lauf war für uns eine Premiere
und wir hatten dann gleich die neue Streckenführung, allerdings
wesentlich hügliger als sonst, super! Jahrelang ging es vom
Daimlerstadion den Neckar rauf und runter, schön ebenerdig.
Die neuen 21,1 Kilometer werden quer durch die Stadt gelaufen, "entlang
den schönsten Stuttgarter Sehenswürdigkeiten", wie
uns der Sprecher am Start verspricht. Da sind wir ja gespannt, wir
kannten von Stuttgart bisher lediglich Hitze, Bahnhof, Königstraße
und Hotel. Um die schönsten Stuttgarter Sehenswürdigkeiten
abzuklappern, wird die Strecke rund um die Königstraße
allerdings immer wieder sehr scharf links oder rechts abbiegen.
Der kleine Schlenker zum Schlossplatz ist natürlich herrlich,
aber in der Kronprinzstraße wird es zwischen den Blumenkübeln
ein bisschen eng.
Es standen in der Innenstadt jedoch reichlich Zuschauer, die uns
angespornt haben. Wir liefen von Getränkestelle zu Getränkestelle
(heute eher schon Tränken), immer in den Abschnitten von 2,5
km. Solange ich mit Petra gelaufen bin, war das sehr praktisch;
durch ihre Größe konnte sie schon immer eine Weile vorher
alle KM ansagen!
Zwei kräftig-deftige Steigungen gehen dann ab Kilometer 8 so
richtig schön in die Beine: zunächst die Urbanstraße
Richtung Kernerplatz, und wenig später genau zur Halbzeit an
der Villa Berg vorbei in die Ostkurve. Das ist echt die Härte.
Der Schweiß und "Batz" laufen mir links und rechts
den Körper runter. Zum Glück standen hier viele Zuschauer,
die uns mit Gartenschläuchen berieselten. Da macht es echt
nichts aus, dass man spätestens ab diesem Zeitpunkt unfreiwillig
an der Wahl "Miss Wet T-Shirt" mitmachen muss, es ist
so einfach erfrischender als nur verschwitzt.
Dabei kommt das schlimmste Stück ja noch: drei kaum enden wollende
Kilometer auf der Ulmer Straße gen Wangen – immer nur
an der prallen Sonne – ich komme mir vor wie bei einem öden
Wüstenlauf! Weitgehend ohne aufmunterndes Publikum, begleitet
nur von den Rotkreuz-Notdefibrillatoren alle 500 m am Wegesrand
– sehr aufbauend.
Hier muss ich leider eine Gehpause einlegen und verliere meine KM-Ansagerin
Petra. Aber ich kämpfe mich einfach weiter, an Aufgeben wird
niemals gedacht. Allerdings hörte ich hier ein Handygespräch
mit, in dem ein wirklich sportlich drahtiger Läufer seine Frau
anrief und zur nächsten Kreuzung bestellte, er hatte einfach
keinen Bock mehr weiterzulaufen.
Dann über die Brücke nach Untertürkheim. Und drei
geschlagene Kilometer wieder zurück nach Cannstatt. Endlich
in der Augsburger Straße (ca. km 17), das wusste ich aus den
Unterlagen, dann geht’s wirklich "heim" ins Stadion.
"Was sind wir vernünftig" – "Zeit ist
heute egal" – "hoffentlich ist bald Schluss"–
"was ist das doch für ein Schmarren" - alles habe
ich gehört, bei dem Tempo und den Gehpausen dazwischen kommt
man halt mit den anderen Läufern ins Gespräch, da ist
wirklich alles wurschd, man läuft einfach immer weiter und
weiter – und man gibt einfach nicht mehr auf. Man kann das
Daimlerstadion ja praktisch schon riechen.
Das ist natürlich reines Wunschdenken. Was man wirklich riechen
kann, das ist das Müffeln von Schweiß und heißem
Teer. Schrecklich, wenn heute hier jemand seinen ersten Halbmarathon
läuft, manche fragen; "Ist das denn immer so?" So
mit Kreislaufkollapsen links und rechts? Sauerstoffmasken, Infusionen?
Notarzteinsätzen? Je näher man dem Ziel kommt, desto mehr
Sirenen hört man und Kollapse sind an den Wegstrecken. Das
zieht nicht nur mich ziemlich runter, ich habe selbst Angst, bald
auch so da zu liegen! Aber immer weiter kämpfen Schritt für
Schritt ist die einzige Lösung.
Bei Kilometer 20 kommt das Mercedes-Benz-Museum in Sicht –
für die Läufer in meinem Umfeld jetzt und hier das schönste
Gebäude in ganz Stuttgart. Vor allem steht nämlich ein
Schild davor: noch 600 Meter. Jetzt ist alles vorbei, neue Kraft
kommt auf und ich kann endlich das Ziel riechen.
Stuttgart an diesem überaus heißen, drückenden Sonntag:
Ca. zwölf Uhr laufe ich lächelnd und aufrecht durchs Tor
ins Daimlerstadion und will und kann jetzt sogar noch ein paar Leute
überholen, so ein Schmarren. Die Medaille und dieser Augenblick
entschädigt wirklich für alles – diese Ankunft in
einem echten Leichtathletikstadion – viele Leute auf den Rängen
und natürlich auch schon ganz viele Läufer auf dem Rasen!
Alle Drei (Petra, Otto und ich) sind wir gut und gesund durch- und
angekommen (ob das halt an so einem heißen Tag überhaupt
gesund ist?).
Der Weg raus aus dem Stadion ist allerdings noch mit vielen Wartezeiten
gepflastert, aber was soll es. Hauptsache, gesund und auf eigenen
Beinen angekommen! Ein VIP-Luxus war unser Transfer vom Hotel zum
Start und die Abholung vom Ziel zurück ins Hotel, das von unserem
Hotel alles so super organisiert war. Da bin ich mir gleich noch
mal wie eine Heldin vorgekommen.
Der Abschluss mit entspannender Beinmassage im Wellnessbereich im
Hotel sowie ein gemütlicher Ausklang im Stuttgarter Schlosspark
in einem Hotelgarten sowie eine entspannte ICE-Rückfahrt haben
uns für die Mühe belohnt.
Fazit:
Der HM in Stuttgart ist auf jeden Fall sehr empfehlenswert, würde
aber bei 10 Grad weniger sicher 100 x mehr Spaß machen. Den
Spaß haben wir leider nur außerhalb des Laufes gehabt.
Aber Warnung: wir kommen wieder.
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