Mit ein paar Minuten Verspätung fiel dann aber der Startschuss zur fünften Auflage des Saaletal Marathons. Vom Sportzentrum liefen wie die Zufahrt runter zur Hauptstraße und dann gleich nach rechts in Richtung Ortszentrum, das wir auch schnell durchquert hatten. Jetzt hieß es für mich erst mal, dass ich mich richtig einsortieren muss. Nur nicht zu schnell. Die Halbmarathonis und 10-km-Läufer können schon mal dazu verleiten. Doch kontrollierende Blicke auf der Uhr bestätigten mir ziemlich schnell, dass ich den richtigen Schritt gefunden hatte. Am Ende von Ramsthal wartete eine Gruppe Zuschauer mit einem riesigen Plakat auf uns Läufer. „Auf geht`s! Der Berg ruft!“ stand dort geschrieben. Oje, das hatte ich in meiner ersten Euphorie ja ganz vergessen. Die nächsten vier Kilometer sollte es nur bergauf gehen. Es gab in der Ausschreibung zwar ein Streckenprofil, auf dem dies auch erkennbar war, allerdings ohne Angabe von den zu laufenden Höhenmetern. Ich hatte auf rund 500 Höhenmeter getippt und sollte am Ende auch recht behalten. Die ersten zu überwindenden Höhenmeter lagen nun vor uns. Hier sollte sich das Feld auch relativ schnell auseinander ziehen, da die ersten Läufer am Berg schon Probleme bekamen und diesen teilweise gehend bewältigten.
Oben angekommen konnten wir kurz eine tolle Aussicht genießen, bevor wieder durch ein schönes Waldgebiet laufen durften. Schon am Eingang des Waldes verließen uns die Kurzstreckler und wir teilten uns den weiteren Weg mit den Halbmarathonis. Immer wieder kam ich während des Laufens mit den überwiegend fränkischen Teilnehmern ins Gespräch, was die ganze Sache sehr kurzweilig machte. Doch eigentlich wären die Gespräche gar nicht notwendig gewesen. Was uns hier auf den ersten zwanzig Kilometern an Strecke geboten wurde, war ein reines Laufvergnügen. Auch von meinen Mitläufern hörte ich ausnahmslos lobende Worte. Herrliche Waldgebiete, tolle Aussichten, teilweise schön zu laufende Trails, idyllische Wege entlang der fränkischen Saale und dazu das frühlingshafte Wetter ließen die Zeit wie im Flug vergehen. Bis etwa Kilometer 18 laufen wir gemeinsam mit den Halbmarathonis. Danach erreichen wir Euerdorf, wo wir Marathonis nach rechts abbiegen dürfen. Wir überqueren die alte Saalebrücke, eine achtbogige Steinbrücke, deren älteste Teile aus dem 16. Jahrhundert stammen. Gemeinsam mit dem St.-Nepomuk Standbild aus dem Jahre 1713 kann ich zurück auf den letzten Kilometer blicken. Auch ein an der Stadtmauer rekonstruierter Wachturm zieht meinen Blick auf sich. Ist er doch nur zur Hälfte aufgebaut worden, so dass man wie bei einem Querschnitt den Blick ins Innenleben des Turms hat. Innerhalb der Stadtmauer liegt der historische Kern der netten kleinen Ortschaft, doch für eine Besichtigung habe ich leider keine Zeit, liegen doch noch rund 22 Kilometer vor mir.
Nun wird es einsam auf der Strecke. Die knapp über einhundert gemeldeten Marathonis haben sich wohl gut verteilt, oft bin ich nun ganz alleine unterwegs. Doch immer finden sich anerkennende Worte von Läufern auf die man aufläuft oder die einen auch mal überholen. Nach der wirklich spektakulären ersten Hälfte, wird die zweite Hälfte mit ein paar Längen aufwarten, die einem alles abfordern. Aber daran denke ich noch gar nicht. Denn gleich als wir Euerdorf hinter uns gelassen hatten, wartete der nächste Anstieg auf uns. Ein Hinweisschild ließ uns das auch nicht vergessen. Wir befanden uns nun auf dem „Weg durch die Zeit“ und der Hinweispfeil, der in die gleiche Richtung zeigte, wie die weitere Strecke verlief, erklärte, das wir uns auf der steilen Wegstrecke über den eiszeitlich Wasserriss befanden. Eine ganze Weile ging es im Schatten der Bäume nach oben, bevor wir die Ruine Aura erreichen sollten. Ab 1618 hatte der damalige Würzburger Erzbischof den Auftrag zum Bau einer Kirche, die später als Wallfahrtskirche dienen sollte, in Auftrag gegeben. Doch der Bau wurde aufgrund des Beginns des dreißigjährigen Krieges und des Todes des Erzbischofs nie vollendet. Wir laufen daran vorbei und ich erfreue mich auf den nächsten paar hundert Metern noch an freilaufenden Kühen, die offenbar auch Nachwuchs hatten. Die Kälbchen dürften erst ein paar Wochen alt sein und genießen die Sonne. Kein Zaun trennte unseren Laufweg von den Kühen, dennoch wage ich mich nicht zu nah heran. Frischgebackenen Kalbmüttern ist da nicht zu trauen. Dennoch erfreuten sie mein Kuh-Freunde-Herz.
Nun haben wir einen wunderbaren Blick auf Aura an der Saale, das unterhalb von uns liegt. Dominant ist hier der Blick auf die Pfarrkirche St. Laurentius. Sie ist Teil einer ehemaligen Klosteranlage. Wir umlaufen die Klostermauern und nun geht es entlang der selbigen steil bergab. Das historische Pflaster ist nicht leicht zu belaufen. Hier heißt es Vorsicht walten zu lassen. Aura selbst ist ein sehr netter kleiner Ort, der mit seinen Fachwerkhäusern zu begeistern weiß, trotzdem lasse ich ihn schnell hinter mir. Am Ortsausgang geht es auf einem Trampelpfad unter einer Brücke durch und als wir am anderen Ende wieder auftauchen, stehen wir vor der Alten Brauerei, die sehr einladend aussieht. Davor ist ein Verpflegungstand aufgebaut, den ich dankend in Anspruch nehme. Es ist inzwischen warm geworden. Ich denke die 20 Grad Marke dürften wir geknackt haben. Im letzten Jahr konnte ich mehrfach hören, sind die Teilnehmer beinahe erfroren. Da hatte es nur 2 Grad und ein eisiger Wind machte das Ganze zur Tortur. Da will ich ja heute mal nicht maulen, auch wenn ich auf den kommenden Kilometern sicherlich das eine oder andere Schimpfwort auf den Lippen hatte. |