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"Meine
Reise zum Mittelpunkt der Erde" |
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"Es
war mein schönster Marathon, aber auch einer der härteren."
So mein
Fazit nach 4:40 Std. und
1300 Höhenmetern.
Aber der Reihe nach.
Am Freitag, 8.12.2006,
ging es los. Knappe
6 Stunden betrug
unsere Fahrzeit von
Augsburg nach Sondershausen und
ich muss zugeben,
dass ich mir "blühende Landschaften" etwas
anders vorgestellt habe. Insgesamt war die
Delegation aus Augsburg
20 Personen stark, was schon beachtlich ist, denn
das Starterlimit liegt bei
350 Teilnehmern. |
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Als wir Samstagmorgen
um 8:00 Uhr zum
Brügman-Schacht fuhren
wusste keiner so recht
was uns an diesem Tag erwarten würde… und
das war auch gut so.
Bereits einen Kilometer
vor der Startnummern-
ausgabe sahen wir
den Förderturm.
Von 1891 bis 1991 wurden dort Kalisalze abgebaut.
Die Marathonstrecke liegt zwischen 600 und 800 m Tiefe.
Die Stollen haben
eine Ausdehnung von ca.
20 km auf 5,5 km.
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Silvesterlauf |
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Den
Förderturm konnte man
schon 1 km entfernt sehen. |
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Platz
für ca. 10 Personen bietet der 100 Jahre alte Aufzug hinab zum
"Highway to hell"! |
Vor
der Startnummernausgabe bildeten sich bereits lange Schlangen, obwohl
der Start für 10:00 Uhr angesetzt war. Machte aber nichts, denn
vor den Aufzügen zum Schacht ging das Warten weiter.
Deshalb hatten die Veranstalter auch einen zweiten Schacht in ca.
3 Kilometer Entfernung geöffnet und wir wurden mit Shuttle Taxis
zum anderen Einstieg gebracht. Das war unser Glück, denn unten
angekommen wurden wir mit Grubenfahrzeugen zum Start gebracht, was
uns bereits einen ersten Einblick auf die Strecke gab.
Aber zum Thema Aufzug muss ich jetzt noch was los werden. Wer jemals
diesen Lauf wagen sollte, der muss sich von der klassischen Definition
eines Aufzuges verabschieden. Der Beförderungskäfig, ja
das ist der korrekte Ausdruck dafür, ist ca. 100 Jahre alt und
bietet Platz für ca. 10 Personen. Bei uns waren aber 15 Personen
drin.
In ca. 1,80 Meter Höhe ist über der Kabine eine Bodenplatte
und darüber werden die nächsten 15 Delinquenten eingepfercht.
Bereits beim Gang in die Gitterbox wehte uns ein heisser Wind aus
dem Schacht entgegen.
Dann noch schnell den Plastik Vorhang zugezogen und los geht die Fahrt.
Langsam und unter einem verdächtigen Krachen und Rumpeln fuhren
wir in die Tiefe. Im Aufzug war es stockdunkel, aber zum Glück
hatten einige Läufer auf Ihren Helmen Stirnlampen (Übrigens
Helm ist Pflicht und eine Lampe würde ich auch dringend empfehlen).
So richtig wohl fühlte sich in diesem Käfig wohl keiner,
denn die Vorstellung, hier irgendwo auf der Strecke stecken zu bleiben,
bei 25 Grad und ohne Licht ist nicht sehr prickelnd.
Nach handgestoppten 4:29 Minuten waren wir am Ziel – 700 Meter
unter der Erde. Sofort wurde jedem klar was uns bei diesem Marathon
erwarten würde. Die Luft war extrem trocken (25 % Luftfeuchtigkeit)
und es herrschten extrem heisse 28 Grad. Der Boden war von sandigem
Salz-Staub überzogen und das schwache Licht einiger Neonröhren
hüllte den Stollen in einen dämmerigen Schein. |
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Um
10:15 Uhr fiel der Startschuss. Da ich mich nicht besonders fit fühlte,
hielt ich mir die Option offen nur einem Halbmarathon zu laufen. Insgesamt
geht das Rennen über 4 Runden mit jeweils 10,5 Kilometer. Wer
den HM nicht unter 2:45 Stunden absolviert ist raus.
Ich ging die erste Runde sehr passiv an, was nicht zu meinem Schaden
sein sollte. Bereits bei KM 1 beginnt der erste lange Anstieg. Bei
KM 2,5 dann eine schnelle Bergab-Passage bis ca. KM 4.
Gerade auf den schnellen Stücken ist es hilfreich die "Hierabira"
(schwäbisch für Stirnlampe) zu aktivieren. An einigen Stellen
ist der dünne Salz-Staub Film nämlich vom Boden komplett
weg gewischt und der blanke Salzstein ist sehr rutschig.
Dann bis KM 5,5 der zweite Anstieg. Die zweite Hälfte der Runde
wurde von allen Teilnehmern als wesentlich einfacher empfunden, nicht
nur, dass die letzten 3 Kilometer flach bzw. bergab verlaufen, es
wird auch Richtung Start wieder kühler. Vom Start bis KM 5,5
steigt die Temperatur von ca. 23 auf 28 Grad.
Die Verpflegung auf der Strecke ist prima. Alle 2,5 Kilometer gibt
es Getränke (Cola, Wasser, Iso, Obst (Bananen, Orangen) und Riegel.
Durch die sehr trockene und salzhaltige Luft ist es absolut notwendig
bereits zu Beginn jede Verpflegung mitzunehmen. Am Ende habe ich sogar
maximal 4 Becher pro Station getrunken.
Die Zeitnahme erfolgt über einen Chip, der an der Startnummer
befestigt ist und immer am Start/Ziel abgescanned wird.
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Ordnung
muss sein, auch Unter-Tage! |
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Im tiefsten
Biergarten der Welt kostete das Bier nur 1,- Euro! |
Durch
meine sehr passive Lauftaktik fühlte ich mich beim Halbmarathon,
den ich in 2:14 Std. passierte so gut, dass ich beschloss noch eine
dritte Runde zu laufen.
Zum Glück hatte ich meinen MP3 Player dabei, denn inzwischen
hatte sich das Feld sehr in die Länge gezogen und ein großer
Teil der Läufer ist auch beim HM ausgestiegen. Ich lief sehr
lange Passagen der Strecke alleine durch die schummrigen Gänge,
die mir aber niemals ein Gefühl der Beklemmung vermittelt haben.
Die Strecke ist immer zwischen 3 – 8 Meter breit und auch sehr
hoch. Der Helm ist eigentlich nur wegen versicherungstechnischer Vorschriften
notwendig. Am Ende der dritten Runde merkte ich, dass mein Körper
nicht mehr in der Lage war, selbst bei einfachen Abschnitten, den
Puls nach unten zu bringen. Mit 170 Schlägen ging ich in die
vierte und zum Glück letzte Runde. Es war ein harter Kampf zwischen
mir und dem Berg. Aber die Atmosphäre in dieser komplett isolierten
Einöde war unbeschreiblich. Noch nie habe ich bei einem Lauf
so zu mir selbst gefunden. Keine Ablenkung, keine Zuschauer, kein
Wind… das muss man einfach mal erlebt haben.
Bei KM 39 schmerzte so ziemlich alles. Die Schenkel brannten bei den
abschüssigen Stücken und der Puls raste am Anstieg mit über
180 Schlägen.
KM 40, in meinem MP3 Player lief gerade "Dieser Weg wird kein
leichter sein, dieser Weg ist steinig und schwer…", von
Xavier Naidoo.
Das hätte ein Regisseur nicht besser inszenieren können.
Trotz meines elenden Zustandes überholte ich immer wieder Läufer,
die von Krämpfen geplagt an der Seite standen. |
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Am
Ende trank ich bis zu 4 Becher pro Station. |
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Nach
4:40 Std. erreichte ich ziemlich geschafft das Ziel. |
Nach
4:40 Stunden kam ich als 19. in meiner Altersklasse und auf Platz
134 in der Gesamtwertung im Ziel an.
Noch im Zielkanal bekam ich einen Ausdruck mit meinen Zwischenzeiten
und der Plazierung. Sofort wurde mir eine Urkunde ausgedruckt und
ich setzte mich erstmal auf eine Bank und überlegte, was da
jetzt gerade abgelaufen ist. Die Zeit verging rasend schnell. Immerhin
waren es fast 5 Stunden, aber das war mir nicht bewusst. Auch die
Aufzugfahrt und das ist eine gute Nachricht für alle, die Bammel
davor haben, kommt einem wesentlich kürzer vor. Die subjektiven
Schätzungen lagen immer zwischen 1-2 Minuten.
Ich zog mir meine trockene Kleidung an (man kann ohne Probleme einen
Rucksack mit nach unten nehmen, die Duschen sind allerdings über
Tage).
Im tiefsten Biegarten der Welt, bestellte ich mir gleich zwei Bierchen
zum Kampfpreis von je 1,- Euro (nehmt also Geld mit runter, es gibt
auch warmes Essen) und die Welt war wieder in Ordnung.
So, das war’s, mein 38. Marathon und wirklich ein unvergessliches
Erlebnis. Ich werde sicher mal wieder an diesem Lauf teilnehmen.
Sollte jetzt jemand von Euch Lust bekommen haben und noch Fragen
haben, dann schickt einfach eine E-Mail an:
magic@team-tomj.de
GLÜCK AUF!
Martin
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