Am Freitagvormittag
ging es gemütlich mit dem Zug nach Hamburg. Schon dort hatten
Margot, Petra und ich sehr viel Spaß. Nach Ankunft am Bahnhof
ging es gleich direkt in die Jugendherberge, was als Unterkunft wirklich
sehr zu empfehlen ist.
Wie üblich, ging es dann gleich direkt auf die Läufermesse;
hier trafen wir auch Udo (einen Trainingspartner) und Claudia. Auf
der Messe machte sich anscheinend schon die Wirtschaftskrise bemerkbar,
denn es gab weniger Stände als sonst, aber dafür verlief
die Startnummernausgabe ohne langes Anstehen. Am Abend stand dann
noch eine romantische Lichterfahrt mit dem Schiff in die Speicherstadt
auf dem Programm.
Am Samstag ließen wir es dann gemütlich angehen und schipperten
mittags zwei Stunden auf der Alster und den Kanälen rum. Natürlich
beachteten wir die Tipps unseres erfahrenen Coachs Margot (welche
zum ersten Mal "nur" am Streckenrand stand): viel trinken,
Füße ausruhen, relaxen! Entgegen meines Willens musste
selbst ich Wasser fast ohne Ende trinken.
Traditionsgemäß ließen wir den Abend mit Pasta ausklingen,
um für unseren wichtigen Tag fit zu sein. Aber schon am Samstagabend
waren Petra und ich sehr nervös; es stellten sich immer wieder
die Fragen: Sind wir dem Ganzen gewachsen? Kommen wir überhaupt
bis ins Ziel? Werden wir den Mann mit dem Hammer treffen? Kann ich
überhaupt 42,195 km durchlaufen? Werden wir unsere Zeitvorgaben
erreichen? Geht’s uns gut dabei?
Am Sonntagmorgen gab es bereits um 6.00 Uhr Frühstück und
um 7.30 Uhr trafen wir uns mit Udo an der Haltestelle und von dort
aus ging’s weiter zum Startbereich. Nervös mussten Petra
und ich dort mal gleich wieder aufs Dixi-Klo. Die Organisation vor
Ort war sehr gut geplant, Kleiderabgabe, Startblockaufteilung etc.
liefen sehr zügig ab.
Dann war es endlich soweit, allerdings gab es keinen Startschuss.
Punkt 9.00 Uhr wurde der Lauf eingeläutet, da auf der Reeperbahn
Waffenverbot herrscht. Getragen von der einmaligen Stimmung auf dem
Kiez verliefen die ersten Kilometer im Flug. Das erste Highlight bot
sich dann bei ca. km 11 bei den Landungsbrücken. Dort nahmen
uns tausende von Zuschauern mit Spruchbändern, Pfeifen und Ratschen
begeistert in Empfang.
Weiter ging es bei inzwischen sommerlichen 23 Grad und Sonnenschein
in Richtung Hauptbahnhof und Jungfernstieg. Über die Kennedybrücke
liefen wir weiter an der Außenalster zum Halbmarathon-Punkt.
Überall an der Strecke verlegten die Anwohner ihr Frühstück
auf den Gehweg und jubelten uns zu.
Bis jetzt lief bei Petra und mir alles planmäßig. Udo wurde
leider das Opfer von schlimmen Krämpfen und quälte sich
bereits ab km 4 mit Schmerzen durch. Auf den Rasenflächen an
der Laufstrecke saßen kleine Gruppen mit Brot, Bier und Sonnenbrand
und warteten auf "ihre" Läufer, jubelten natürlich
auch allen anderen begeistert zu. Margot stand an den abgesprochenen
Positionen bereit und feuerte uns ganz persönlich an –
wir hielten uns natürlich an die ausgegebene Devise "Bitte
rechtsbündig laufen"!
Bei km 20 fiel uns ein junger Mann mit einem großem Rosenstrauß
und einem T-Shirt auf "Sabine: 350 Tage sind für mich genug
– willst du mich heiraten?". Das ist ein hervorragender
Tipp für Single-Männer, einen Heiratsantrag wirkungsvoll
an die Frau zu bringen, das kommt garantiert bei der Frauenwelt bestens
an.
In der City-Nord trug uns laute Musik, bunte Fahnen und Plakate
sowie die ausgelassene Volksfeststimmung über die Strecke.
Top-Stimmung war auch bei km 31 in Ohlsdorf; hier wurde der Weg
enger und die Menschen standen in den Laufweg rein wie bei der Tour
de France.
Nach Ohlsdorf ab km 32 durchlebten wir allerdings ein mentales Tief.
Petra hatte einen kleinen Aggressionsschub, nutzte den aber positiv
aus und konnte ihr Tempo gnadenlos durchziehen – wie eine
perfekte Laufmaschine! Ich merkte, dass ich mein vorgenommenes Tempo
wohl nicht weiter halten konnte. Apfelsaft mit Zucker half mir über
das Tief hinweg und es lief problemlos weiter, vermutlich auch weil
ich das Tempo ein bisschen rausgenommen habe.
Leider war die ansonsten perfekte Organisation auf diesem letzten
Streckenteil nicht ganz auf die jetzt immer höher werdenden
Temperaturen eingestellt, wir fanden es waren zu wenig Getränkestellen.
Zum Glück wurde dieses Manko von Anwohnern zum Teil ausgeglichen.
Immer wieder wurden uns Wasser, Saft, Kekse, Salzbrezeln und Orangen
angeboten.
Vermutlich war es auch mein Erst-Marathonläufer-Problem, dass
ich ab km 35 über den Anblick der vielen Mitläufer, welche
am Straßenrand ärztlich versorgt werden mussten, so erschrocken
bin. Außerdem mussten sich immer mehr Menschen übergeben
– so was will man nicht gerne sehen! Und das alles freiwillig.
Kurze Zeit später beschloss ich, auf jeden Fall aufrecht durch
das Ziel zu laufen, verdrängte alle negativen Bilder und genoss
nur noch auf der Glacischaussee meinen ersten Marathon-Zieleinlauf!
Getragen von tausenden Menschen und dem Lied "Countryroads
– take me home" schwebte ich über die rote Matte
und war nur noch glücklich!!!
Alles in allem war es auch wegen des neuen Zuschauerrekords von
850.000 begeisterten Menschen ein unbeschreibliches Marathonerlebnis
und spornt zur Wiederholung an. |
|
 |
|