Powershopping
– Marathonerlebnis – Sightseeing
Am 17.04. brachen Magic, Gerhard und ich, sowie Georg,
ein Laufkumpel von Magic, von München aus zum legendären
Boston Marathon auf, der seit 1897 am Patriot’s Day ausgetragen
wird (kleiner Exkurs: der Feiertag wird stets am 3. Montag mit Paraden
und Feierlichkeiten begangen, das eigentliche Datum für diesen
Feiertag ist aber der 19. April, im Jahre 1775 fielen an diesem
Tag die ersten Schüsse im Unabhängigkeitskrieg mit England)
und damit der älteste Stadtmarathon der Welt ist. Damit war
es in 2009 die 113. Marathonauflage.
Die erste große Überraschung gab es am Flughafen München
für Gerhard und Mario. Unsere bestätigten Sitzplätze
waren bereits vergeben, aber das hatte zur Folge, dass wir statt
Economy ein Upgrade auf die Business Class bekamen, wir sagten nicht
nein und fühlten uns in den bequemen Sesseln sowie dem frei
wählbaren Mediaangebot sehr wohl. Magic und Georg hatten aufgrund
der vielen Freimeilen von Georg ohnehin Business gebucht.
Nach einem problemlosen Flug über den großen Teich kamen
wir am Abend in Boston an, nahmen ein Taxi und fuhren in unsere
gebuchten Hotels. Magic und Georg hatten eines in einem anderen
Stadtteil gebucht. Wir trafen uns dann später noch zum Pastaessen
sowie einem Starbucks Besuch, machten für den nächsten
Tag unseren Messebesuch aus, danach ging es brav in die "Heia",
die nächsten Tage waren noch stressig genug.
Nach einer relativ kurzen Nacht, wen wunderts, stapften sowohl Gerhard
als auch ich früh morgens zu verschiedener Zeit durch den Park
(Public Garden; George Washington Statue und Schwanenboote) und
nahmen ein obligatorisches Frühstück bei Starbucks ein.
Danach ging es ab auf die Marathonmesse, die um 9 Uhr öffnete.
Der Weg von unserem Hotel dorthin war locker auf dem Fußweg
zu erreichen, wir wohnten sehr zentral in Downtown, die Innenstadt
von Boston ist sehr überschaubar. Dort trafen wir auch die
anderen zwei wieder. Die Abholung der Startunterlagen war perfekt
organisiert, auch das Anprobieren des dazugehörenden Finishershirts,
wegen der passenden Größe.
Wir nahmen uns zwei Stunden Zeit und dann ging es rein ins Messegewusel.
Jeder kaufte was er brauchte, das Bostoner Racejacket war natürlich
Pflicht, Magic und Georg hatte es schon vorab per Internet bestellt
und im Flugzeug an, wir holten es uns natürlich auch. Hauptumsatzprodukt
bei uns waren die Schuhe, es gab welche für 50 $, da schlugen
wir alle zu. Ansonsten wurde noch so allerlei gekauft, wir standen
aber für die nächsten Tage erst im Anfangsstadium des
Powershoppings. Sonst war die Messe wie üblich, man probierte
dies und jenes (Gratisproben gab es genügend), da wir aber
nicht allzu lang dort verbringen wollten, ging die Zeit recht schnell
rum, ich schenkte mir daher einiges.
Jetzt ging es aber erst los, nach einer kurzen Verschnaufpause und
Verladung der Messekostbarkeiten ging es ab in die Stadt, zum nächsten
Teil des Powershoppings, weitere Sportläden, Apple-Store und
die vielen diversen Einkaufszentren und Shops. Wir alle gaben weiter
fleißig Geld aus, die Kreditkarten gaben es her und schließlich
sind wir ja in den USA, dort wird in der Regel alles auf Pump gekauft.
So ging das den ganzen Nachmittag, am Abend waren wir ziemlich fertig.
Am Abend entschloss ich mich mit Gerhard zu einem Besuch in einem
175 Jahre alten Restaurant, das sich auf Seafood spezialisiert hatte,
ich wollte unbedingt den berühmten frischen Lobster probieren,
während Gerhard sich auch einen gönnte, der aber schon
zerlegt war und daher nicht mehr ganz so lebendig wie meiner aussah.
Wir waren danach froh ins Bett zu kommen, denn für den Sonntag
hatten wir uns den Freedom Trail vorgenommen.
Das ist bei einem relativen kurzen Boston Besuch Pflichtbestandteil,
den die 4 km lange Route ist ein höchst unterhaltsame Geschichtslektion.
Sie verbindet 16 Sehenswürdigkeiten, die die frühe Geschichte
Bostons sowie den Anfang der Vereinigten Staaten erzählen.
Die Strecke führt mit roten Pflastersteinen markiert bzw. einer
aufgemalten Linie durch Boston.
Davor sahen wir uns noch kurz die bekannte Trinity Church an, die
sich in der Glasfassade des John Hancock Towers spiegelt (siehe
auch unser Marathon in Chicago und Besuch des dortigen John Hancock
Towers: er war Kaufmann mit großem Vermögen, unterstützte
die Patrioten und ist in Boston begraben), sie gilt auch heute noch
als eines der besten Bauwerke der Vereinigten Staaten.
Vom Boston Common Park aus, vorbei am New State House (goldene Kuppel),
Sitz der Regierung von Massachusetts, geht es der Freedom Trail
über berühmte Gräber (Grabstätten von Patrioten)
zum Marktplatz (Faneuil Hall und Quincy Market). In der Faneuil
Hall wurden Versammlungen im Rahmen der Unabhängigkeitsbestrebungen
abgehalten.
Nicht weit davon entfernt, steht das Old State House (früherer
Sitz der Regierung von Massachusetts), direkt neben Wolkenkratzern.
Es ist das älteste öffentliche Gebäude der Stadt,
am 18. Juli 1776 wurde vom Balkon die Unabhängigkeitserklärung
verlesen.
Der Weg führt über weitere Grabstätte und Kirchen
über den Hafen hinweg zu einem US-Militärgelände.
Dort liegt einerseits das weltweit älteste betriebsbereite
Kriegsschiff U.S.S . Constitution. Berühmt wurde es am 19.
August 1812, da zum ersten Mal ein amerikanisches Kriegsschiff eine
Fregatte der führenden Seenation England versenkte. Die Bevölkerungsmassen
und Wartezeiten zum Besuch des Schiffes waren uns zu lang, sodass
wir lieber einen Zerstörer aus dem 2. Weltkrieg besichtigten
der daneben lag.
Letzter Besuch war das Bunker Hill Monument mit einem 67 m hohen
Turm, der Obelisk aus Granit steht als Denkmal für die berühmte
Schlacht am 17. Juni 1775,die zwar von den Briten gewonnen, aufgrund
der hohen Verluste aber ein moralischer Sieg für die Amerikaner
war. Es war die erste Schlacht des Unabhängigkeitskrieges.
Zwei Wochen später formierte dann George Washington unter seinem
Oberkommando die Kolonisten zu einer richtigen Armee um. Die Turmbesteigung
(über 370 Treppen) spürten wir dafür am nächsten
Tag, alles andere als ideal für einen Marathonlauf.
Spät abends besuchten wir noch kurz vor 20 Uhr die obligatorische
Nudelparty. Wir waren nach dem Tag einfach zu müde uns etwas
anderes zu suchen und der Gutschein dafür war schließlich
bei den Startunterlagen dabei. Die Organisation war auch kurz vor
Schluss vorbildlich, es gab Essen und Getränke ausreichend,
sogar noch ein Päckchen mit diversen Kohlenhydraten gab es
noch mit auf den Nachhauseweg. Die Atmosphäre in der City Hall
(Betonburg) war aber ansonsten eher schmucklos, ich wollte nach
dem langen Trail einfach nur noch essen und Trinken ohne lange zu
überlegen.
Der Marathontag begann sehr bald. Da bereits ab 6 Uhr die Verladung
der ersten Teilnehmer nach Hopkinton erfolgte, standen wir bereits
um 5 Uhr früh auf. Es war beeindruckend zu erleben, wie über
23.000 Teilnehmer in Schulbusse verladen wurden, man kann sich die
Anzahl der Busse vorstellen.
Es ging dann über Highways hinaus nach Hopkinton, dem Startplatz
für den Marathon zurück nach Boston. Der Boston Marathon
Lauf ist quasi ein reiner Landschaftslauf ohne nennenswerte Sehenswürdigkeiten,
das Besondere sind die Zuschauer, dazu später noch mehr. Wir
kamen aber erst um ca. 7.30 Uhr dort in einem großen Athletendorf
mit großen Zelten an, es gab ausreichend WC´s , Getränke,
Powerriegels, aber auch Handschuhe für die Kälte. Es war
wirklich verdammt kalt, gefühlte 5 Grad vielleicht, ich hatte
aber nur oben was Warmes an, was sich jetzt rächte. Da ich
meinem Germany Hut auf hatte (ich wollte auch mal etwas Besonderes
zum Lauf haben), wurde ich von diversen Fotografen abgelichtet.
Ohne direkte Absprache trafen wir dann unsere 2 Laufkollegen wieder,
da diese in einem Wahnsinnskostüm als Hootergirls den Marathon
bestritten – man kann sich den Presseauflauf sowie den Kult
kaum vorstellen – kamen wir kaum 10 m weit, schon hatten sie
den nächsten Fototermin. So konnten wir aber wenigstens die
Wartezeit bis zum Start überbrücken, der für Gerhard´s
und meinen Corral um 9.15 Uhr war.
Von diesem Athletencamp bis zum eigentlichen Startaufstellung sind
es dann noch ca. 1 km Fußweg. Wir machten uns pünktlich
auf (die Hootergirls kamen nicht so schnell vorwärts ;-) ).
Die Startcorrals füllten sich nach und nach, wir kamen so mit
einigen anderen Teilnehmern ins Gespräch und endlich war es
dann soweit.
Die Nationalhymne erklang, über uns rauschten zur Feier des
Tages (Patriots Day) zwei Kampfjets hinweg, danach konnte es losgehen.
Vom Start war eigentlich wenig zu merken, es gab nur die Zeitmatten
auf dem Boden, ansonsten eher unspektakulär. Es ging in einem
großen Pulk, viel Platz zum Laufen gab es nicht, da die "Landstraße"
doch eher eng war, Richtung Ashland.
Die ersten 3 Meilen fühlten sich sehr leicht zum Laufen an,
da es von wenigen kleinen "Wellen" doch stetig bergab
ging. Bemerkenswert war, dass es von Anfang an jede Meile etwas
zu trinken gab, man konnte so sicher sein, nichts zu verpassen bzw.
selbst wählen, wann man etwas wollte. Bei in Deutschland teilweise
üblichen 5 km Abständen, kann sich das bitter rächen,
wenn man da eine Getränkestation auslässt.
Georg und Magic starteten 5 Minuten früher als Gerhard und
ich, Georg wollte eine gute Zeit laufen, wir sahen ihn während
des Laufs nicht mehr, Magic ging es gemütlicher an, auf den
traf ich später wieder. Ich selbst wollte Fotos machen, sodass
ich schneller als Gerhard lief, um die Zeit wieder einzuholen. Aber
wieso oft, ich durchkreuzte meinen selbst aufgestellten Plan mit
5:30 min/km, mir war das viel zu langsam bzw. ich kann einfach nicht
langsam laufen;-)). So kam ich am Anfang auf unter 4:45 trotz diverser
Fotostopps und „verlor“ dadurch Gerhard.
Die Zuschauer an der Strecke feuerten mich mit "nice hat"
sowie "Deutschland" und "Germany" Rufen an,
sobald sie meine Kopfbedeckung sahen. Das machte Spaß und
ich grüßte oft zurück. Die Strecke war voll von
Menschen, es wurde teilweise typisch amerikanisch Barbecue an der
Strecke gemacht, jung wie alt saßen vor ihren Häusern
an der Strecke, es war eine super Stimmung. So ging da bis fort
bis zu km 20, denn da wartete etwas Besonderes auf und Läufer,
das bekannte Wellesley College, ein Mädchencollege, das für
seine Ektase und Anfeuerungsrufe für die Läufer bekannt
ist.
Ich spitzte meine Ohren, denn es sollte laut früheren Berichten
schon von weitem hörbar sein. So war es auch, ich konnte es
kaum glauben, da standen lauter Mädels zwischen 14 und 18 Jahren
und streckten ihre "Kisses-Schilder" in die Höhe.
Das ließ ich mir dann doch nicht entgehen, ich verzichtete
zugunsten des Spaßes noch mehr auf die Zeit und genoss das
einmalige Feeling oder anders gesagt, wann kommt schon mal ein "alter
Mann" wieder in diesen Genuss ;-).
beeindruckend waren für mich die Kids wie sie wie an Perlen
aufgereiht den Läufern etwas zur Erfrischung hinreichten. Bei
km 25 nahm ich an der dortigen Powerbarstation 2 Powergels mit,
denn zwischen km 30 und 33 kommen die drei Hills, der bekannteste
ist der Heartbreak Hill. Vom Streckenprofil her gesehen dachte ich
mir, was ist das schon, kleine Steigungen, aber ich täuschte
mich gewaltig. Durch die vielen Stopps, das immer wieder schnelle
Anrennen,ging mir beim Heartbreak Hill ziemlich die Puste aus. Ich
dachte nur, fange ja nicht zu gehen an, sonst wird das peinlich.
Aber mithilfe der Gels kam ich darüber hinweg, denn ab jetzt
geht es über Newton nur noch bergab zurück nach Boston.
Man kommt am Boston College vorbei, von weitem sieht man schon die
Wolkenkratzer von Boston Downtown. Ich fühlte mich hier bereits
schön ausgepowert.
Die wellige Strecke wird sicher oft unterschätzt, ich hätte
sie mir wirklich auch leichter vorgestellt. Das im Internet vorhandene
Streckenprofil sieht völlig easy aus, aber die vielen "Wellen"
haben es in sich.
Kurz vor Schluss traf ich wieder auf Magic und wir vereinbarten
gemeinsam ins Ziel zu laufen. Das Finish befand sich im Zentrum
der Back Bay, der Boylston Street, kaum hatten wir es überquert,
fühlte ich erst so richtig den eiskalten Wind, der dort herrschte.
Ich nahm kurz was zum Trinken und zum Essen, schlottere aber vor
Kälte schon gewaltig und wollte nur noch zurück ins Hotel.
Die Wärmefolien kamen leider etwas zu spät, ich sehnte
mich dringend danach und ging so schnell als möglich zu den
Gepäckbussen. Von dort waren es nur noch ca. 5 Minuten ins
Hotel. Den Anderen ging es genauso, sodass es direkt danach kein
Treffen gab.
Das verschoben wir auf das Abendessen mit leckerem und vorzüglichem
Seafood, exakt Austern und Fischsuppe. Danach ging es zumindest
für Georg, Gerhard und mich noch in eine exklusive Bar in die
Liberty Hall, laut Georg ein früheres Gefängnis. So ging
ein erfolgreicher Tag zu Ende, denn die Amerikaner bezeichnen einen
Marathonlauf als "good work".
Am nächsten Tag war das Wetter bescheiden, es war wie angekündigt
kalt und regnerisch. Georg und Magic hatten etwas anderes als wir
vor. Gerhard und ich gingen noch einmal kurz powershoppen, unser
Lieblingsladen war mittlerweile Victorias Secret, wir kannten uns
schon perfekt aus. Wir hatten ja schon unsere Sportkleidung ;-).
Danach hatten wir eine weitere Berühmtheit auf dem Programm,
die Harvard University, in der Boston benachbarten Stadt Cambridge,
nur durch einen Fluss getrennt. Trotz Regengüssen schafften
wir es wenigstens einen kurzen Überblick über das Unigelände
zu erhalten, danach besuchten wir noch die Hafenseite von Boston,
bis uns der Regen einfach zu stark wurde.
Um ca. 17 Uhr ging es dann zurück zum Flughafen, mit einem
Nachtflug flogen wir dann um 20 Uhr dortiger Zeit zurück nach
"good old Germany", leider dieses mal für Gerhard
und mich in der Economy Class, trotz Versuch des Upgrade durch Georg.
In München angekommen, flog Georg gleich nach Köln weiter,
wo er beruflich hin musste, Gerhard und ich mussten leider auch
ins Geschäft, nur Magic hatte noch etwas Urlaub
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