Im Laufe eines Läuferlebens ändern sich, wie auch im normalen Leben, die Interessen von Zeit zu Zeit. Bei mir ist und war das genauso. Anfangs waren es die großen Marathons in diversen Hauptstädten Europas, die ich laufen wollte. Inzwischen habe ich meine Erfüllung in Landschaftsmarathons gefunden. Dennoch stand für mich schon Anfang des Jahres fest, dass ich in diesem Jahr erneut am München Marathon teilnehmen werde. Vor zehn Jahren, also im Oktober 2008 stand ich hier zum ersten Mal an der Startlinie eines Marathons und konnte diesen auch ins Ziel bringen. So wollte ich dieses Jubiläum auch mit dem München Marathon begehen bzw. belaufen.
Es wird meine vierte Teilnahme in München und im Laufe der Jahre haben sich diverse Details des München Marathons auch geändert. So erwarten mich auch in diesem Jahr Neuerungen, die es wohl auch schon im vergangenen Jahr gab. Die Startunterlagen kann ich nun in der Olympiahalle abholen, schon das ist neu für mich, obwohl ich die Olympiahalle aufgrund zahlreicher Konzerte, die ich dort schon besucht habe, gut kenne. Da ich dank der kurzen Anreise erst am Sonntagvormittag nach München fahre, versäume ich nicht nur den Trachtenlauf, der seit Jahren schon immer am Samstag stattfindet, sondern auch die Marathonmesse. Am Sonntag sind die Stände in der Olympiahalle bereits abgebaut und es gibt nur noch die Möglichkeit der Abholung der Startunterlagen bzw. der Nachmeldung.
Ab acht Uhr ist die Olympiahalle geöffnet und bereits eine viertel Stunde zuvor bilden sich Schlangen vor dem Eingang. Pünktlich öffnet sich eine Tür und doch zieht es sich etwas, bis auch mir der Zutritt gewährt wird. Das ist nicht gerade angenehm, da es mit rund acht Grad lausig kalt ist und ein unangenehmer Wind um die Halle streicht. Wie ich schließlich erkennen kann, verdanken wir den zähen Einlass der aktuellen politischen Lage. Ohne Taschenkontrolle und einer gültigen Anmeldebestätigung gibt es keinen Zutritt in die Olympiahalle. Begleitpersonen müssen heute leider draußen bleiben. Ob diese Maßnahmen sinnvoll sind oder nicht, darüber will ich erst gar nicht lamentieren, aber in der heutigen Zeit muss man sich bei Großveranstaltungen wohl an derartige Maßnahmen und damit verbundene Wartezeiten gewöhnen. Die Abholung der Startunterlagen ist, sobald man erst man in der Halle ist, aber rasch erledigt.
Um neun Uhr habe ich mit einigen Lauffreunden im Olympiastadion verabredet. Auch hier wird der Zutritt wieder nur mit der gültigen Startnummer gewährt. Wartezeiten bleiben jedoch diesmal aus und ich bin pünktlich am Treffpunkt. Die Zeit ist mit meinen Freunden äußerst kurzweilig, obwohl wir alle ziemlich frieren und so ist auch die Wahl der richtigen Laufkleidung das Diskussionsthema Nummer Eins. Als wir einige Erinnerungsfotos im Kasten hatten, begaben wir uns gemeinsam zum Coubertinplatz, wo um zehn Uhr der Start erfolgen sollte. Auch das war für mich neu, ich kannte noch den Start auf der breiten Ackermannstraße außerhalb des Olympiageländes. Der Coubertinplatz befindet sich zwischen Olympiahalle und -stadion, womit nicht nur die Wege sehr kurz waren. Unter der berühmten Dachkonstruktion des Olympiastadions hat man nicht nur etwas Schutz vor dem kalten Wind, es hat auch ein besonderes Flair und ich finde diese Neuerung jetzt schon gelungen.
Pünktlich um zehn Uhr erfolgt der lautstarke Startschuss durch eine Münchner Böllergruppe und die erste Startwelle mit den schnellen Läufern, die eine anvisierte Zeit von unter 3:15 Stunden geplant haben, geht auf die Reise. Insgesamt wird in fünf Wellen gestartet, ich selbst habe mich am Ende des dritten Startblocks einsortiert und fühle mich dort gut aufgehoben. Pacemaker sind ebenfalls reichlich vertreten. Für die Zeiten zwischen drei und fünf Stunden wird im Viertelstundentakt jeweils ein Pacemaker für eine pünktliche Zielankunft sorgen.
Mit zehn Minuten Verspätung auf das Spitzenfeld nehme ich meinen persönlichen Jubiläumslauf dann auch unter die Füße. Insgesamt sind rund 5.500 Marathonis gemeldet, die noch von etwa 750 Staffeln verstärkt werden. Somit ist es gerade beim Start im dritten und vierten Startblock voll auf der Strecke, dennoch lässt es sich schon von Beginn an erstaunlich gut laufen. Wir verlassen nach gut einem Kilometer den Olympiapark und finden uns auf der Ackermannstraße wieder, wo bis vor kurzem ja noch der Marathon gestartet wurde und ich befinde mich wieder auf gewohntem Terrain. Von der Ackermannstraße biegen wir nach zwei Kilometern in die Elisabethstraße ein und schließlich in Ludwigstraße. Diese wartet eigentlich mit mehreren Sehenswürdigkeiten auf, doch wir müssen uns gedulden. Noch vor dem Siegestor wird nämlich gewendet und es geht wieder zurück in Richtung Schwabing. Durch ein Viertel mit noblen Villen nähern wir uns dem Englischen Garten.
Für mich als begeisterten Landschaftsläufer sind die kommenden sieben Kilometer natürlich sehr willkommen. Von Kilometer Acht bis Fünfzehn kann ich hier die Ruhe und die gute Luft von Münchens „Grüner Lunge“ genießen. Der Englische Garten ist mit 375 Hektar eine der größten innerstädtischen Parkanlagen der Welt und auch bei Touristen äußerst beliebt. Der Chinesische Turm und der Monopteros zählen hier zu den beliebtesten Attraktionen. Diese bekommen wir heute nicht zu Gesicht, wir befinden uns nämlich im nördlichen Teil des Englischen Gartens, der sogenannten Hirschau. Diese Bezeichnung führt auf den früheren Wildreichtum in den Isarauen zurück. Bei Kilometer 10 erreichen wir eine der zahlreichen Verpflegungsstellen auf der Strecke. Sie wird, wie jedes Jahr durch einen Passauer Sportverein betrieben. Mit einem humorigen Ortsschild verabschieden sich die Passauer von den Läufern und verweisen auf die verbleibenden 31,7 Kilometer.
Am Ende des Englischen Gartens geht es über die Isar in den Münchner Stadtteil Bogenhausen. Etwas trist ist hier die Strecke, wirkliche Highlights werden dem Auge nicht geboten. Das ändert sich auch nicht als wir Haidhausen durchlaufen. Bis Kilometer 28 muss sich der Teilnehmer des München Marathons dann schon gedulden bis es ordentlich was zu schauen gibt. Mir sticht unmittelbar gegenüber dem Deutschen Museum das Müllersche Volksbad ins Auge. Das Hallenbad im neubarocken Jugendstilbau wird von den Stadtwerken München betrieben und war bei seiner Fertigstellung im Jahre 1901 das größte und teuerste Schwimmbad der Welt und Münchens erstes öffentliches Hallenbad. Ich gehe mal davon aus, dass das Deutsche Museum jedem bekannt ist bzw. dass es in diversen Laufberichten schon ausführlich genug beschrieben wurde. In Bayern kommt wohl kein Schüler mit seiner Schulklasse um einen Besuch des Technikmuseums herum. Für mich ist dieser Streckenabschnitt auf alle Fälle der Opener für die Sightseeingtour durch München. Obwohl ich schon fast dreißig Kilometer in den Beinen habe, fühle ich mich heute richtig gut und habe keinerlei Bedenken die Münchner Altstadt im Laufschritt bewundern zu können. |