Erst geht es aber noch einen Kilometer flach durch Forchach, bevor der Aufstieg beginnt. Mit dem Wechsel der Flussseite, siedelten wir auch von den Füssener Alpen zu den Lechtaler Alpen über. Auf einem schmalen Pfad schlängelt sich der Kurs in vielen Kehren durch den Nadelwald nach oben. Schier endlose Serpentinen scheinen kein Ende zu nehmen und es wird auch zunehmend steiler.
Zur Hälfte des Rennens bin ich eigentlich bedient, mir würde es reichen, das fehlende Bergtraining macht sich doch deutlich bemerkbar, aber hilft ja nix, ich muss weiter. Ich bin allerdings auch nicht der Einzige, dem dieser kräftezehrende Uphill schwerfällt, den einen und die andere kann ich sogar passieren, überholt werde ich von niemanden und da sind noch einige hinter mir.
Nach 13,5 km erreiche ich auf 1800 m Höhe die zweite Versorgungsstation am „Älpele“. Der Standort der Hütte liegt jetzt außerhalb des hohen Baumbestandes und wir können die Sonne genießen. Ja klar, alles ok, antworte ich dem Bergwachtler. In meinen unzähligen Trails, war ich schon öfters in solchen Situationen und weiß, dass ich mich auch wieder erholen werde. Nach weiter oben ist uns an der VP die Sicht versperrt, so kann ich noch nicht ausmachen, wie weit es wirklich hinaufgeht, ich hoffe wir sind bald durch.
Relativ eben führt unser Weiterweg rechts an der Hütte vorbei durch einen Kessel, bevor er wieder ansteigend in eine Latschengasse links abdreht. Die 500 Meter lange, nur leicht ansteigende Traverse über einen Schuttabschnitt bringt wieder etwas Erholung. Um eine Ecke rum, wird endlich auch der Blick nach weiter oben frei. An meinen Vorläufern kann ich erkennen, wo unser Trail verläuft. Ich hatte insgeheim gehofft, dass wir es bald nach oben geschafft hätten, aber Pustekuchen, da ist noch etwas an Arbeit zu verrichten.
Die Vielfalt des geologischen Aufbaus der Lechtaler Alpen bringt eine große Artenvielfalt in Flora und Fauna mit sich. Während wir jetzt auf grünen Almmatten nach oben ziehen, liegen nördlich von uns schroff abfallende Felswände und zwischendrin die Mahdspitze (1992 m), die wie ein steiler Zahn emporragt. Von verschiedenen Positionen können wir den fotogenen, hellen Felsgipfel mit seinen rundlich bewachsenen Grasflächen bewundern.
In einem Kar zwischen dem auf seiner Nordseite komplett grasbedeckten Gipfel der Schwarzhanskarspitze und der tiefer liegenden Mahdspitze erreichen wir nach 15 km unseren höchsten Punkt des Tages auf etwas über 2100 m Höhe. Ganz lapidar ist er für uns nur mit einer im Wind flatternden Wegmarkierung gekennzeichnet.
Auf einem meist grasbedeckten Grat mit herrlichem Weitblick führt unser Trail wellig Richtung Schartenberg, wo wir immer wieder auch schöne Tiefblicke hinunter zum Lech geboten bekommen. Gut zu sehen, der wie ein Perle Türkisblau glänzende Lechaussee, direkt neben dem Fluss. Er ist ein absoluter Traum für Taucher. Das Naturidyll ist zwar nur rund 6 Meter tief, begeistert aber mit unglaublichen Sichtweiten. Bei guten Bedingungen durchblickt man fast den ganzen See und selbst vom Ufer aus ist der Seegrund komplett einsehbar. Kann man sich sogar aus 2000 Meter Höhe gut vorstellen.
Für meinen Geschmack hätte man ruhig ein paar Fähnchen mehr auf dem Pfad anbringen können, größtenteils muss man sich am niedergetrampelten Gras orientieren. Prompt verlaufe ich mich und weiß nicht mehr weiter, nach unten scheint mir der Weg zu gefährlich zu sein. Ich warte ein paar Minuten, bis eine Läuferin etwa 50 Meter oberhalb meines Standortes auftaucht und frage sie nach dem richtigen Weg. Sie meint, sie sei richtig. Das ging gerade noch einmal relativ glimpflich, mit ein paar zusätzlichen Aufstiegsmetern für mich aus.
Das Gipfelkreuz des Schartenberg, ist das einzige, das wir heute unmittelbar passieren. Auch hier sitzen, wie an vielen anderen Stellen auch, Posten oder Personen von der Bergwacht und notieren unsere Startnummern. Die Mädels meinen jetzt geht’s nur mehr abwärts.
Aber die Strecke wird jetzt zunehmend technisch anspruchsvoller, obwohl immer leicht abwärts fällt mir das Laufen hier sehr schwer, bzw. ich stelle lieber ganz auf hiking um. Ein Fehltritt an den Bergflanken entlang könnte fatal sein, mir ist das zu gefährlich. Über 2 km traversieren wir an den Hängen von Schartenberg zum Hallanderberg, ich stehe mittlerweile ganz schräg in meinem bergseitigen Schuh, was sehr unangenehm ist. Da habe ich wohl die falsche Schuhwahl getroffen, ein stabilerer Laufschuh, gegenüber meinen leichten Trailschlappen, wäre heute nicht die schlechteste Wahl gewesen.
Im dichten Wald führen uns die letzten 5 km auf der Nordseite bis hinunter ins Lechtal. Nach 20 km erwartet uns die dritte Labestelle, Noch weitere 2 km führt der Downhill auf Single-Trails durch den Wald, ehe der Schlussabschnitt auf einer Forststraße beginnt. Wir befinden uns jetzt in etwa auf Höhe von Weißenbach, immer wieder kann ich Wortfetzen vom Zielsprecher auf der Sportanlage vernehmen.
Der Schlussabschnitt vereint sich mit den Teilnehmern und Teilnehmerinnen des Haupt- und Hobby-Laufes, die erst am Nachmittag gestartet sind. Über einen schönen Lechsteg wechseln wir 500 m vor dem Zielbogen auf die andere Lechseite und durch den Ort auf das Zielgelände.
Mit Beifall werde ich von vielen Zuschauern in den etwas verwinkelten Zielkanal geleitet. Als ich nach dem ersten Zielbogen meinen Lauf beende, werde ich aber schnell darauf hingewiesen, dass das Ziel erst weiter vorne liegt. Erst 100 Meter und zwei Kurven weiter ist es dann soweit, namentlich werde ich vom Zielmoderator angekündigt und beglückwünscht. Von einer jungen Dame bekomme ich die Finishermedaille umhängt. Die habe ich mir härter erarbeiten müssen, als im Vorhinein gedacht. Meine Voraussetzungen waren natürlich auch etwas schwieriger, aber ich bin froh dabei gewesen zu sein.
Zur Premiere des LechLauf kann ich nur gratulieren, die vielen Teilnehmer und vor allem die tollen und landschaftlich wunderschönen Strecken haben die Erstaustragung zu einem Fest werden lassen, das im Übrigen auch nach den Zieleinläufen noch einige Zeit im Festzelt weiterging.
Der TrailLauf ist nix für schwache Gemüter, so ist er in der Ausschreibung beschrieben und dem kann ich auch unumwunden zustimmen. Anfänger und Rookies sollten eher die Finger davonlassen, dafür sind die Anforderungen zu hoch, aber für alle anderen bietet er Trailspass pur.
|