Einmal erwischt es halt jeden
Begeistert stehen wir auf dem Plaça d'Espanya und genießen die pompöse Inszenierung unseres Marathon-Start-Bereiches vor uns. Flankiert von zwei gigantischen, dem Markusturm in Venedig nachempfundenen Backsteintürmen könnte diese nicht eindrucksvoller ausfallen.
Das Gelände hinter den „Torres Venecianas“ ist der Dreh- und Angelpunkt des Marató de Barcelona. Es dient als Start- und Zielgelände und auch die Marathon-Expo ist in einer der vielen Messehallen auf dem ehemaligen Gelände der Weltausstellung von 1929, an der von unzähligen kleinen Brunnen gesäumten Avinguda de la Reina Maria Christina untergebracht. Definitiv einer der eindrucksvollsten Start- und Zielbereiche der Welt.
Euphorisiert machen wir uns auf die Suche nach der richtigen Messehalle, in welcher wir unsere Startunterlagen empfangen können. Aber wo befindet sie sich? So ganz genau hat keiner unserer sechs Läufer umfassenden Gruppe einen Plan, geschweige denn einen in gedruckter Form bei sich. So bleibt uns erst mal nichts anderes übrig, als zu beobachten in welche Richtung sich der Menschenstrom bewegt.
Er zieht aufwärts, in Blickrichtung des majestätischen „Palau Nacional“ am Fuß des Montjuïc. Als spanisches Nationalmonument konzipiert war der Palast das Wahrzeichen der Weltausstellung. Einige hundert Meter marschieren wir, bis uns ein großer Ballon mit Sponsorenlogo etwas unterhalb des Bauwerks den richtigen Weg zur „Expo Sports“ weist.
Expo Sports
Nicht so spektakulär wie das bisher gesehene, präsentiert sich die riesige Halle mit ihren 12.000 m2 Grundfläche im Innern, hier musste wohl die Funktionalität der Schönheit weichen. Aber für unsere Zwecke ist das genau richtig, am Samstagabend werden die 105 Ausstellerstände wieder abgebaut und uns steht das große Areal am Raceday zum Warmhalten und zur Deponierung unserer Wechselklamotten zur Verfügung.
Neben dem großzügigen Abholbereich der Startnummern gibt es noch einen separaten T-Shirt-Empfang. Für die Frauen gibt es eine eigene modische Damenversion in Schwarz/Magenta. Wir Herren bekommen eines in leuchtendem Orange mit schwarzen Einsätzen. Wer vorab schon Wert auf eine geschmeidige Muskulatur legt, dem kann hier auch geholfen werden. Die Liegen der Masseure sind bereits aufgebaut und werden auch fleißig frequentiert.
Wir haben unseren Abholtermin absichtlich in die späten Nachmittagsstunden gelegt, um die erste Vorstellung des berühmten und spektakulären Springbrunnens „Font Màgica“ um 19 Uhr zu erleben. Dessen Standort liegt direkt vor dem Eingang. In einem 50 auf 65 Meter großen Becken befinden sich unzählige Fontänen, die jetzt am Abend angestrahlt werden.
Alle halbe Stunde kann man eine 15-minütige Show bestaunen, die sich aus einem einzigartigen Zusammenspiel von Wasser, Lichteffekten, Farben und Musik zusammensetzt. Es lohnt sich auch, die magischen Wasserspiele mehrmals zu besichtigen, da sie an einem Abend bis zu 30 Mal in unterschiedlichen Varianten und Musikstücken gezeigt werden.
Marató
Auch 10 Minuten vor dem Start um 8:30 Uhr muss ich mich im Startbereich nicht durchdrängeln um einen passenden Platz zu finden. Ungehindert kann ich mich fast ganz vorne einreihen. Gemäß der eigenen Bestzeiten-Angabe bei der Anmeldung wird man in einen von vier Zeitbereichen eingeteilt. Rot werde ich nicht, obwohl ich mich fast ganz vorne bei den 3:00 – 3:30-ern eingereiht habe. Die guten alten Zeiten, als ich dazu noch einigermaßen fähig gewesen wäre sind für mich vorbei. Trotzdem habe ich keine Bedenken, ich muss ja fotografieren und brauche die Läufer hinter mir.
Einen Startblock vor mir
steht Magic, mit dazu würde eigentlich noch Hans stehen, leider musste er aber nach einem Arbeitsunfall doch noch passen. Er hat's probiert, aber die Probleme waren selbst beim Sightseeing noch zu groß. Hinter mir stehen Judith und Udo, ihr Ziel heute um die 3:45 - 3:50 h. In der hintersten Startreihe stehen Karin und Margot, sie ist derzeit in super Verfassung, mal sehen was heute raus kommt.
Mehrsprachig werden uns viele Informationen vom Lauf über die Lautsprecheranlage mitgeteilt, deutsch ist auch dabei. Begeistert ist der Sprecher natürlich von der erneuten Steigerung der Anmeldezahlen auf 15.075 gegenüber 12.211 aus dem Vorjahr. Dabei ist die Erfolgsgeschichte dieses Laufes noch gar nicht so lang, obwohl heute bereits die „33rd edition of la Marató de Barcelona“ ansteht.
Von 1978 bis 2000 dümpelte er in seinen Anfangsjahren als Marató de Catalunya auf einer Punkt-zu-Punkt-Strecke mit Start 15 km nördlich an der Costa Brava so vor sich hin. Eine ähnliche Strecke wurde bei den Olympischen Spielen 1992 gelaufen. Wie bei diesem, lag das Ziel in diesen Jahren im Olympiastadion auf dem Montjuïc, dann aber entschied man sich dafür, den Läufern diesen letzten Anstieg zu ersparen und verlegte in ab 2001 vollständig in die Innenstadt Barcelonas.
Der absolute Tiefpunkt war 2005, als man Aufgrund von Unstimmigkeiten mit der Stadtverwaltung die Veranstaltung absagte und stattdessen im Umland einen Marató del Mediterrani ausrichtete. Von diesem Lauf las ich damals einen wenig erfreulichen Bericht, so dass ich niemals daran gedacht hätte, hier auch einmal zu landen. Erst die Berichte von Joe und Magic aus den beiden letzten Jahren haben in mir und meinen Lauffreunden wieder das Interesse geweckt.
2006 wurde die Stadt Barcelona wieder unter Federführung der RPM Racing und Amaury Sport Organisation (ASO) in die Organisation eingebunden und der Marathon wieder in die Innenstadt geholt. Die Zahl der Angemeldeten lag damals bei 4.425. Seitdem geht es für die Veranstaltung in Riesenschritten nach oben.
Start
Die Topläufer dürfen zwei Minuten vor dem Hauptfeld starten, dann ist es auch für uns soweit, pünktlich werden wir unter den Klängen von Freddie Mercurys „Barcelooona“ losgelassen. Etwas mehr als 13.000 Teilnehmer überqueren letztendlich heute die Startlinie. Nur wenige Meter sind es bis zum gutbesuchten Plaça de Espanya, einem der wichtigsten Verkehrsknotenpunkte der Stadt, was niemand daran hindert ihn heute für den Verkehr zu sperren.
Wir biegen scharf nach links ab und folgen einige Kilometer der kerzengeraden Carrer de Sants. Die Temperaturen liegen noch im einstelligen Bereich, aber frösteln wird’s wohl keinen mehr, obwohl wir uns noch meist im Schatten der Wohnhäuser bewegen. Ohne größeres Gedränge kann ich mir mein gewünschtes Lauftempo suchen.
Nach knapp drei Kilometern erreichen wir Camp Nou, das größte Fußballstadion Europas, knapp 100.000 Zuschauer können hier eines der Heimatspiele des FC Barcelona bewundern. Es wird aber vom renommierten Architekturbüro Norman Foster in den nächsten Jahren auf ein Fassungsvermögen von 116.000 erweitert und soll sich somit sogar mit an die Weltspitze setzen.
Ein bisschen enttäuscht bin ich schon, zumindest jetzt bei Tageslicht macht es relativ wenig her. Wer dennoch mal dabei sein möchte, die Ausführungen auf dem Rasen sollen ja wesentlich eindrucksvoller sein, auf der Flaniermeile La Rambla gibt es eigene Stände, wo Tickets ab € 40,- angeboten werden.
Nicht zu unterschätzen ist der erste Abschnitt bis KM 4, er beinhaltet mit 50 Höhenmetern 1/3 der gesamten Anstiege der Strecke. Die erste von 10 Getränke- und Verpflegungstationen erreichen wir nach 5 km. Hier gibt es für’s erste nur Wasser, gereicht in praktischen wieder verschließbaren Plastikflaschen. So kann ich mein Getränk für eine Weile mit mir mittransportieren und muss es nicht auf einmal hinunterkippen. Leider denken nur die wenigsten so wie ich, die meisten Plastikbottles werden meist noch gut gefüllt am Straßenrand entsorgt. Ich erinnere mich wieder an ein Hinweisschild bei mir im Hotel: „Water ist a scarce resource, please help us to save it“.
Eine Schleife führt uns bei KM 7 erneut an Camp Nou vorbei, aber diesmal genau auf der gegenüberliegenden Seite. Der Aufstieg beim Herweg ist mir in der Anfangseuphorie gar nicht so richtig bewusst geworden, wesentlich mehr bemerke ich jetzt das Gefälle auf dem Weg wieder zurück Richtung Plaça d'Espanya. Teilnehmern, denen das Internationale Einheitensystem nicht so gebräuchlich ist, bekommen hier alle 5 Meilen die entsprechende Markierung angezeigt.
Auf der hinteren, dem Platz abgeneigten Seite passieren wir nach 11 km die wunderschöne, im arabischen Stil gebaute, frühere Stierkampfarena „Arenas de Barcelona“. Sie wurde bereits 1900 eröffnet, ist aber schon seit 1977 nicht mehr in Betrieb und wird derzeit zum Einkaufszentrum umgebaut. Ab 2012 werden die Toreros im Übrigen in der gesamten autonomen Region Katalonien keine roten Tücher mehr schwenken und die Stiere am Leben bleiben. Das Stierkampfverbot für die ersten Festland-Spanier wurde vom katalanischen Parlament im letzten Jahr beschlossen.
Gaudí
Nach 13 km biegen wir ein in die Passeig de Gràcia im Stadtteil Eixample, sie ist eine der Hauptalleen in Barcelona und auch eine seiner wichtigsten Einkaufs- und Geschäftsstraßen. Viele große Designer-Labels sind in den zahlreichen, prächtigen Gebäuden untergebracht. Wer die Augen offen hält wie ich, kann einige der schönsten und berühmtesten Häuser der Stadt bewundern. Dazu gehören natürlich in erster Linie die Werke von Antoni Gaudí, den bedeutensten Architekt der Modernisme. Er verhalf der katalanischen Architektur mit seinen kreativen und plastischen Bauausschmückungen zu weltweiten Ruhm und Ansehen.
Als erstes seiner Werke können wir auf der linken Seite Casa Batlló bewundern, hier wollte Gaudí den Drachen der Sankt-Georg-Legende darstellen. Das Dach ist wie der Rücken eines Untiers geformt und mit großen, glänzenden Schuppen versehen. Diese phantastische Kombination von Farben und Formen ist ungefähr bei KM 14,5 zu bewundern.
Kaum 500 Meter weiter, diesmal zu unserer Rechten, passieren wir schon sein nächstes Kunstwerk. Casa Mila, oder auch „La Pedrera“ genannt. Zunächst hielt man in Barcelona nicht allzu viel von dem Haus, daher wurde es unter diesem Spottnamen, übersetzt „Der Steinbruch“ bekannt. Die Front des Hauses wirkt wie ein massiver Felsen, der nur durch Wellenlinien und aus Eisen geschlagenen Ornamenten aufgelockert wird. Der helle Stein und die ansonsten farblose Fassade unterscheidet es deutlich von seinen anderen Bauten. 1984 wurde es von der UNESCO als erstes Gebäude des 20. Jahrhunderts zum Weltkulturerbe erklärt. Mir haben es besonders die wunderschön verspielten Eisenbeschläge angetan, ein Anblick zum genießen.
Vor einem Obelisken, am Jardin de Salvador Espriu endet für uns der Ausflug auf der Prachtallee, hier biegen wir nach rechts ab, auf direkten Weg zur Hauptattraktion von Barca. Aber auch auf dem Weg dorthin wird uns noch einiges geboten. Das dreieckige Casa de les Punxes – ausnahmsweise mal nicht von Gaudi – mit seinen Spitztürmen und Wetterfahnen im europäisch-gotischen Stil liegt fast wie eine mittelalterliche Burg inmitten der Stadt und unterscheidet sich so deutlich vom bisher Gebotenen.
Bei KM 17 ist es erreicht, das wohl berühmteste Wahrzeichen von Barcelona, das Lebenswerk von Antoni Gaudí, die Sagrada Familia. Seit 1882 wird an der Kirche gebaut. 1883 übernahm der Meister selbst, bis zu seinem Tod 1926 die Führung der Bauarbeiten. Viel Zeit sollte man sich bei der Besichtigung der Details der Fassaden nehmen, was unsere Gruppe natürlich schon am Vortag gemacht hat. Beim Vorbeilaufen, oder auch kurzem Verweilen ist das natürlich nicht möglich.
Für Besucher die auch das Innere sehen wollen, kann ich nur den Tipp geben, früh aufstehen und spätestens um 9 Uhr vor Ort sein, zu späteren Stunden gibt es Warteschlangen um das Gebäude herum. Aber was mir gerade auffällt, ausgerechnet heute, es ist gerade 11 Uhr, kann ich überhaupt keine Touristenmassen entdecken. Schaun den alle beim Marathon zu? Ja, scheint fast so, über mangelndes Zuschauerinteresse können wir uns wahrhaft nicht beklagen.
Mit der Fertigstellung der Kirche wird 2026 gerechnet, dann wird sie unser Ulmer Münster mit dem derzeit höchsten Kirchturm der Welt um einige Meter überflügelt haben. Finanziert wird der Bau ausschließlich aus Spenden und Eintrittsgeldern. Derzeit sind 8 der 12 über 100 Meter hohen Glockentürme fertig gestellt. Die höheren Türme der Fassade und das zentrale Kuppelgewölbe mit einer geplanten Höhe von über 170 Metern werden noch gebaut.
Die nächsten Kilometer lassen mir dann doch etwas Zeit die optischen Leckerbissen zu verdauen und mich etwas mehr auf’s Laufen zu konzentrieren. Dafür sorgen aber einige Bands und Entertainment-Stationen für Abwechslung, laut Veranstalter sollen es deren 40 sein. Dazu kommt noch eine etwa einen Kilometer lange Begegnungsstrecke die ab KM 19 beginnt und etwa einen Kilometer lang ist. Margot kann ich hier, kurz vor meiner Halbzeit auf der gegenüberliegenden Spur ausmachen. Mein lieber Scholli, sie ist wieder gut drauf. Da sie zwei Startblöcke hinter mir gestartet ist, muss sie zeitlich bereits auf meiner Höhe sein.
Die elegant geschwungene Brücke „Bac de Roda“ vom berühmten Architekten Santiago Calatrava überqueren wir bei KM 22. Ein Blick nach rechts auf dem Scheitelpunkt der Brücke zeigt mir schon vorab unser nächstes architektonisches Ziel, den „Torre Agbar“. Aber dorthin kommen wir nicht auf direktem Wege, erst führt uns der Kurs noch bis fast runter ans Meer wo uns eine üppige ausgestattete VP-Station (KM 25) erwartet. Zu Wasser und Isogetränken gibt es noch Bananen, Äpfel und Orangen.
Wie ihr Name schon sagt, durchschneidet die mehrspurige Avinguda Diagonale komplett die Stadt von West nach Ost. Wir folgen ihrem Weg bis zum Plaça de les Glòries Catalanes. Auf 2,5 km hat man heute auch eine der wichtigen Durchgangsstraße Barcelonas, abschnittsweise von ihren normalen Verkehrspflichten befreit. Mittendrin benötige ich dringend eine Pause, mein Akku ist leer. Nein, nicht mein körperlicher, sondern der meiner Kamera. Ich bin heute aus fotografischer Sicht in Hochform, aber in weiser Voraussicht führe ich ja immer zwei der Energiequellen bei mir.
Von weitem schon seit längerem im Auge, können wir unmittelbar neben dem Plaça de les Glories Catalanes (KM 27) den 142 Meter hohen Torre Agbar aus nächster Nähe begutachten. Derzeit ist er das höchste Gebäude in der Stadt. Nur die Sagrada Familia wird einmal höher sein und das wird für alle Zeiten so bleiben, das ist in den Bauvorschriften von Barcelona so festgelegt.
Für die Oberfläche wurden 40 verschiedene Lackfarben verwendet, wodurch sich je nach Tageslicht ihre Farbe verändert. Besonders eindrucksvoll ist der beleuchtete Turm nachts. Während der Beleuchtung ändern tausende beleuchteter Panels permanent ihre Farben. Das Wort "Agbar" ist ein Kunstwort und setzt sich aus Aguas de Barcelona zusammen, womit die Wasserwerke gemeint sind, logischerweise auch Bauherr des Gebäudes.
Auf gleichem Weg wie wir gekommen sind, geht es zurück bis zum Beginn der „Diagonale“, diesmal nur auf der anderen Straßenseite, getrennt von einem teilweise mehrere Meter breiten Mittelstreifen. Unten angekommen können wir wieder verpflegen, zum frischen Obst gibt es jetzt auch Trockenfrüchte und Nüsse. Körperlich fühle ich mich nicht mehr gerade frisch, daher gönne ich mir mein einziges mitgeführtes Energiegel.
Mar Mediterráneo
Nach 31 km ist es endlich soweit, wir haben freien Blick auf das „Mar Mediterráneo“. Über 5 km führt unser Kurs an der Uferpromende und am Port Olímpic entlang. Obwohl wir, sowohl architektonisch als auch anfeuerungsmäßig schon überaus verwöhnt wurden, entwickelt sich dieser Abschnitt am Meer entlang, heute zu meinem absoluten Lieblingsstück. Ich steigere mich in eine absolute Hochstimmung.
Vielleicht liegt es an der konzentrierten Kohlenhydratzufuhr oder aber auch einfach am herrlichen, ja fast sommerlichen Wetter nach unserem langen Winter, urplötzlich durchfährt mich ein unglaublicher Adrenalinschub, meine Endorphine spielen verrückt. Meine Beine fühlen sich so richtig locker an, mir tut nichts weh. Ich glaube ich habe jetzt das so oft zitierte „Runner‘s High“. Einmal erwischt‘s halt jeden, bei mir hat es jetzt immerhin 42 Marathons gedauert. Aber es fühlt sich so was von geil an.
Bestimmt 300 Bilder hab ich schon auf dem Speicherchip, jetzt möchte mein Körper nur noch laufen, laufen, laufen. Die restlichen Fotos schieße ich entgegen meiner sonstigen Gewohnheit fast nur noch in Bewegung.
Karin hat mich bereits vor einigen Kilometern, bei einer meiner Fotosessions überholt, jetzt kann ich mich zurückrunden, ich bin nur mehr auf der Überholspur. Am Zoo verlassen wir nach 4 km Strandlauf wieder das Meer. Am wunderschönen, in rötlicher Ziegelbauweise errichteten „Arc de Triompf“ gönne ich mir aber doch noch eine konzentriertere Fotopause, er muss vernünftig auf den Chip. Anlässlich der Weltausstellung 1888 wurde er als Haupteingangstor im neu-maurischen Stil errichtet.
Auf dem Zulauf des Monuments und danach säumen wieder unglaublich viele Zuschauer den Weg. Venga, Venga habe ich heute schon oft gehört, aber hier ist es besonders eindringlich, als wir nach dem Bogen durch ein dichtes Spalier von Menschen laufen. Ich bekomme heute nicht genug, bin richtig beflügelt von Lauf, Land und Wetter. Ich kann mich nicht erinnern, mich nach fast 40 km jemals noch so gut gefühlt zu haben.
Am südlichen Ende der Rambla passiere ich Kolumbus (KM 39) auf seiner 60 m hohen Säule. Er deutet mir den Weg nach Amerika. Ja, das wäre vielleicht sogar noch einmal eine Steigerung zum heutigen Tag. Zuletzt war ich 2007 übern großen Teich. Bei ihm ist es sogar schon über 500 Jahre her. Ohne langen Fotogruss mache ich mich vom Acker, ich will laufen, laufen, laufen.
Die letzten beiden Kilometer absolviere ich noch ohne Fotostopp, eigentlich wollte ich die 4:19 noch packen, nachdem ich zu Mitte des Marathons noch eher Richtung 5 Stunden tendiert habe. Aber die Zeit ist durch, so kann ich mir auf dem proppenvoll besetzten Plaça d'Espanya und auf der Zielgeraden durch die Venizianischen Türme nochmal Zeit für Aufnahmen nehmen. Letztendlich werden es 4:22, abzüglich 350 Bilder unterwegs geschossen. Wie viel macht das für mich netto?
Genau im Plan kam Judith mit 3:47 ins Ziel, Udo schaffte es auch noch unter die 4 Stunden. Karin musste sich am Ende noch richtig plagen, um ihre hervorragende 4:17 ins Ziel zu bringen. Ihre derzeitige super Form stellte Margot erneut mit einer 4:29 unter Beweis.
Leider bin ich jetzt im Ziel, einer meiner schönsten City-Marathons ist zu Ende. Barcelona grandiosa – Danke, großartiges Barcelona, das gilt für die Stadt, die Veranstaltung, die Menschen und dem Wetter … einfach für alles. Mich würde nicht wundern wenn die Teilnehmerzahlen in den nächsten Jahren noch weiter rapide ansteigen.
Die Laufstrecke bietet fast alles was Barcelona an Sehenswürdigkeiten im Angebot hat, dazu einen atemberaubenden Start- und Zielbereich. Auch Zuschauer sind entgegen sonstigen südländischen Gewohnheiten, zahlreich an der Strecke anzutreffen. Dazu kommt noch das herrliche Wetter, nächstes Jahr wird der Lauf noch zwei Wochen später gestartet, das sollte fast eine Schönwettergarantie sein. Ich kann allen nur empfehlen, nix wie hin! |