Bericht als PDF
 
Teil 1 Florida & Wilma   Teil 2 Anna Maria & Friendship Run   Teil 3 Marathon  
 
 
 
Freiburg Marathon
König-Ludwig Marathon
Alpseelauf    
München Marathon    
New York Marathon    
   
   
   
Staten Island
Ich stand um 4.30 Uhr auf und fühlte mich jetzt doch ganz gut. Endlich ging’s los. Alles strömte in eine Richtung und es wurden von Minute zu Minute mehr. An der Busabfahrt war schon gewaltig was los, ein Bus an dem anderen stand bereit. Die Ordner trieben uns mit »Move on folks« und »Quickly please« voran und ehe ich auch nur einmal richtig zum stehen kam, saß ich schon im Bus. Alles war Top organisiert! Um 6.30 Uhr war ich bereits auf Staten Island, wo wir schon von ersten Anfeuerungsrufen begrüßt wurden. Vielleicht war das auch organisiert. Es war bestimmt schon 10 Grad warm. Ich begab mich gleich zum Frühstück, ein Becher Kaffee und ein Bagel mußten reichen. Ich suchte mir ein schönes Plätzchen, machte es mir bequem und beobachtete die Läufer. Viele hatten den New-York-Chip am Schuh, kein Wunder, 32 % liefen hier ihren ersten Marathon. Ununterbrochen bis 9.15 Uhr brachten die Busse die Läufer ins Ft. Wadsworth. Ich gab meine Kleidertasche ab und schaute mich noch etwas im Lagerum, was es so alles gab. Einen Stand um sich Namensschilder aufzukleben, einen Vaseline- und Medical-Stand, einen Power-Bar-Stand und noch einiges mehr fand ich vor. Vom Profi-Damen-Start bekamen wir im hinteren grünen Bereich nichts mit. Ich hatte Startnummer 21073 und war noch vorbildlich im Bereich 21.000 – 23.000 postiert. Langsam formierten sich die Läufer, vor mir stellte sich das Pace Team mit Zielzeit 4:30 h auf, das war mir doch etwas zu langsam, jetzt kurz vor Start ging ich soweit vor, wie es irgendwie möglich war. Gerade so weit, daß ich wenigstens die Amerikanische Nationalhymne noch hören konnte. Der Startschuß war wirklich ein erhebendes Gefühl. Wir »Green Bibs«, was ungefähr so viel wie »Grünes Lätzchen« bedeutet und auf die grünen Startnummern hinweist, mußten im Untergeschoss der Brücke laufen, war nicht so schlimm da durch den Nebel schlechte Sicht herrschte. Es hatte schon 16 Grad und ich fühlte mich jetzt aber wirklich gut. Ich dachte an Gabis Worte: »Alles nur psychisch«. Ich sah einige 3:40 Pacer vor mir und suchte mir einen muskulösen Schwarzen aus, an den ich mich hielt. Aber bereits nach »1,5 mi« hielt er plötzlich an und ich verlor in aus den Augen. Die Steigung nahm ich in der Euphorie überhaupt nicht wahr, obwohl hier der steilste und höchste Punkt der Strecke ist. Für die erste Meile benötigte ich aber 11:30 Min.
 
Hier war der Eingang ins große Lager.
Die berühmte längste Pinkelrinne der Welt war bestimmt über 50 m lang, je näher der Start rückte umso voller wurde es hier.
Ich machte es mir bequem.
Den imposanten Anblick der gewaltigen Verrazano Bridge hatte man immer vor Augen.  
So sah es kurz vor dem Start aus.
Alles wird später an die Obdachlosen verteilt.
   
37.597 Läufer waren am Start. Die »Green Bibs« müssen unten laufen, oben liefen die »Blue Bibs« und »Orange Bibs«.
Brooklyn
Als wir die Brücke verließen, knallte uns schon richtig die Sonne entgegen, Es war hier bestimmt über 20 Grad warm. Für mich kam jetzt der schönste Abschnitt des Laufes. Ich war noch frisch und die Menschen machten hier ein solches Spektakel und einen Lärm wie ich es noch nie erlebt hatte. Fast schon zu laut. Mit »Bernie you got it« und »Bernie go« peitschten mich die Zuschauer, vornehmlich Schwarze, durch die 4th Avenue von Brooklyn und einigen antwortete ich begeistert mit »Yeah«. Ich lief nur nach Pulsmesser um ja nicht zu überziehen. An jeder Getränkestation goss ich mir bereits Wasser über den Kopf, leider löste sich dadurch mein aufgeklebtes Namensschild, so musste ich ab der 10K-Markierung ohne persönliche Anfeuerung auskommen. Urplötzlich wurde es vollkommen ruhig, man hörte nur das Getrampel der Läufermassen, wir liefen durch das orthodoxe Judenviertel. Die Menschen sehen nicht nur anders aus, sie sind es auch. Die ausschliesslich in Schwarz gekleideten Männer mit Ihren seltsamen Bärten und auch einige Mädchenklassen, sorgfältig in Reih und Glied sortiert, begutachteten uns fast teilnahmslos. Hier gab es auch wieder einige leicht nebelige Abschnitte, die die Temperatur auf angenehme 16 Grad drückten, wie ich an einer Anzeigentafel lesen konnte. Kurz vor der Pulaski Bridge wurde die Halb- marathonzeit gemessen. Ich lag mit ordentlichen 1:53:27 noch gut im Plan und fühlte mich auch noch gut.
 
Hier am Anfang der 4th Avenue von Brooklyn war mein Lieblingsstück.
Im Orthodoxen-Judenviertel herrschte gespenstische Stille.
An der Pulaski Bridge hatte man das erste Mal den Blick auf Manhattan.
     
     
     
     
     
Queens
Wir liefen jetzt aber nur noch in der Sonne und die Temperatur stieg auf über 20 Grad, ich fand es aber sehr angenehm. 2 Meilen durchquerte man jetzt Queens. Der Anstieg zur Queensborough Bridge war die erste richtige Steigung die ich in den Beinen spürte, da man die Brücke nur im Unterdeck laufen darf, wird man zwar von der Sonne verschont aber die beeindruckende Aussicht auf die Skyline von Manhattan kann man auch nur teilweise genießen. Bei diesem schweren Anstieg über einige hundert Meter, waren die meisten Läufer doch sehr in sich selbst vertieft. Diese angenehme Ruhe wurde geprägt vom rythmischen Klang der Füße, verstärkt durch den Hall der Brücke. Es kam mir vor wie eine herrliche »Läufer-Sinfonie«.

Manhattan
Als wir die Brücke verließen, ging es um eine Ecke herum nach Manhattan, sobald man die Zuschauermassen hier sieht und hört ist alle Schwäche vergessen, es herrschte eine Stimmung und Begeisterung, die einfach jeden Läufer mitriss. Wir Läufer hatten deutlich mehr Platz als die dicht gedrängten Zuschauer. Es ging jetzt 8-spurig die 1st Avenue hinunter, endlos lang, kerzengerade und leicht bergab. Hier und im Central Park stand ein Großteil der angeblich 2 1/2 Millionen Zuschauer. Etwa 100 Musikgruppen entlang der ganzen Strecke sorgten zusätzlich für Stimmung. Bei Meile 18 kam die Power-Bar-Station mit den Energie-Gels, dem einzigen Verpflegungsstand des Veranstalters. Bei »30K« spürte ich schon dass es heute noch schwer für mich werden würde.

Bronx
Auf der Wills Avenue Bridge musste man über Gitterflächen laufen, obwohl noch Teppiche darüber gelegt wurden, fand ich es etwas unangenehm. Empfangen wurden wir am Ende der Brücke von Dudelsackpfeifern. In der Bronx waren die Menschen sehr nett, verteilten Bananen, Orangen, Cookies und andere Süßigkeiten, ganz anders als von früheren Filmen in Erinnerung. Wieder in Manhattan zurück, ging es die berühmte 5th Avenue wellenförmig aber stetig bergauf hinauf, fast 10 km »Berglauf« lag noch vor mir. Hier begann der härteste Abschnitt des Marathons. Mein »Schweinehund« wurde jetzt zu meinem ständigen Begleiter. Immer wieder forderte er mich auf: »Du bist heute nicht so gut drauf, geh doch mal ein Stück«. Mein »20-mile split« war schon bei 2:57:51 und ich wollte wenigstens unter 4 Std. bleiben, das trieb mich voran.

Central Park
Kräftezehrend und zermürbend ging es 51 Blocks den Central Park entlang. Der Jubel nahm wieder deutlich zu, je höher man kam. Als es dann in den Park ging, standen die Zuschauer wie eine Wand an den Seiten, ganz Manhattan schien hier zu stehen. Mir fiel es aber sehr schwer, alles noch richtig aufzunehmen, »Schweini« meldete sich wieder: »Geh wenigstens die letzten Meilen«. Ich lief aber weiter. Mit Rufen wie »You´re lookin´good« oder »You did a great job« wurde man immer wieder voran geschrien. Gabi stand hier mit einem riesigen Schild und ich lief direkt einen Meter an ihr vorbei, ich konnte Sie aber nicht mehr registrieren, hatte ich doch nur noch die 4 Std-Grenze vor Augen. Ich lief aber mit meinen letzten Reserven. Die Meilenabstände zogen sich endlos hin, wie sehr sehnte ich mich doch nach den gewohnten Kilometertafeln. Viele von den 36 Pacemakern sah ich hier gehen oder weit von ihren Zeitziel entfernt, die New York Road Runner sollten sich vielleicht mal bei unserem mehrmaligen »Berlin-Pacer« Martin melden. Die letzten 400 Yards wurden noch in 100er Abschnitten runtergezählt, selbst hier meldete sich »Schweini« noch und meinte: »Geh wenigsten die letzten 100 Meter«. Das wollte ich aber auch nicht mehr. Das war mir bis jetzt noch bei keinen Marathon passiert, »Null Kraft für einen Endspurt«. Ich schleppte mich aber immerhin laufend ins Ziel.

Im Ziel
Ich hatte es doch noch geschafft unter 4 h. Ich holte mir gleich eine Flasche Wasser, Wärmefolie und Medaille und schlug mich gleich in den Park durch. 20 Minuten verbrachte ich fast regungslos, auf einer Bank. Ich musste noch ein ganzes Stück zu Fuß gehen um meinen Kleidersack zubekommen und ins Hotel zurück zu kommen, aber dadurch konnte ich mich auch ziemlich schnell wieder erholen. Vom sensationellen Zieleinlauf der Profis las ich erst am Montag in der New York Times. »Schweini« hatte ich auf alle Fälle besiegt. Mit meinen 3:56:34 war ich, in Anbetracht der vorangegangenen Zwei Wochen, sehr zufrieden und überaus glücklich. Eine Bestleistung wollte ich in NYC sowieso nicht mehr laufen, ein bißchen schneller vielleicht schon, aber mein Zenith war einfach mindestens um 3 – 4 Wochen überschritten. Die Zeit relativiert sich noch durch die Aussage von Lauf-Guru Manfred Steffny der schreibt: »Ein 3-Std.-Läufer braucht ca. 10 min. und ein 4-Std.-Läufer gar 20 min. mehr beim New York City Marathon«. Die gelaufenen Höhenmeter addierten sich ganz schön hoch.

Fazit
Ich war auf alle Fälle begeistert vom NYC-Marathon, die Anfeuerung der New Yorker und Amerikaner ist einfach einzigartig und in Europa kaum vorstellbar. Dazu kommt noch diese, auf der Welt einzigartige Kulisse Manhattan. Die Kilometer die man beim Sightseeing zurücklegt, machen diesen Lauf bestimmt auch nicht leichter, aber sind auf alle Fälle ein »Muß« und gehören einfach auch zu diesem Lauf!

 

 
 
Der Hall der Queensboro Bridge
verstärkte noch den rythmischen Klang
der Läufermassen.
   
Über 3 Meilen läuft man kerzengerade
die First Avenue hinunter.
 
An der Wills Ave Bridge ist der
Übergang zur Bronx ...
... und am Ende der Brücke bliesen uns die Dudelsackpfeifer den Marsch!
4 Meilen ging es auf der 5th Ave
fast nur bergauf.
51 Blocks läuft man den Central Park entlang.
Ich hatte mein Ziel unter 4 Std. zu bleiben doch noch erreicht.
Nach dem Zieleinlauf erhält man sofort
die Wärmefolie.
 
  Auf ca. 600 beeindruckende Höhenmeter addierte sich am Ende der Chart.    
Teil 1 Florida & Wilma   Teil 2 Anna Maria & Friendship Run   Teil 3 Marathon