Queens
Wir liefen jetzt aber nur noch in der Sonne und die Temperatur stieg
auf über 20 Grad, ich fand es aber sehr angenehm. 2 Meilen durchquerte
man jetzt Queens. Der Anstieg zur Queensborough Bridge war die erste
richtige Steigung die ich in den Beinen spürte, da man die Brücke
nur im Unterdeck laufen darf, wird man zwar von der Sonne verschont
aber die beeindruckende Aussicht auf die Skyline von Manhattan kann
man auch nur teilweise genießen. Bei diesem schweren Anstieg
über einige hundert Meter, waren die meisten Läufer doch
sehr in sich selbst vertieft. Diese angenehme Ruhe wurde geprägt
vom rythmischen Klang der Füße, verstärkt durch den
Hall der Brücke. Es kam mir vor wie eine herrliche »Läufer-Sinfonie«.
Manhattan
Als wir die Brücke verließen, ging es um eine Ecke herum
nach Manhattan, sobald man die Zuschauermassen hier sieht und hört
ist alle Schwäche vergessen, es herrschte eine Stimmung und Begeisterung,
die einfach jeden Läufer mitriss. Wir Läufer hatten deutlich
mehr Platz als die dicht gedrängten Zuschauer. Es ging jetzt
8-spurig die 1st Avenue hinunter, endlos lang, kerzengerade und leicht
bergab. Hier und im Central Park stand ein Großteil der angeblich
2 1/2 Millionen Zuschauer. Etwa 100 Musikgruppen entlang der ganzen
Strecke sorgten zusätzlich für Stimmung. Bei Meile 18 kam
die Power-Bar-Station mit den Energie-Gels, dem einzigen Verpflegungsstand
des Veranstalters. Bei »30K« spürte ich schon dass
es heute noch schwer für mich werden würde. Bronx
Auf der Wills Avenue Bridge musste man über Gitterflächen
laufen, obwohl noch Teppiche darüber gelegt wurden, fand ich
es etwas unangenehm. Empfangen wurden wir am Ende der Brücke
von Dudelsackpfeifern. In der Bronx waren die Menschen sehr nett,
verteilten Bananen, Orangen, Cookies und andere Süßigkeiten,
ganz anders als von früheren Filmen in Erinnerung. Wieder in
Manhattan zurück, ging es die berühmte 5th Avenue wellenförmig
aber stetig bergauf hinauf, fast 10 km »Berglauf« lag
noch vor mir. Hier begann der härteste Abschnitt des Marathons.
Mein »Schweinehund« wurde jetzt zu meinem ständigen
Begleiter. Immer wieder forderte er mich auf: »Du bist heute
nicht so gut drauf, geh doch mal ein Stück«. Mein »20-mile
split« war schon bei 2:57:51 und ich wollte wenigstens unter
4 Std. bleiben, das trieb mich voran.
Central Park
Kräftezehrend und zermürbend ging es 51 Blocks den Central
Park entlang. Der Jubel nahm wieder deutlich zu, je höher man
kam. Als es dann in den Park ging, standen die Zuschauer wie eine
Wand an den Seiten, ganz Manhattan schien hier zu stehen. Mir fiel
es aber sehr schwer, alles noch richtig aufzunehmen, »Schweini«
meldete sich wieder: »Geh wenigstens die letzten Meilen«.
Ich lief aber weiter. Mit Rufen wie »You´re lookin´good«
oder »You did a great job« wurde man immer wieder voran
geschrien. Gabi stand hier mit einem riesigen Schild und ich lief
direkt einen Meter an ihr vorbei, ich konnte Sie aber nicht mehr
registrieren, hatte ich doch nur noch die 4 Std-Grenze vor Augen.
Ich lief aber mit meinen letzten Reserven. Die Meilenabstände
zogen sich endlos hin, wie sehr sehnte ich mich doch nach den gewohnten
Kilometertafeln. Viele von den 36 Pacemakern sah ich hier gehen
oder weit von ihren Zeitziel entfernt, die New York Road Runner
sollten sich vielleicht mal bei unserem mehrmaligen »Berlin-Pacer«
Martin melden. Die letzten 400 Yards wurden noch in 100er Abschnitten
runtergezählt, selbst hier meldete sich »Schweini«
noch und meinte: »Geh wenigsten die letzten 100 Meter«.
Das wollte ich aber auch nicht mehr. Das war mir bis jetzt noch
bei keinen Marathon passiert, »Null Kraft für einen Endspurt«.
Ich schleppte mich aber immerhin laufend ins Ziel.
Im Ziel
Ich hatte es doch noch geschafft unter 4 h. Ich holte mir gleich
eine Flasche Wasser, Wärmefolie und Medaille und schlug mich
gleich in den Park durch. 20 Minuten verbrachte ich fast regungslos,
auf einer Bank. Ich musste noch ein ganzes Stück zu Fuß
gehen um meinen Kleidersack zubekommen und ins Hotel zurück
zu kommen, aber dadurch konnte ich mich auch ziemlich schnell wieder
erholen. Vom sensationellen Zieleinlauf der Profis las ich erst
am Montag in der New York Times. »Schweini« hatte ich
auf alle Fälle besiegt. Mit meinen 3:56:34 war ich, in Anbetracht
der vorangegangenen Zwei Wochen, sehr zufrieden und überaus
glücklich. Eine Bestleistung wollte ich in NYC sowieso nicht
mehr laufen, ein bißchen schneller vielleicht schon, aber
mein Zenith war einfach mindestens um 3 – 4 Wochen überschritten.
Die Zeit relativiert sich noch durch die Aussage von Lauf-Guru Manfred
Steffny der schreibt: »Ein 3-Std.-Läufer braucht ca.
10 min. und ein 4-Std.-Läufer gar 20 min. mehr beim New York
City Marathon«. Die gelaufenen Höhenmeter addierten sich
ganz schön hoch.
Fazit
Ich war auf alle Fälle begeistert vom NYC-Marathon, die Anfeuerung
der New Yorker und Amerikaner ist einfach einzigartig und in Europa
kaum vorstellbar. Dazu kommt noch diese, auf der Welt einzigartige
Kulisse Manhattan. Die Kilometer die man beim Sightseeing zurücklegt,
machen diesen Lauf bestimmt auch nicht leichter, aber sind auf alle
Fälle ein »Muß« und gehören einfach
auch zu diesem Lauf!
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|