Irgendwie ist es schon ein komisches Marathonjahr. Es ist schon August und ich bin noch nicht einen „richtigen“ Marathon gelaufen. Haspelmoor war ja eigentlich eine Wanderveranstaltung, Bad Füssing musste ich krankheitsbedingt sausen lassen, beim Neckarufer-Marathon stieg aus, da ich noch nicht fit genug war und dann schlug die Corona-Pandemie gnadenlos zu. Alle Marathonveranstaltungen wurden abgesagt. Bis Bernie mit der rettenden Idee kam den Marathon am Lech – free/solo zu organisieren. Ende Mai musste ich noch einsam meine Runde um den Lech drehen. Inzwischen hat sich die Situation gebessert, aber wir Läufer sind immer noch auf Eigeninitiative angewiesen. Dank Bernie und Andreas Bettingen stehe ich nun immerhin beim sechsten Marathon des Jahres am Start.
Schon beim ersten Marathon am Lech hat Bernie mir von seiner Idee erzählt einen weiteren Marathon am Lech zu organisieren. Dann aber in die andere Richtung, und zwar in Richtung Gersthofen. Der Monte Scherbelino in Gersthofen soll, wenn möglich, mit eingebunden werden. Dass uns bis heute keine Alternativen geboten werden, konnten wir damals noch nicht ahnen. Etwas Positives kann ich dem Ganzen aber doch abgewinnen. Nicht nur, dass die Wege zu den Marathons deutlich kürzer sind, erweist sich als Vorteil. Ich habe mal scherzhaft angemerkt, dass Bayern und Baden-Württemberg durch diese Marathons näher zusammenrücken und das sehe ich tatsächlich so. Wobei ich eigentlich nicht die Bundesländer, sondern uns Marathonis meine. Die Gruppe wird zwar immer größer, doch der Kern bleibt gleich. Mit Andreas und Judith, Kati, den „Drei Assen“, Bernie, Charly, Jürgen und mir hat sich doch eine homogene Truppe gefunden. Diesmal fehlt zwar Axel B., aber mit Alex Schnee haben wir einen adäquaten Ersatz gefunden, worauf auch schon das Anagramm der beiden Vornamen hindeutet.
Um 09:00 Uhr soll es an der Lechstaustufe 23 unterhalb des Mandicho Sees auf der Ostseite des Lechs losgehen. Eine kleine Verzögerung gibt es allerdings, da mit Kati noch ein wichtiger Bestandteil des zehnköpfigen Teilnehmerfeldes fehlt. Axel hat einen entgangenen Anruf von Kati auf dem Handy, ein Rückruf ist aber nicht möglich. Ich mache mich auf die Suche und sehe schon bald Kati mit Martin auf der Suche nach dem Start. Das Navi hat sie etwas in die Irre geführt. Ich lotse die beiden in die richtige Richtung und so kann es mit ein paar Minuten Verzögerung losgehen. Die Laune am Start ist prächtig, das Wetter spielt auch mit, auch wenn es besser als versprochen und damit am Ende mal wieder zu warm wird. Nach einem gemeinsamen Gruppenbild – Martin ist heute nicht nur als Begleitradler dabei, er muss auch öfters als Fotograf herhalten – geht es los.
Wir laufen erst einmal gemeinsam. Bis zum Monte Scherbelino wollen wir zusammenbleiben, auch wenn sich die Gruppe immer wieder einmal auseinanderzieht. Es bilden sich kleine Grüppchen, wie immer gibt es viel zu erzählen. Etwas Sorge macht mir heute Jürgen. Er hat mir schon in Füssen von seinen Problemen nach einem Zeckenbiss erzählt. Bei ihm wurde Borreliose festgestellt und er hat seit mehreren Wochen gesundheitliche Probleme. Er ist sich nicht sicher, ob er diesen Lauf zu Ende bringen will. Die Teilnahme wollte er sich aber auf keinen Fall entgehen lassen. „Ich will diese Kieselperle auf alle Fälle“, das ist Jürgens Motivation und er meint Bernies liebevoll gestaltete Medaillen aus echten Lechkieseln.
Auf vertrautem Terrain geht es zunächst immer am Lech entlang und schon nach zwei Kilometern tropft der Schweiß. Es ist zwar nicht mehr so heiß wie vor zwei Wochen am Ammersee, aber es ist schwülwarm. Wir kommen dennoch gut voran und lassen ein Lechwehr nach dem anderen hinter uns. Es sind Sechs an der Zahl und mit jedem Wehr haben wir einen weiteren Kilometer hinter uns. Bevor wir das erste kleine Zwischenziel, den Hochablass am Kuhsee erreicht haben, gilt es aber noch den „Canyon“ zu überqueren. Heute ist das nicht besonders anspruchsvoll, da die Steine trocken sind und der Wasserpegel moderat ist. Dennoch kann man den Unterschied zwischen den Canyon-Erfahrenen Team TOMJ`lern und dem Rest des Feldes beim Überqueren erkennen. Es kommen aber alle gut und trocken auf der anderen Seite an und die letzten Kilometer bis zum Kuhsee stehen an.
Am Kuhsee angekommen nutzen einige den Kiosk, um bereits aufgebrauchte Flüssigkeitsvorräte wieder aufzufüllen. Dadurch haben wir Zeit eine gigantisches Kunststoffreh zu bewundern, das seit Kurzem am Hochablass steht. Das Kunstwerk wurde aus Plastikmüll gefertigt, der im gegenüberliegenden Sieben-Tisch-Wald gesammelt wurde. Unglaublich was Leute, die vorgeben die Natur genießen zu wollen, dieser mit ihrer Ignoranz antun. Nach einem weiteren Gruppenfoto machen wir uns wieder auf die Socken bzw. Laufschuhe.
Auf der Strecke des Sportscheck-Halbmarathons geht es weiter bis zum Osram-Steg, über den wir auf dem Rückweg auf die andere Lechseite wechseln wollen. Es wird nun etwas trailiger, da wir nicht mehr die Wanderwege zum Laufen nutzen, sondern immer so nahe wie möglich am Lech laufen. Die ein oder andere Baustelle, bremst uns aus und wir klettern mal mehr oder weniger geschickt darüber hinweg. Mir macht das Laufen heute richtig Spaß, vor allem, da wir immer noch in einer größeren Gruppe zusammen sind.
Bis zur Firnhaberau findet sich eine mit teils sehr schönen Graffitis verzierte Unterführung, die wir für ein paar Spaßfotos nutzen können und auch ein Spielplatz mit Boulderanlage kostet uns ein paar Minuten. Ist aber heute alles sowas von egal, wir haben jede Menge Spaß. Der Spaß hat für Jürgen aber kurz vor der Unterquerung der A8 ein Loch, denn Jürgen ist unterhopft. Wir finden in einer Kleingartenanlage mit gemütlichem Biergarten aber eine Lösung. Kati müsste eh mal wohin und so nutzen Jürgen und ich die kleine Pause für ein Helles to Go |