15.10.2017 Urmensch Ultra  
Autor: Bernie Manhard Bericht und alle Bilder auf
       
 
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Seinen Namen verdankt der Urmensch Ultra dem Schädel des „homo steinheimensis“, der 1933 in einer Kiesgrube in der Nähe des Start- und Zielortes Steinheim gefunden wurde. Er zählt zu den bedeutendsten Zeugnissen der Menschheitsgeschichte in Deutschland, mit Merkmalen, die ihn sowohl vom heutigen Menschen als auch vom Neandertaler und vom Homo erectus unterscheiden. Er ist somit ziemlich einzigartig und gehörte vermutlich einer 25 Jahre alten Frau, die vor etwa 300.000 Jahren oder noch früher hier gelebt hatte.

Nicht ganz so alt ist der Urmensch Ultra. 2013 wurde er zum 10-jährigen Jubiläum des Bottwartal Marathon aufgelegt und in die Veranstaltung integriert und feiert somit heuer mit der 5. Auflage selber ein erstes kleines Jubiläum. Etwa 52 km ist die Runde lang und kann ca. 1050 Höhenmeter aufweisen. Auf 99 Teilnehmer war er bei der Premiere limitiert, mittlerweile dürfen immerhin 150 Ultrafreunde daran teilnehmen, mehr ist aus Naturschutzgründen nicht drin. Die Plätze sind begehrt, Jan hat das Pech, am späten Samstagnachmittag bei der Nachmeldung in der Riedhalle sind bereits alle Plätze vergeben, somit muss er sich mit dem Marathon abfinden.

Am Samstag ist im Bottwartal der Nachwuchs im Einsatz, als wir ankommen ist der Run and Fun Day bereits beendet. Auf den unterschiedlichsten Distanzen sind über 1.500 Bambinis, Schüler/innen und Jugendliche über die Ziellinie gelaufen. Dementsprechend ist in der Halle einiges los, vor allem die Essenstände sind nach den Läufen stark frequentiert. Pommes stehen beim Nachwuchs ganz oben in der Beliebtheitsskala. Nicht vom großen Andrang betroffen sind die Schalter zum Abholen der Startunterlagen und die Stände zur Nachmeldung, die sich ebenfalls in der großen Halle befinden. In ein paar Minuten sind wir durch und haben alles in Händen. Als Teilnehmer-Präsent bekommt jeder Langstreckler eine Mütze und ein Fläschchen Trollinger und Lemberger aus der Region.

Aber auch die Beteiligung für die Läufe am Sonntag ist heuer auf Rekordniveau, über 3.300 Teilnehmer werden an den Start gehen. Neben Ultra und Marathon gibt es beim Bottwartal-Marathon noch eine ganze Latte weiterer Distanzen. Da wären ¾ Marathon, Staffel-Marathon (8er), Team-Marathon (3er), Halbmarathon, 10 km-Lauf, -Walking und -Nordic-Walking und ein 4,2 km-Lauf. Ein Riesen-Programm. Somit wäre eine komplette Familie an diesem Wochenende im Bottwartal bestens aufgeräumt, keiner könnte mehr Ausreden finden, dass nichts für ihn dabei ist.

Am Kreisverkehr von Steinheim erfolgt der Start zum Urwelt Ultra. Dort erwartet uns Steppi, das Wahrzeichen der Stadt. Das Kunstwerk aus Stahl zeigt das Skelett eines Steppenelefanten. Bereits bei unserer Anfahrt musste ich Greppi, Charly und Jan aufklären, dass Steppi kein Mammut war. Das urzeitliche Original war mit einer Schulterhöhe von fast vier Metern noch ein gutes Stück größer als der Stahlriese am Kreisverkehr und somit im Original auch viel größer als das allgemein bekannte Wollhaarmammut. Steppis imposantes Skelett wurde ebenfalls nicht weit von hier gefunden. Es ist im Steinheimer Urzeit-Museum ausgestellt. Der homo steinheimensis und der Steppenelefant waren aber keine Zeitgenossen, der Elefantenbulle lebte deutlich später, etwa vor 200.000 Jahren.

Dazu gibt es noch viele weitere Urwelt-Funde aus dieser Gegend, sie stammen aus der Holstein-Warmzeit. Da wären ein Waldelefant, Waldriesenhirsch, Auerochse, Waldnashorn und ein Wasserbüffel. Dazu wurden in über 70 Jahren in drei Kiesgruben noch viele weitere Tiere wie z.B. 45 Mammute, zwei Löwen und ein Säbelzahntiger gefunden. Also, es war richtig was los hier in der Gegend. Echt der Wahnsinn was alles durch diese Breiten gezogen ist.

Unsere gegenwärtige Warmzeit wartet am heutigen Morgen mit frischen 5 Grad auf uns, aber es soll ja noch sehr warm werden, über 20 Grad sind vorhergesagt. Nachdem wir Bayrischen Schwaben, alle uns bekannten Württemberger Schwaben begrüßt haben, wird es langsam ernst. Vor dem Startbogen haben sich auch ein paar Urmenschen eingefunden. Ein ganz besonderes Zaubermittel kann ich an Geralds Startnummernband entdecken: zwei Eukalyptusbonbons. Nachdem ich mir im Nachhinein seine Finisherzeit ansehe muss ich sagen: Wow, das sollte ich vielleicht auch einmal ausprobieren.

Um 8.30 Uhr sind wir Ultras heute die ersten, die an den Start gehen. Genau wie Steppi, der seiner Zeit durch die Murrauen trabte, sind wir die einzigen, die heute auch in die Pampa geschickt werden und sich somit auf seine Spuren begeben dürfen. Alle anderen Wettbewerbe dürfen nur über neuzeitliche Asphalt-Straßen laufen. Der offizielle Zielschluss für den Ultra ist um 16 Uhr, somit verbleiben uns 7:30 Stunden um unsere Runde zu bewältigen.

Ein paar Frühaufsteher verabschieden uns lautstark mit Trommel und Tamburine aus Steinheim. In Richtung Kleinbottwar verlassen wir den Ort. Nach knapp zwei Kilometern dürfen wir runter von der Straße und auf Steppis Natur-Geläuf weiterziehen, wo uns auch die ersten noch gemäßigten Anstiege erwarten. Eine Richtungsänderung führt uns nach Osten. Neben einer kleinen Straße dürfen wir über einen noch feuchten Wiesentrail am Rande von Weinfeldern aufwärts ziehen. Zum Sehen ist erstmal recht wenig, wir laufen voll in die gerade aufgehende gleißende Sonne.

Nach 4 km erreichen wir den Hardtwald und tauchen ein ins satte Grün. Bis zur ersten Verpflegungsstelle (km 6,4) geht es auf weichen Waldwegen meist aufwärts, wo wir die ersten 150 Höhenmeter gemeistert haben. Abwärts geht es weiter zum Hardtwaldsee, hier sind einige Forststraßen dabei, wo man das Tempo erhöhen kann und somit etwas Zeit gut gemacht werden kann. In der Ultra-Ausschreibung, die von jedem unterschrieben werden musste, ist von einem Zeitlimit von 2:30 Stunden an der Burg Lichtenberg (km 20) die Rede. Für das hintere Feld ist das eine durchaus ernstzunehmende Hürde, die nicht nur ich im Kopf habe, wie ich in Gesprächen feststellen kann. Claudia meint, wir laufen aber auch weiter, wenn uns die Startnummern abgenommen werden.

 

Nach 13 km verlassen wir den Wald und es geht in die Sonne, vornehmlich durch Weinfelder geht es weiter. Vorher können wir aber noch zum zweiten Mal verpflegen und nachtanken. Insgesamt 8 offizielle VPs sind für uns auf der Strecke aufgebaut. Ich habe zwar ein paar Minuten Luft zum Zeitlimit, aber trödeln ist nicht drin, so forciere ich etwas das Tempo.

Einen herrlichen Blick über das ganze Tal bekommen wir vor Burg Lichtenberg geboten. Nach 2:20 Stunden komme ich am Eingang zur Burg an, wo wir von zwei Mädels versorgt werden. Von einem Zeitlimit wissen sie nichts und hier wird auch keines angewendet. Das ist natürlich nicht optimal vom Veranstalter gelöst, sollte vielleicht auch in Zukunft aus der Erklärung gestrichen werden. Meines Erachtens ist das Limit auch etwas zu eng gesetzt, falls es das auch wirklich ernsthaft gibt. Es hätte heute wohl auch ein paar Opfer gefordert.

Das gusseiserne Eingangstor des romanischen Mauerwerkes ist heute verschlossen, wir dürfen nicht in den Innenhof. Ein Schild weist uns darauf hin, dass eine geschlossene Veranstaltung stattfindet. Ja, echt schade, ich hatte mich schon auf eine kleine Stippvisite gefreut, was auch bei vorangegangenen Austragungen schon mal der Fall war. Die Anlage ist eine der besterhaltenen stauferzeitlichen Burgen Deutschlands. Sie ist bewohnt und beherbergt ein nur zu besonderen Anlässen geöffnetes Restaurant. So wie heute. Sie gilt als Wahrzeichen des Bottwartals und sieht wirklich prächtig aus.

Burghof, Bergfried und Kapelle sind von April bis November an Sonntagen öffentlich zugänglich. Nach Absprache mit dem Burgherrn können auch Hochzeiten abgehalten werden. Eine Trauung in der eigenen Kapelle ist ebenfalls möglich. Zur Burg gehört auch der Weinberg zu ihren Füßen. Nach einer Schleife durch den Vorhof der Burg ziehen wir teilweise mitten durch die Reben. Leider sind sie vor kurzem abgeerntet worden.

Nach unserer Weinfeld-Exkursion geht es wieder in den Wald und hinauf auf den Harzberg, dem höchsten Punkt der Strecke. Mit alpinen Verhältnissen muss man nicht rechnen, die Anstiege sind relativ angenehm zu bewältigen. Auf einem kurzen Gefällstück kommen mir zwei Mitstreiter entgegen, sie wissen nicht mehr wo es weiter geht. Nach einer kurzen Such- und Diskussionsrunde kann doch noch ein ganz schwacher Pfeil am Boden ausgemacht werden. Unsere Vorläufer haben ihn ganz einfach fast weggetrampelt.

Einer der schönsten und anspruchsvollsten Single-Trails der kompletten Strecke markiert den Beginn eines 5 km langen Downhills bis hinunter an die Hauptstraße in Gronach (km 32,5). Mittlerweile ist es doch ordentlich warm geworden. An der bereits 5. VP können wir unseren Flüssigkeitshaushalt wieder ausgleichen. Im Anschluss geht es auch für uns für 4 Kilometer auf die Marathonstrecke, die hier Kilometer 25 markiert. Das Gros ist bereits durch, nur noch ganz wenige Nachzügler mischen sich mit uns Ultras. Ein paar hundert Meter weiter passieren wir eine Zeitmessmatte, wer hier um 13 Uhr nicht durch ist, wird aus dem Rennen genommen.

In Oberstenfeld werden wir durch das Dorfzentrum mit vielen Fachwerkhäusern geführt. Es geht auch am wunderschönen alten Rathaus vorbei, 1698 zunächst einstöckig erbaut, wurden 1840 noch zwei weitere Stockwerke aufgesetzt. Viele Zuschauer feuern auch uns, nur mehr vereinzelt durchlaufenden Teilnehmer im hinteren Feld, noch begeistert an. Wenig später trennen sich wieder die Wege von Ultra und Marathon (km 36). Wir dürfen wieder runter vom Asphalt. Fast einen Drehwurm holt man sich beim Überqueren einer Straße. In der Spirale des Fußgängerüberweges kann ich jetzt auch einige Marathonis und Ultras hinter mir ausmachen.

Ein schmaler Pfad etwas oberhalb der Bottwar führt uns nach Hof und Lembach. Am Ortsbeginn biegen wir nach links in die Weinfelder der Löwensteiner Berge. Herrlich präsentiert sich von hier die Burg Lichtenberg. Obwohl jetzt wieder auf Teerstraßen, gefällt mir der Abschnitt durch das reizvolle Weinanbaugebiet wunderbar. Und immer ist die Burg präsent, sie ist schon eine echte Augenweide.

Seit 1.000 Jahren wird in dieser Region auf etwa 500 ha Rebfläche Wein angebaut. Es ist damit eines der größten Weinanbaugebiete Württembergs, das wiederum zum fünftgrößten Anbaugebiet Deutschlands zählt. Überwiegend wird Rotwein angebaut. Zu den gängigsten Rebsorten zählen Schwarzburgunder, Lemberger und Spätburgunder. Als lokale Spezialität des Bottwartals gilt der Trollinger, bei den Weißweinen vor allem der Riesling.

Ein langer Anstieg führt uns wieder über zwei Kilometer und etwa 150 Höhenmeter aufwärts. Das war es dann aber immer noch nicht mit unseren Klettereinheiten, in kurzen Abständen folgen ein Downhill und ein weiterer Aufstieg. Nach 43 km müssen wir uns langsam von den Bergen verabschieden. Ziemlich schlammig geht’s nach unten. Das bereitet mir normalerweise auch sehr viel Spaß. Für heute habe ich aber Straßenschuhe mit wenig Profil gewählt, die sind bei diesen Verhältnissen aber nur suboptimal, um es vorsichtig zu formulieren. Da muss ich gut aufpassen, um nicht mal auf der Schnauze zu landen.

In Großbottwar treffen wir an der 36er Markierung wieder auf die Marathonstrecke. Wir haben ziemlich genau 10 km mehr auf dem Tacho, das ist gut hochzurechnen. Im Übrigen gibt es auf der Ultrastrecke keine fixen Kilometerangaben. Vor mir taucht der „Bärtige“ auf, ich kenne ihn schon von weitem an seinem Laufstil. Gerhard ist etwas frustriert, weil es ihm jetzt im höheren Alter nicht mehr so läuft. Aber heute kann er auf der Marathonstrecke dank des großzügigen Zeitlimits wieder einmal das Ziel erreichen. 6:30 Std. haben die Marathonis Zeit, um zurück nach Steinheim zu kommen. Viele sind aber nicht mehr auf der Straße.

In Großbottwar dürfen wir eine kurze Schleife in den alten Ortskern drehen. Ein Sprecher begrüßt mich und läuft ein paar Meter mit mir mit, vorbei an einer feiernden Schar von Zuschauern. Dann geht es wieder runter auf eine einsame Straße, die durch Kleinbottwar führt. Das Finale findet wieder auf der Steinheimer Straße statt, wo wir heute Morgen gestartet sind. Ganz einsam und nicht mehr taufrisch, zieht es sich für mich aber schon noch deutlich länger dahin wie heute früh zu Beginn.

Leicht abwärts geht es rechts 300 Meter vor dem Zieleinlauf um die Ecke und zwei Zielbögen liegen vor mir. Der Speaker ist noch voll in seinem Element und gibt alles bei seiner Moderation. Neugierig ist er, ob die orange Kamera zum Shirt, oder umgekehrt, das Shirt passend zum Fotoapparat gekauft wurde. Ist doch klar: Orange Kamera zum Shirt in unseren Portal- und Logofarben. Im Zelt neben dem Steppi gibt es noch etwas zu Trinken und Knabbern. Mir wäre aber eher nach einem anderen Geschmack, Erdinger-Personal ist aber leider schon außer Dienst.

Wer Naturläufe und Trails mag und wem auch rauf und runter nichts ausmacht, ist auf Steppis Spuren goldrichtig. Der Urmensch Ultra ist eine tolle Alternative im sonst eher von Asphalt geprägten Programm des Bottwartal Marathon.

   
 
Bernie
Charly
Jan
Greppi

6:47:21 (Ultra)
4:31:48
(Marathon)
4:38:47
5:07:39


 
 
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