Wer kennt ihn nicht? Rudi Carrells Hit aus dem Jahre 1975? Und wohl nahezu jeder kann den Refrain mitsingen: Wann wird's mal wieder richtig Sommer? Ein Sommer wie er früher einmal war. Mit Sonne von Juni bis September… Nach den vergangenen Wochen könnte sich vielleicht so manch einer an dieses Lied erinnert haben. Nun ist er da, der Sommer und das nicht erst im Juni, sondern mit einem leichten Frühstart Ende Mai. Und ausgerechnet an diesem Wochenende mit Rekordtemperaturen von über dreißig Grad steht bei mir der Donautal-Marathon in Tuttlingen im diesjährigen Laufkalender. Hätte der Sommer nicht noch bis Juni warten können? Egal, was soll's. Zusammen mit Charly mache ich mich am Samstag auf den Weg ins baden-württembergische Tuttlingen.
Unser Hotel für diese Nacht heißt „Charly's House“. Besser hätten wir es wohl nicht treffen können. Zudem ist es nicht mal zehn Gehminuten vom Veranstaltungsgelände entfernt. Unsere Startunterlagen erhalten wir am Samstag leider nicht mehr. Wir sind etwas zu spät dran. Kürzere Staus, Umleitungen und ein Navi, das nicht gerade Up-to-Date ist, versalzen uns die geplante Ankunftszeit. Immerhin werden wir unsere mitgebrachten Flyer los und man verspricht, diese am nächsten Tag auszulegen.
Auf der Suche nach einem Lokal, in dem wir uns für den Marathon stärken können, empfiehlt uns eine, beim gerade stattfinden 10-Kilometerlauf eingesetzte Rot-Kreuzlerin einen Iren, der direkt neben „Charly's House“ zu finden ist. Auf der Terrasse mit Blick auf die Donau ist zwar kein Platz mehr zu ergattern, aber dennoch lassen wir uns einen typisch irischen Burger mit Kartoffeln schmecken, bevor wir uns zur Nachtruhe begeben.
Nachtruhe? Nicht wirklich! Das Zimmer hat sich gut aufgeheizt und wir versuchen bei offenem Fenster zu schlafen. Doch auch draußen hat es nicht wirklich abgekühlt und so wälzen Charly und ich uns gefühlt die ganze Nacht von einer Seite zu anderen.
Völlig gerädert sitzen wir dann um sechs Uhr morgens beim Frühstück, viel will nicht wirklich rein. Wenigstens zwei Tassen Kaffee sollen mir helfen etwas wach zu werden. Der Start ist um acht Uhr, es ist noch etwas Zeit. Schließlich machen wir uns auf den Weg zur Mühlau-Sporthalle, wo eine große Bühne, sowie ein Biergarten und eine kleine Messe aufgebaut sind. Es ist noch sehr übersichtlich, da nur etwa 100 Starter für den Marathon gemeldet sind. Der ebenfalls stattfindende Halbmarathon startet erst zweieinhalb Stunden später. Somit müssen wir uns auch nicht anstehen, um unsere Startnummer rechtzeitig zu bekommen. Noch während wir unsere letzten Vorbereitungen treffen, taucht auch schon das erste bekannte Gesicht auf. Axel Ott begrüßt uns wie immer äußerst herzlich und bei mir kommt endlich so etwas wie gute Laune auf. Als dann auch noch Kati Schramm, Daniel Steiner und Judith Baumann dazukommen ist sie endlich da: Die Vorfreude auf den Marathon.
So stehe ich also um kurz vor acht am Start, wo von Helfern Luftballons verteilt werden, die wir gemeinsam mit dem Startschuss in den strahlend blauen Himmel entlassen werden. Ich schaue meinem Luftballon noch kurz hinterher und gebe ihm einen Gruß an Julia Viellehner mit auf den Weg, die vor rund einer Woche den schweren Verletzungen nach ihrem tragischen Trainingsunfall mit einem Lkw erlegen ist. Danach versuche ich mich wieder auf den vor mir liegenden Marathon zu konzentrieren. Mit etwa zehn Minuten Verspätung geht es dann endlich los. Die Strecke ist nahezu flach und beschreibt eine „Acht“, wobei jeder Kreis mit etwas über zehn Kilometern nahezu gleich lang ist. Diese Strecke ist somit natürlich zweimal zu absolvieren.
Wir laufen zunächst vom Festplatz in westlicher Richtung und durchqueren eine Parkanlage, wo sich doch schon einige Zuschauer eingefunden haben. Mein Wohlfühltempo habe ich schnell gefunden, da sich das Feld schnell auseinanderzieht und man somit nicht Gefahr läuft mitgezogen zu werden. Schon nach knapp über zwei Kilometern ist die erste Verpflegungsstation erreicht. Das ist angesichts der zu erwartenden Temperaturen wirklich Klasse gemacht. Mehr als drei bis vier Kilometer sind es zwischen den Stationen eigentlich nie und jeder sollte somit die Möglichkeit haben sich ausreichend zu versorgen.
Immer wieder haben wir herrliche Blicke auf das „Obere Donautal“ und den noch jungen Fluss. Kaum zu glauben, dass das neben uns die Donau sein soll. Stellenweise ist sie kaum breiter als die Paar. Doch bekanntermaßen nehmen ihre Ausmaße auf ihrer 2857 Kilometer langen Reise durch zehn Länder noch deutlich zu. Der Ursprung der Donau liegt nicht allzu weit von uns entfernt. Schon nach der zweiten Verpflegungsstation laufe ich auf Axel Ott auf und wir entscheiden uns gemeinsam weiterzulaufen. Die Sonne hat jetzt nämlich schon ordentlich Power und Schatten ist auf dem größten Teil der Strecke Fehlanzeige. Der Gedanke, sich später einsam durch die Hitze schleppen zu müssen, schien uns beiden nicht allzu erstrebenswert. Gemeinsam leidet es sich leichter.
Die Landschaft hier ist schön, tatsächliche Highlights gibt es jedoch nicht wirklich, so dass wir uns die Zeit mit unseren Marathongeschichten und vor allem mit gemeinsamen Erinnerungen vertreiben. Kurz vor Kilometer 7 musste ich dann doch schmunzeln. Laut Veranstalter begaben wir uns nun auf einen in Deutschland einzigartigen Streckenabschnitt. Es galt einen extra für den Marathon aufgebauten „Schwimm-Steg“ über die Donau zu überqueren. Etwas wackelig, aber doch sicher kamen Axel und ich auf der anderen Seite an und fragten uns, wie das wohl auf der zweiten Runde werden würde, wenn nicht nur der Steg, sondern auch die Beine etwas wackelig sind. Nach zwei weiteren Kilometern erreichten wir schließlich wieder Tuttlingen. An den Straßen standen kleinere Grüppchen von Zuschauern, die uns alles Gute für den Lauf wünschten. Etwa bei Kilometer 10 sah ich am Straßenrand, wie schon am Tag zuvor ein Rot-Kreuz-Fahrzeug parken. Ich bremste kurz ein und bedankte mich bei den beiden Helfern für den Tipp mit dem Iren, was sie sichtlich freute.
Kurz darauf durchquerte ich auch noch die Terrasse des Iren, der jedoch noch geschlossen hatte. Dafür unterhielt uns eine kleine Kapelle mit Blasmusik. Nun lag die zweite Hälfte der Acht vor uns und ich war schon gespannt, was uns dort erwarten würde. Die erste Hälfte hat mir jedenfalls schon mal gut gefallen und das machte Laune auf mehr. Nach einer Fußgängerunterführung am Bahnhof ging es nun erstmal durch ein weniger beschauliches Industriegebiet, das wir aber schnell hinter uns gelassen hatten. Der Rest der Runde ist schnell beschrieben. Auf Feld- und Geh- bzw. Fahrradwegen liefen wir durch die Landschaft des Oberen Donautals. Ab und zu wünschte ich mir, wir würden in die angrenzenden Wälder abbiegen und etwas Schatten genießen können.
Doch auch diese Runde verlief problemlos und ich fühlte mich gut, auch wenn die Beine schon etwas schwer wurden. Kurz bevor wir den Festplatz wieder erreicht hatten, hatte ich mein Tempo wohl angezogen, denn Axel musste abreißen lassen. Ich nahm mir vor, nach dem Überqueren der Matte im Zielbereich wieder etwas Tempo herauszunehmen, damit Axel wieder auflaufen kann. Doch als ich auf den Zielbogen zulief, musste ich feststellen, dass gerade die Halbmarathonis auf ihren Start warteten und der gesamte Durchlaufbereich mit Läufern gefüllt war. Ich machte mir schon Sorgen, dass ich mich nun durchzwängen muss, stellte aber gleich erleichtert fest, dass linkerhand eine Gasse für uns Marathonis freigehalten wurde. So lief ich am gesamten Starterfeld des Halbmarathons vorbei und es war schon fasst Balsam auf der Läuferseele, als mir ein Großteil der rund 400 Teilnehmer applaudierte.
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