27.8.2016 Karwendellauf  
Autor: Andreas Greppmeir
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Als ich Anfang dieses Jahres meine Marathonplanung machte, war klar, dass ich heuer unter normalen Umständen meinen 50. Marathon laufen werde. Ein kleines Jubiläum, das ich mit einem besonderen Lauf würdigen wollte. Es sollte einfach etwas Besonderes und wenn möglich auch eine neue Herausforderung sein. Da kam mir der Karwendelmarsch in den Sinn. Bergläufe und Ultras stellen für mich noch immer eine große Herausforderung dar und da es nur einen Cut-Off zu bewältigen gibt, der auch noch leicht zu erreichen ist, stand es für mich schnell fest, der Karwendelmarsch wird mein Jubiläumslauf.

Bereits im Jahr 1969 organisierte der Innsbrucker Sigi Pilser zusammen mit vier Freunden erstmals diesen legendären Marsch. Rund 1.200 Teilnehmer standen bei der Premiere am Start, um die traumhafte Strecke von Scharnitz über die Eng bis nach Pertisau am Achensee unter die Füße zu nehmen. Insgesamt zehn Jahre lang organisierte er diesen Marsch, der nur einmal aufgrund der Schneelage verkürzt werden musste. Nach weiteren neun Jahren war dann erst mal Schluss. Bei der letzten Austragung wurden alle bisherigen Teilnehmerrekorde gebrochen. 4.098 Teilnehmer marschierten und liefen damals mit. Nach einer langen Auszeit erinnerte man sich dann wohl wieder an den legendären Karwendelmarsch und er feierte im Jahr 2009 eine Neuauflage. Bis heute steigen die Teilnehmerzahlen stetig an, so dass in diesem Jahr erstmals das Teilnehmerlimit von 2.500 Läufern erreicht wurde.

Die Legende lebt, wie es auf den Werbebanner heißt. Und ich bin diesmal mit dabei.
Ich reise am Vortag zusammen mit meinen Lauffreunden Bernie und Charly an und liege nach einem leckeren Abendessen schon zeitig im Bett. Der Wecker wird uns am Samstag um 4:15 Uhr unerbittlich aus dem Schlaf reißen. Start ist um 6 Uhr, welch unchristliche Zeit für mich Langschläfer. Aber bei einem Zeitlimit von vierzehn Stunden macht das schon Sinn, will man nicht in die Dunkelheit hineinlaufen. So stehen wir drei schon eine Stunde vor dem Start auf dem Sportgelände in Scharnitz und schnuppern schon mal Karwendelmarsch-Luft. Es ist schon beeindruckend, wenn sich 2.500 Menschen auf ein derartiges Abenteuer vorbereiten.

Das Feld ist bunt gemischt. Neben top ausgerüsteten Trailrunnern, die offensichtlich alles am Leib tragen, was der Markt so hergibt, kann ich auch Teilnehmer entdecken, die in Cargo-Hosen, kariertem Hemd und e Wanderstiefeln an den Start gehen. Ich lass mich natürlich nicht blenden, so ein echter Bergfex, der marschiert einen Berg vermutlich schneller hoch, als ich ihn je laufen kann. Die Stimmung unter den Teilnehmern ist wirklich einzigartig. Es ist noch dunkel in Scharnitz, doch schon bald beginnt es zu dämmern und die Berge sind als dunkle Schatten zu erkennen. Es gribbelt in den Füßen, ich will los. Vor allem hat es jetzt noch angenehme 15 Grad, aber der Wetterbericht hat uns heute bis zu 30 Grad und Sonnenschein versprochen. Ich fürchte, dass mir das heute noch übel mitspielen wird. Ich vertrage solche Temperaturen nicht besonders gut, aber ich bin zuversichtlich und freue mich auf meinen Jubiläumslauf und die wunderbare Landschaft des Naturparks Karwendel.

Dann ist es endlich so weit. Punkt sechs Uhr ertönt der ohrenbetäubende Knall einer Kanone und die Menge kommt in Bewegung. Der letzte Scharnitzer ist jetzt wohl auch wach. Da der Sportplatz am Ortsrand von Scharnitz liegt, lassen wir den kleinen Ort an der bayerisch-österreichischen Grenze bald hinter uns. Schon nach wenigen hundert Metern geht es nach links weg und der erste Anstieg liegt vor uns. Noch moderat geht es auf einem breiten Forstweg nach oben und das Läuferfeld kann sich sortieren und das ist auch dringend notwendig. Wanderer und Läufer sind buntgemischt. Doch der Ton unter den Teilnehmern stimmt: „Dürfte ich mal kurz vorbei?“ – „Klar!“ – Hier wird nicht um Zeiten gekämpft, es ist ein fröhliches Miteinander.

Langsam, aber sicher wird es auch hell und es liegt das erste Highlight vor uns. Wir erreichen das Karwendeltal und folgen einem breiten Wanderweg, der stetig aber nur leicht bergauf führt. Er ist gut zu laufen und verläuft größtenteils parallel zum Karwendelbach. Die Kulisse ist gigantisch. Links und rechts ragen die Gipfel des Karwendelgebirges teilweise bis zu 2500 Meter in die Höhe. Es ist wirklich atemberaubend. Ich trabe gemütlich vor mich hin und kann mich gar nicht sattsehen. Als dann auch noch die Sonne aufgeht und die ersten Gipfel anstrahlt, ist das idyllische Bergpanorama nahezu perfekt.

Nach 9,8 Kilometern erreichen wir die erste Verpflegungsstation am Schafstallboden. Die Schützengilde Scharnitz bewirtet uns vorzüglich und ich gönne mir ein zweites kleines Frühstück aus Äpfeln und Keksen. Einen Tee dazu und weiter geht’s durch das Karwendeltal. Nach einem weiteren kleinen Anstieg durchlaufen wir ein Gatter und vor uns vor uns liegt ein Traum von Berglandschaft. Viele Teilnehmer finden die Zeit zum Innezuhalten, ihr Fotohandy zu zücken und diesen atemberaubenden Anblick festzuhalten. Der Nebel liegt noch im Tal und die tiefstehende Sonne zaubert uns ein einzigartiges Motiv. Leider müssen wir weiter und lassen dieses Szenario hinter uns.

Bis jetzt haben wir uns eigentlich nur warmgelaufen und es gilt endlich richtig Höhenmeter zu machen. Der breite Wanderweg schlängelt sich nach oben und wir können bald zurück auf das Karwendeltal blicken. Ich teile mir diesen Streckenabschnitt zusammen mit Helga, die ich auch später immer wieder mal treffen werde. Wir haben den gleichen Schritt, obwohl sie zu den Marschierern gehört. Das macht aber nichts. Das Tempo ist gerade richtig. Wir sind nun bei etwa Kilometer 15 und nähern uns dem Karwendelhaus. Dort wartet die nächste Labestation auf uns.

Das Karwendelhaus liegt auf 1.771 Metern am Hochalmsattel und bietet einen tollen Blick ins Karwendeltal. Bei Wanderern und Mountainbikers ist es ein beliebtes Ausflugsziel, da es über Schotterwege von Scharnitz oder Hinterriß aus gut zu erreichen ist. Ich halte mich an die Verpflegung, die für uns vorgesehen ist. Kartoffelsuppe wird hier lautstark angepriesen. Nach Omas Rezept, wurde mir versprochen. Das Rezept wird nicht verraten. Schade, ich greife gleich mehrfach zu. Nach 18,2 Kilometern ist schon ein drittes Frühstück drin.

 
Da geht's lang   Start zum Jubiläum   Karwendeltal
Die Sonne geht auf
VP unterm Karwendelhaus

Frisch gestärkt mache ich mich wieder auf den Weg. Erstmals geht's jetzt richtig runter. Auf einem Schotterweg, der noch relativ gut zu laufen ist, verlieren wir auf den nächsten rund sechs Kilometern etwa 500 Höhenmeter. Die Kulisse beeindruckt mich noch immer. Sage und schreibe 125 Gipfel, die über 2.000 Meter hoch sind umgeben uns. Die Birkkarspitze ist mit 2.749 Metern der höchste Gipfel des Karwendelgebirges.
Wir belaufen nun den Adlerweg. Er führt über 24 Etappen und 20.000 Höhenmeter von St. Johann über die Kitzbüheler Alpen, dem Wilden Kaiser und das Karwendel bis ins Lechtal. Wir wollen heute nur einen Teil dieses Weitwanderweges laufen. Erst mal bis zum Kleinen Ahornboden, unsere nächste Verpflegungsstation bei Kilometer 24,2. Wir sind nun auf 1.399 Höhenmeter und ich gönne mir ein paar Becher „Holla“, wie der Tiroler sagt. Holundersaft ist nicht zu süß und schmeckt einfach gut. Auch die Temperatur ist inzwischen deutlich angestiegen, so dass flüssige Nahrung nun unverzichtbar ist.

Auf den nächsten fünf Kilometern geht es wieder nach oben. Erst mal durchqueren wir ein ausgetrocknetes Flussbett, was momentan ideal zu den hohen Temperaturen passt. Weiter geht es stetig, aber doch noch sanft nach oben. Schließlich erreichen wir die Ladizalmen. Danach geht es wirklich steil hinauf zum Wegekreuz auf den Kegelboden. In der prallen Sonne ist dies nun schon ganz schön mühsam und ich nutzte die ein oder andere Fotopause, um ordentlich durchzuschnaufen. Am Ende kraxeln wir noch über ein paar schroffe Felsen nach oben und schon liegt die Falkenhütte vor uns. Die Hütte wurde von 1921 bis 1923 durch Adolf Sotier erbaut. Der mit Schindeln bedeckte Holzbaubau steht seit diesem Jahr unter Denkmalschutz. Ich bin aber jetzt erstmal platt und gönne mir nicht nur die nächsten Becher Holla, sondern auch gleich noch eine kurze Pause. Ich bin hier auf 1.848 Metern und genieße im Schatten für ein paar Minuten den Ausblick, bevor es weiter geht.

Nur noch fünf Kilometer sind es nun runter zur Eng. Dort ist der Cut-Off-Punkt, den man nach 8:30 Stunden erreichen muss. Ich habe alle Zeit der Welt, muss dennoch feststellen, dass mich inzwischen mehr Marschierer als Läufer umgeben. Mir ist's im Moment erst mal egal. Einige haben sich auch nur die 35 Kilometer bis zur Eng vorgenommen. Das Bild und auch die Beschaffenheit der Stecke ändern sich nun deutlich. Keine satten grünen Wiesen und Almen mehr, es geht durch Geröll und neben uns türmt sich eine graue Wand auf, die Schatten spendet. Hier heißt es Vorsicht walten lassen. Es ist ein ständiges leichtes Bergauf und Bergab. Die bizarre Landschaft gefällt mir, dennoch bin ich froh, als es wieder grüner wird und von weitem die Eng Alm sehen, das Ziel der 35-Kilometer-Strecke.

Die Eng Alm wurde zwar erst 1523 in schriftlichen Aufzeichnung erwähnt und wird seitdem auch durchgehend bewirtschaftet, jedoch lassen diverse Funde, wie zum Beispiel ein Bronzeschwert, darauf schließen, das schon sehr viel früher Menschen durch das Tal streiften. Am heutigen Tag prägen die weißen Kunststoffdächer der Verpflegungsstation und der Zielbogen das Bild der Eng. Es geht über ein paar Pfade nach unten und schon ist die Alm erreicht. Viele Läufer und Wanderer tragen bereitss stolz ihre Finisher-Medaille. Bevor ich auf dumme Ideen komme, greife ich einen weiteren Becher Holla und weiter geht's. Noch liegen 17 Kilometer vor mir und wie ich bald erfahre, sind die nicht einfach.

Die Verpflegungsstellen kommen nun in immer kürzeren Abständen. Das nächste Ziel ist die Binsalm. Sie liegt auf 1.502 Metern, was für uns heißt, dass es auf den nächsten drei Kilometern wieder 300 Meter raufgeht. Der Weg ist breit und wenig anspruchsvoll, dennoch komme ich dank der Temperaturen ordentlich ins Schnaufen. Die Binsalm ist ein beliebtes Ausflugsziel für Wanderer und bietet einen herrlichen Ausblick. Neben der Verpflegungsstation ist auch eine Dusche für uns aufgebaut, die reichlich genutzt wird. Erfrischt mache ich mich weiter auf den Weg und kann mich mit den leichten Anstiegen gut anfreunden, bis ein Teilnehmer vor mir stehen bleibt und erschrocken nach links schaut: „Die spinnen doch!“ Ich weiss zunächst nicht, was er meint. Als ich zwischen den Bäumen hindurch den nächsten Anstieg sehen kann, stimmte ich ihm aber zu. Der letzte Anstieg bei Kilometer 40 liegt vor uns und ist aus dieser Perspektive in seiner vollen Pracht und Grausamkeit zu erkennen: Der Gramaisattel auf 1904 m.

In schier endlosen Schleifen geht es nach oben. Wie Perlen an der Schnur kann ich die Läufer erkennen. Hier ist Stockeinsatz angesagt, die Kamera stecke ich erst mal weg. Der schmale Trail durch Latschenkiefern, über Felsen und Wurzeln ist eine echte Herausforderung, Schatten Fehlanzeige. Der Anstieg wird zur Tortur für mich. Mit kurzen Pausen erreiche ich nach einer gefühlten Ewigkeit endlich den Grameisattel. Völlig platt geselle ich mich oben erst einmal zu den anderen Läufern, die sich nach der Strapaze ebenfalls eine Pause gönnen. Ein paar Mal tief durchatmen und schon kann ich den Ausblick genießen. Ich habe den letzten Anstieg bezwungen. Alles, was jetzt noch kommt, kann nur noch halb so schlimm sein.

Nächstes Zwischenziel ist der Gramai Hochleger 200 Meter weiter unten. Teilweise geht es nun wieder ganz schön steil hinab, Trittsicherheit ist gefragt. Im Vergleich zum Aufstieg ist der Abstieg geradezu ein Kinderspiel. Eine kalte Dusche, ein paar Becher Holla, und weiter geht’s zur Gramaialm. Die wiederum liegt auf 1.263 Metern und wird unsere vorletzte Verpflegungsstation sein.

Die letzten 9 Kilometer laufen wir ganz unspektakulär ins Ziel. Auf der Falzturn Alm nehme ich mir noch einmal einen letzten Becher Holla und laufe weiter auf breiten ebenen Wander- und Fahrradwegen in Richtung Pertisau. Die Kilometer ziehen sich etwas. Richtig laufen kann und will ich nicht mehr. Ich schleppe mich einfach Kilometer um Kilometer in Richtung Pertisau. Als der Ort vor mir liegt, kann ich mein Glück kaum fassen. Einen Kilometer noch vorbei an Finishern und Touristen, die wohlwollend Applaus spenden. Schließlich laufe ich durch den Zielbogen und höre meinen Namen. Es ist geschafft.

Bernie und Charly nehmen mich gleich in Empfang, doch ich muss mich erst mal eine Runde ins Gras legen. Ich nehme die Glückwünsche zu meinem 50. Finish entgegen und gönne mir darauf ein Erdinger-Alkoholfrei. Nach einer erfrischenden Dusche lassen wir uns mit einem Taxi zurück nach Scharnitz fahren. Ich bin erstaunt, wie lange die Fahrt dauert und schaue immer wieder auf das Karwendelgebirge. Da bin ich durchgelaufen? Ich kann es kaum glauben.

Karwendelmarsch: Die Legende lebt! Und ich hab sie überlebt!

An der Falkenhütte Unter den Ladiderer Wänden  
Abkühlung bei 30 Grad Der 50. ist geschafft
 
Bernie
Charly
Greppi

08:43:38
09:05:48
11:33:38
 
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Laufbericht 2018 karwendel Jubiläumslauf | Mario Peschke

Laufbericht 2016 Ganz neue Aussichten | Bernie Manhard

Laufbericht 2012
go Sonne im Karwendel | Bernie Manhard

Laufbericht 2011 go Auf den Schwingen des Adlers | Bernie Manhard
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