5.7.2014 Montafon-Arlberg-Marathon  
Autor: Bernie Manhard   Bericht mit 250 Bildern auf
 
 
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Plain Vanilla Winter
 

Zur 12. Auflage des Montafon Arlberg Marathon, kurz MAM genannt, gibt es einige interessante Überraschungen. So wurde die Punkt-zu-Punkt-Strecke im letzten Drittel komplett überarbeitet und weist jetzt laut Ausschreibung mit 1600 Höhenmetern einige hundert mehr als bisher aus. Damit schließt man höhen-metermäßig fast auf die bekannten, klassischen Bergmarathons auf, die allesamt etwas über die 1800 Höhenmeter aufbieten können. Zudem sind in dem Schluss-Segment auch einige Trailabschnitte neu hinzugekommen. Beides freut mich sehr.

Greppi und ich sind am Freitag bei der Anreise in der Zwickmühle. Einerseits würden wir gerne an der „Sura Kees-Party“ teilnehmen, ein spezieller Käse aus dem Montafon und Kartoffeln werden hier angeboten, andererseits findet zeitgleich das WM-Viertelfinale in Brasilien statt. Da wir aber im Zielort, in St. Anton am Arlberg einquartiert sind, erübrigt sich ein „mal schnell vorbeischauen“, denn die Verköstigung findet im Startort Silbertal, etwa eine Stunde Fahrzeit entfernt, statt. Nicht verwechseln sollte man im Übrigen das St. Anton am Arlberg, mit dem St. Anton im Montafon, das am Eingang des Montafoner Tales, ein paar Kilometer vor Silbertal liegt.

Das Viertelfinal-Match ist gut überstanden, jetzt geht es auf zum Lauf. Mit Bussen werden alle, die in St. Anton einquartiert sind, gratis nach Silbertal befördert. Natürlich muss man dafür etwas früher aufstehen. Um 6:30 Uhr ist Abfahrt vor dem Bahnhof in St. Anton, direkt neben der Hauptdurchgangsstraße, der Arlbergstraße. Wer es lieber anders rum bevorzugt und somit länger auf Matratzenhorchdienst setzt, kann den Shuttle-Service für den Rücktransport nach Silbertal zu jeder vollen Stunde von 16 – 18 Uhr in Anspruch nehmen.

Bevor es losgeht, noch ein kleiner Exkurs über die nachfolgend öfters verwendeten, örtlichen Gegebenheiten. Verwall nennt sich die Gebirgsgruppe, in der wir uns befinden und sie liegt in den Österreichischen Bundesländern Vorarlberg und Tirol. Das Montafon ist ein 39 km langes Tal durch den Verwall. Das Silbertal und Verwalltal sind Seitentäler des Montafons. Der Arlbergpass verbindet die Verwallgruppe mit den Lechtaler Alpen.

So, genug g‘scheit daher geschwätzt, jetzt geht’s los. Eine knappe Stunde dauert unser Shuttle bis Silbertal, der Ort liegt auf 889 m Meereshöhe, der höchste Punkt unserer Strecke liegt bei 1950 Meter. Das Startgelände, samt Startunterlagenausgabe befindet sich beim örtlichen Feuerwehrhaus. Dafür müssen die Löschfahrzeuge heute mal ausnahmsweise ihren angestammten Platz verlassen. Die Mädels bei der Ausgabe sind ebenso schnell wie die Feuerwehr, ruckzuck sind die Unterlagen empfangen.

Das Wetter hat sich leider zugezogen und mit Sonne sollten wir eher weniger rechnen, aber es herrschen ganz angenehme Lauf-Temperaturen. Hin und wieder kommen ein paar vereinzelte Tropfen vom Himmel. Aber es könnte laut Vorhersage im Verlaufe des Tages durchaus auch zu Gewittern kommen. Ich bin nicht zum ersten Mal in den Bergen, hab schon vieles erlebt, daher ist bei mir Rucksack samt Regenjacke angesagt. Der überwiegende Teil der Starter scheint sich darüber aber weniger Sorgen zu machen. Mir soll’s egal sein. Mich wird man jedenfalls nicht vom Berg retten müssen.

Bei Rennleiter Günter Ernst hat sich noch ganz kurzfristig ein prominenter Nachmelder eingefunden, dem man aus Versehen eine falsche Startnummer, die für den kürzeren T33, verpasst hat. Mir ist der Bursche bereits von der Siegerehrung beim ZUT bekannt, daher kann ich die Verantwortlichen auf ihn aufmerksam machen. Es ist kein geringerer als der frisch gebackene Zugspitz Ultratrail-Sieger und neue deutsche Trail-Shooting Star Stephan Hugenschmidt. Er nutzt den Marathon als „kleinen“ Trainingslauf. Daneben ist noch mit „B´jak“ Thomas Bosnjak, einer der stärksten österreichischen Trailrunner am Start. Solche Hochkaräter können selbst die etablierten Bergmarathons selten aufweisen und für ein spannendes Duell um den Sieg ist damit gesorgt.

Feuerwehrhaus von Silbertal   Anstehen im Feuerwehrhaus   Fit für's Montafon?
Favorit Stephan Hugenschmidt   Jubel zum Start   Schön zum Einrollen

Um 8:00 Uhr werden die Läufer, Speedhiker und Walker des T33 losgeschickt. Eine Stunde später dürfen dann wir ran, ausgestattet mit einem großzügigen Zeitlimit von 8 Stunden – erst um 17:00 Uhr ist Zielschluss in St. Anton. Im Gegensatz zum T33 verläuft der Marathon erst einmal entgegengesetzt in Richtung Schruns. Äußerst angenehm empfinde ich das dezente Gefälle, hier kann man sich über zwei Kilometer schön einlaufen und richtig warm werden, bevor es dann für lange Zeit erst einmal nur bergauf geht.

Nach einem U-Turn geht´s über eine Brücke, jetzt natürlich ansteigend wieder zurück zum Zieldurchlauf beim Feuerwehrhaus. Dort erwarten uns viele der noch sehr jungen Starter des Fröschlemarathon und Kids Run zum Abklatschen und auch eine ganz ansehnliche Anzahl an Zuschauern.

Ab Ortsende ist die Litz unser ständiger Begleiter, wechselweise mal direkt neben uns oder weiter unten in der Schlucht. Sie entspringt am höchsten Punkt unserer Strecke, wo wir erst noch hin müssen, am Silbertaler Winterjöchle. Auf Forstwegen führt uns der 18 km lange Anstieg durch das hintere Silbertal. Nach 8 km ist die zweite Labestelle erreicht. Neben Wasser, Iso und Müsliriegeln gibt es auch die leckeren Nusschnitten von Manner. Insgesamt 8 Verpflegungsstationen sorgen für unser leibliches Wohl.

Bis zu diesem Punkt ist der Anstieg nicht sonderlich steil daher gibt’s auch noch keine Argumente, um zum Gehen überzuwechseln. Natürlich spürt man aufwärts laufend das Silbertal noch etwas intensiver in den Beinen. Der Name  stammt übrigens aus dem Mittelalter, als im ganzen Gebiet Silber abgebaut wurde. Aber mit der Entdeckung von Amerika wurden zwischen 1520 – 1550 viele Tonnen Silber aus Übersee nach Europa überführt, wodurch der Silberpreis massiv fiel und sich der Abbau finanziell nicht mehr trug und so zum Erliegen kam.

Kurz nach der Unteren Freschalpe (km 15), wo bereits die 4. VP auf uns wartet, passieren wir den Schwarzsee. Der hätte leckere Regenbogenforellen im Angebot, da dürfen aber nur die Mitglieder des Fischereivereines Montafon ran. Irgendwie verstehe ich persönlich die Fischer ja nicht: Erst setzen sie die Fische ein und dann holen sie sie äußerst gewaltsam wieder raus. Oberhalb des Sees wird es spürbar steiler, viele wechseln hier, wie ich, immer mit Marschieren ab.

 
Immer an der Litz entlang   Labestelle   Schwarzsee
Großartiger Ausblick Es wird nass Pfannsee

Plötzlich ändert sich alles, ich bin bei km 20 und habe ziemlich genau 1000 Höhenmeter geschaftt:
Das Wetter – es wird schlechter, der bisher sporadische Regen nimmt spürbar zu.
Die Aussicht nach oben – wird gewaltig, vor uns türmt sich die mächtige Felspyramide des Patteriol auf. Matterhorn von St. Anton wird er auch genannt, er ist einer der acht Dreitausender des Verwalls.
Die Aussicht nach unten – wir sind jetzt über der Baumgrenze und haben freie Sicht, unter uns liegt der liebliche, kreisrunde Pfannsee.
Und die Strecke – sie wird rustikal und führt auf den nächsten Kilometern ausschließlich über ruppige Bergpfade.

Einfach traumhaft. Na ja, mal abgesehen vom Wetter vielleicht, ist aber noch erträglich. Und wieder eine Labestelle, die Obere Fresch Alpe liegt auf 1890 Meter. Unmittelbar danach sind wir an unserem höchsten Punkt und es beginnt der geile Sommertrail über das Winterjöchle, der heute für uns so ziemlich alles bereit hält, was einen echten Trailrunner mit der Zunge schnalzen lässt, obwohl die Bedingungen momentan nicht mehr viel mit Sommer zu tun haben. Macht die Sache aber auch reizvoll. Der Übergang wurde bereits Ende des 18. Jahrhunderts als Verbindung zwischen Tirol und Vorarlberg genutzt. Was die hier rüber gekarrt haben, weiß ich nicht, aber es war bestimmt eine wesentlich härtere Nummer, als das was uns bevorsteht.

Der Trail wird immer schmieriger und schwieriger, der Spaß bei mir nimmt zu. Die Almwiesen entwickeln sich mit dem zunehmenden Regen zu einer explosiven Mischung aus Kuhscheiße, Schlammlöchern, Wasserläufen und rutschigen Gesteinsbrocken. Ich kann hier einige Läufer überholen und hinter mir lassen. Aber wer da nicht aufpasst, kann mal schnell seinen Schuh in der Suhle verlieren. Ich habe gerade noch mal Schwein, meiner ist fest geschnürt, dafür tauche ich in ein Wasserloch. B´jak hatte da weniger Glück. Bei der Verfolgung von Stephan Hugenschmidt musste er sein wichtigstes Lauf-Utensil erst aus dem Matsch fischen, danach war der Stephan über alle Berge.

Weiter unten sind keine Kühe mehr, dafür wird es steiniger und es gibt jetzt bis zum Langen See unzählige Wasserlöcher und Rinnsale zu durchqueren. Durch prachtvoll blühende Alpenrosenfelder passieren wir in voller Länge den Moorsee. Wem bei der fantastischen Aussicht, der Blütenpracht und dem irren Trail nicht das Herz aufgeht, dem kann ich leider auch nicht weiterhelfen, zumindest kann derjenige kein Freund des Trailrunning sein.

Größere Abschnitte durch die Sumpfwiesen des Hochmoors sind mit Brettern ausgelegt, sonst würde wohl niemand trockenen Fußes die wildromantische Moorlandschaft durchqueren können. Wenn’s denn überhaupt jemand geschafft hat, ich gehöre nicht zu den Glücklichen. Die glitschigen Bretter sind ebenfalls mit Vorsicht zu genießen, ich nehme hier immer Tempo raus. Kurz danach überschreiten wir die Landesgrenze von Vorarlberg nach Tirol.

An der nachfolgenden VP haben wir mit absolvierten 22 Kilometern, bereits mehr als die Hälfte unserer Strecke geschafft. Abgesichert wird das Ganze mit einer elektronischen Zeitmessung. Ab hier kommen auch wieder die Freunde des schnellen Schrittes auf ihre Kosten. Auf einem bequemen Forstweg geht es bergab.

Verwall   Trail am Winterjöchle   Schwierige Bedingungen
Ursprung der LItz? Langer See Hochmoor

Der Abschnitt im Silbertal ist beendet, wir wechseln die Richtung, es geht mehr nach Norden hinein in das Verwalltal und wir bekommen mit der Rosanna eine neue Begleiterin. Sie fließt ab jetzt fast ständig neben uns hinunter bis nach St. Anton. Wer Zeit gut machen will und gut runter brettern kann, kommt auf den nächsten 5 Kilometern voll auf seine Kosten. Es geht ausschließlich und gut zu laufen bis zu den zotteligen Hochlandrindern bergab. Bei den etwa 250 negativen Höhenmetern sind auch keine sonderlich steilen Abschnitte dabei.

Sandra Timmer und Claudia Moser haben Angst, dass ihre Bilder im Internet landen. „Ja, natürlich!“ Dann soll ich aber wenigstens darunter schreiben, dass sie nicht sehr schnell unterwegs sind, dafür aber die Strecke und Aussicht genießen. Eh klar.
Nach einem kurzen Anstieg geht unser Downhill neben der Rosannaschlucht weiter, jetzt aber mit einigen deutlich steileren Abschnitten. Am künstlich aufgestauten Verwallsee (km 30) ist damit erst einmal ein Ende erreicht. Der See dient der Regulierung der Rosanna zum Schutz vor Hochwasser und gleichzeitig auch zur Energiegewinnung.

Mit mehreren deftigen Steigungen beginnt ab hier die neue Streckenführung des MAM. Ein Waldweg führt uns auf ein kurzes Intermezzo in das Moostal. Eine einfache Holzbrücke leitet uns über den Moosbach auf einem wilden Trail wieder zurück Richtung St. Anton. Links und rechts stehen ganze Felder von violetten Wildlupinen Spalier.
Irgendwo unter uns im Berg liegt der Arlbergtunnel, den wir, ohne genau zu wissen wo, zweimal überqueren. Mit fast 14 km Länge ist er der längste Straßentunnel Österreichs. Lücken im Baumbestand ermöglichen uns erste Blicke auf St. Anton und sporadisch kann man bereits Wortfetzen des Zielsprechers vernehmen.

Kurz nach km 38 folgt ein weiteres Sahnestück des Kurses. Über zweieinhalb Kilometer geht es in Serpentinen auf einem wunderschönen Singletrail über weichen Waldboden am steil abfallenden Hang entlang durch das Gehölz. Die wurzeligen Abschnitte machen die Sache nicht unbedingt leicht, aber mir bereitet es einen Heidenspaß. Man muss allerdings sehr konzentriert die Strecke beobachten, will man sich nicht einen Stolperer einhandeln. Der Trailanteil beim Marathon ist beachtlich, erfreulich ist auch der geringe Asphaltanteil, bis auf ein paar Anfangs- und Schlusskilometer in den Ortschaften herrscht hier fast vollkommen Fehlanzeige.

Der letzte Kilometer führt durch die Dorfstraße von St. Anton. Zwischen den Gebäuden kann man rechts oben das Karl Schranz Zielstadion der alpinen Ski-WM 2001 ausmachen. Mit mehr als 350.000 Zuschauern war sie seinerzeit ein riesen Erfolg. Ein paar davon würden unserem Zieleinlauf auch nicht schaden, aber erst unmittelbar im Zielbereich wird bei jedem Finisher von einer stattlichen Anzahl gejubelt. Ja und die Sonne kämpft sich jetzt auch langsam durch die Wolken.

Ich muss zugeben, nach früheren Berichten habe ich den Lauf etwas unterschätzt, die Verschärfung im Schlussabschnitt und die vielen gut zu laufenden Anstiege machen den Marathon zu einer echten Herausforderung. Das Ziel des Marathons erreichen heute 42 Damen und 196 Herren, auf der Strecke und auch in St. Anton wäre durchaus Platz für mehr Teilnehmer. Jeder Finisher bekommt eine Medaille und ein Shirt überreicht.
Sieger bei den Herren wurde unangefochten Stephan Hugenschmidt, ein Name und ein Gesicht, das man sich merken sollte. Wenn der so weiter läuft, wird er für noch mehr Furore bei den Trail- und Bergläufen sorgen und bald nicht mehr nur von ein paar Insidern erkannt werden.

Nachdem die Herausforderung erfolgreich gemeistert ist, gibt es für alle Teilnehmer am frühen Abend noch die Möglichkeit, bei der After Party in der Dorfstubn ausgiebig zu feiern. Für einen Unkostenbeitrag von 12,- Euro bekommen wir ein mehrgängiges Abendessen serviert. So findet der herrliche Tag ein wohlverdientes Ende.

Es geht bergab   Hochlandrinder   Rosanna
Schöner Trail St. Anton in Sicht Geschafft
Bernie
Greppi
5:55:26
6:58:36


 
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