Mit diesen Gedanken beschäftigt, brachte ich die ersten fünf Kilometer hinter mich, die relativ unspektakulär waren. Was mir jedoch auffiel, war die unglaubliche Menge an Zuschauern und die fantastische Stimmung am Streckenrand. Dies würde sich auch die nächsten 21 Kilometer nicht ändern. Rund 100.000 Zuschauer säumen jedes Jahr die Strecke und man erkennt ihnen die Freude an ihrem Marathon deutlich an. Etwa bei Kilometer 7 laufen wir am Maimarktgelände vorbei. Dort findet alljährlich der Mannheimer Maimarkt statt. Der Mannheimer Maimarkt ist die größte regionale Verbraucherausstellung Deutschlands, die immer am letzten Samstag im April beginnt und elf Tage andauert. Der letzte Tag ist traditionell der Maimarktdienstag.
Nun laufen wir unter der A 656 hindurch und schon kann man die SAP Arena, den Namensgeber des Marathons erkennen. Hier liefern sich die Mannheim Adler regelmäßig Duelle mit ihren gegnerischen Mannschaften in der Deutschen Eishockeyliga. Die Adler Mannheim wurden 1994 als Profimannschaft aus dem Gründungsverein dem Mannheimer ERC ausgelagert und gilt somit als Gründungsmannschaft der DEL. Sechs deutsche Meistertitel konnten sie seitdem einfahren und gelten damit auch eine der erfolgreichsten deutschen Eishockeymannschaften. Doch wir laufen nicht an der SAP Arena vorbei, nein wir laufen einfach mittendurch. Auf der eigentlichen Spielfläche der Eishockey-Cracks warten weitere Läufer auf ihre Staffelkollegen, denn der Marathon kann auch als Staffel gelaufen werden.
Danach geht's wieder raus in die Natur. Es gleicht nun beinahe einem Landschaftsmarathon, nur die Anzahl der Läufer passt nicht recht ins Bild. Wir nähern uns dem Stadtteil Mannheim-Seckenheim, der im Osten Mannheim im Rhein-Neckar-Dreieck gelegen ist. Seckenheim scheint mir ein reines Wohnviertel zu sein. Gepflegte Häuser und Vorgärten, weisen auf ein wohlhabenderes Stadtviertel hin. Doch zu Hause ist in Seckenheim heute Abend wohl kein Mensch. Sie haben sich alle auf der Straße und in den Vorgärten versammelt und machen richtig Stimmung. Teilweise wurden Partyzelte aufgebaut oder ganze Biertischgarnituren an den Straßenrand geschafft. Kinder stehen am Straßenrand und freuen sich, wenn man „abklatscht“. So gestaltet sich der Lauf durch Seckenheim recht kurzweilig und wir haben bald die 15 Kilometer erreicht und nähern uns nun Neuostheim.
Entlang dem Neckar nähern wir uns dem Luisenpark. Der Luisenpark ist Mannheims größte Parkanlage, die sich in zwei Teile aufteilt. Den Oberen und den Unteren Luisenpark. Der obere Teil wird heute privatwirtschaftlich genutzt der untere ist jedermann frei zugänglich. Neben einem Pflanzenschauhaus findet man hier auch eine Menge an Vogelvolieren. Eulen, Aras, Pinguine und Flamingos sind hier zu bestaunen. Doch die Dämmerung ist mittlerweile so weit vorgeschritten, dass sich die gefiederten Freunde bereits zur Ruhe begeben haben. Nur die Eulen bekommen wohl noch war von dem Tumult vor ihrem Zuhause mit. Überragt wird der Luisenpark vom Fernsehturm. Dieser ist 212,8 Meter hoch und hat auf 120 Metern eine Aussichtsplattform. Darüber befindet sich ein Drehrestaurant, das sich ähnlich wie das auf dem Münchner Olympiaturm einmal stündlich um die eigene Achse dreht.
Wir kommen danach wieder in die Oststadt und in den Bereich des Start- und Zielgeländes. Die Halbmaratonis werden uns nun bald verlassen und sie ziehen ihr Tempo deshalb auch merklich an. Wir erreichen nun auch eine Stelle, an der die Strecke geteilt wird. Die Marathonis, die sich noch auf der ersten Runde befinden, müssen links weg, die Marathonis, die bereits die zweite Runde laufen rechts weg. Das Hinweisschild ist etwas klein geraten und aufgrund der Dunkelheit auch nur schlecht zu lesen. Aber ich denke, ich habe alles richtig verstanden und biege hier links ab.
Ich nähere mich dem Wasserturm bei Start und Ziel. Als mir ein Läufer mit einer Marathonstartnummer entgegenkommt, wird mir doch etwas mulmig, habe ich mich etwa verlaufen? Ich werde etwas unsicher, doch kurz darauf erreiche ich ein erneutes Schild, das die Halbmarathonis ins Ziel und mich auf die zweite Runde schickt. Doch alles richtig gemacht. Später im Ziel werde ich auf Judith Strack treffen, die heute wieder mit Andreas Bettingen hier ist, sie ist in diesem Bereich tatsächlich falsch abgebogen und durfte sich so über ihren ersten gelaufenen Ultramarathon freuen. Sechs Extra-Kilometer hatte sie eingelegt. Doch auch bei den Führenden gab es wohl Irritationen über den Streckenverlauf, so dass später sogar zwei Sieger gekürt wurden. |