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Los geht's.

Am Start sind über 2.500 Läufer/innen, verständlich dass es da in den ersten engeren Wegpassagen einige Verzögerun-gen gibt. Mich stört das momentan weniger, habe andere Probleme. Irgendwie fühle ich mich so komplett nüchtern wie im falschen Film. Am Waldsportplatz erreichen wir nach 7 km die erste Getränkestation. Gierig schnappe ich mir warmen Tee und zwei Becher Cola. Das zeigt Wirkung, schlagartig fühle ich mich besser.

Kontinuierlich geht es aufwärts, bis zum Gipfel des Großen Inselsberg sind über 900 Höhenmeter zu bewältigen, darin sind aber nur wenige steile Rampen. Meist geht es noch im Laufschritt. Niederschläge sind nicht mehr zu vermelden, aber es ist frisch, ich glaube nicht dass in den Vormittagsstunden noch zweistellige Temperaturen erreicht werden. Es wird eher kühler, je höher wir kommen.

Spektakuläre Aussichten über die Weite des Thüringer Waldes kann man auf der Supermarathonstrecke eigentlich eher selten genießen, überwiegend verläuft der Kurs im Wald. Dennoch gibt es an einigen Stellen die Möglichkeit zu kleinen Abstechern. Ich bin für solche Extra-Touren immer zu haben. Mehr als 100 m muss ich mich dabei aber nie von Strecke entfernen. Insgesamt Drei Ausflüge genehmige ich mir beim Aufstieg zum Gipfel. Die erste Gelegenheit bietet sich mir kurz vor der Glasbachwiese, ein Mitläufer weißt mich auf einen herrlichen Überblick rechts des Weges hin.

Um 8 Uhr knurrt mein Magen doch schon beträchtlich. Am VP Glasbachwiese (Km 17,7) kann ich dem endlich Abhilfe leisten. Als erstes genehmige ich mir einen Becher Heidelbeerschleim, gehört für mich auf dem Rennsteig zur Pflichtverpflegung. In den Geschmacksrichtungen Himbeer, Orange und Neutral wäre er auch noch zu haben. Oh, der ist heute aber zäh, das Mischungsverhältnis passt hier nicht ganz. Er bleibt mir noch auf den Lippen kleben. Nur mit zusätzlicher Flüssigkeit kann ich ihn runter spülen.

Weiter unterwegs kann ich eine Unterhaltung über die Schlafplätze im Elisabethengymnasium aufschnappen. Um meine Einleitung zu ergänzen, erkundige ich mich noch näher darüber. „Wer Sammelunterkünfte mag, ist dort sehr gut aufgehoben, zudem gibt es am Morgen noch ein Frühstück und der Shuttle-Dienst funktioniert auch hervorragend“, meint Rolf. Dann wäre das ja auch geklärt.

Die nächste Landschaftsübersicht bietet sich am Oberen Beerberg. Diesmal zur linken Seite. Vielleicht 30 Meter und eine kleine Klettereinheit sorgen für einen super Ausblick. Ich bin nicht der einzige, der sich das nicht entgehen lässt, der Punkt ist unter Läufern bekannt und beliebt. Die nächste Option folgt 10 Minuten später. Das Schild „Wartburgblick 0,1 km“ sorgt für meine Aufmerksamkeit und schon setze ich den Blinker zum Abbiegen. Eine sagenhafte Rundumsicht sorgt wieder für Begeisterung, obwohl ich die Wartburg in der Eile nicht ausmachen kann. Ich weiß nämlich gar nicht genau in welcher Richtung ich suchen muss.

5 Minuten später bin ich am Gipfel des Vulkans. Der Große Inselsberg ist vulkanischen Ursprungs, sein herausragen-der Gipfel ist ein besonderes Markenzeichen des ganzen Gebirges und weithin sichtbar. Auf dem Plateau befinden sich eine Jugendherberge sowie einige Sende-anlagen. Vom 126 m hohen Sendemast werden 2 Fernsehprogramme sowie 6 UKW-Programme abgestrahlt. Früher verlief hier die Grenze zwischen dem Herzogtum Sachsen-Gotha und dem Kurfürstentum Hessen, daher kommen noch zwei Gasthäuser dazu, auf jeder Seite der früheren Grenze eines. Wir haben 25 km hinter uns. Ein kurzer Fotostopp und ich mach mich wieder von den Socken, es ist sehr schattig hier oben, nur noch 4 Grad zeigt das Quecksilber an.

Runter geht‘s extrem steil, einige jammern ganz beträchtlich. Einen guten Kilometer weiter und 200 Höhenmeter weniger, erreichen wir die Grenzwiese, die nächste große Futterstation. Mein erster Weg führt wieder zum Schleim, hier wird er mit Erdbeergeschmack angeboten. Diesmal werde ich nicht enttäuscht, dieser schmeckt vorzüglich, ist optimal angemacht und daher nicht so pappig wie der letzte. Aber auch das weitere Angebot ist nicht zu verachten. Ich kann gar nicht von allem probieren, was mich gerade anmachen würde.

Gut gestärkt geht’s weiter. Ab Possenröder Kreuz treffen die Wanderer auf die Strecke. Schon wird es teilweise eng auf den Wegen. Am Getränkestand kann ich mein erstes Köstritzer ergattern. Irgendwas geht mir hier aber ab? Ja, richtig, sonst steht doch immer ein einsamer Trompeter im Wald und bläst uns ein Ständchen. Der Abschnitt Grenzwiese – Ebertswiese ist der flachste Abschnitt der Strecke, nur wenige Steigungen, oft sogar längere Gefällstücke beinhaltet dieses Segment.

Ich kann mich noch gut erinnern, vor drei Jahren lief ich mit Jan und wir konnten richtig Tempo aufnehmen. Heute ist er längst über alle Berge. Ich fühle mich seit meiner ersten Flüssigkeitsaufnahme wirklich gut, hatte nicht eine Spur einer Krise, auf meine Zeit schlägt sich das aber nicht nieder. Obwohl ich das Gefühl habe, noch nie so viel an den Anstiegen gelaufen sein, komme ich irgendwie nur im Schneckentempo voran. Ist mir zwar nicht so wichtig, aber etwas schneller wäre ich trotzdem gerne unterwegs. Ich habe meine 2009er-Zeit von unter 9 Stunden im Kopf, da habe ich heute wohl keine Chance.

Halbzeit

Ankunft Ebertswiese, die Hälfte unseres Kurses haben wir hinter uns. Am Eingang ist ein Sprecher mit Lautsprecheranlage postiert, fast jeder wird namentlich begrüßt. Heidelbeer-Suppe wird hier angeboten, sie entpuppt sich als eine etwas dünnere Form des normalen Schleims. Direkt nebenan ist der Würstchenstand. Die sind wirklich der Hit und ich lasse sie mir nie entgehen. Wir haben jetzt genau Mittagszeit, da passen sie auch hervorragend. Werden ständig frisch und heiß aufgebrüht.

Noch deftiger wird es an der nächsten Brotzeitoase, anders kann man es kaum bezeichnen. Angeboten werde u.a. Knacker und Schmalzbrote. Das liest sich jetzt so als ob wir nur von Fressstelle zu Fressstelle laufen …und ja, ist tatsächlich so, dafür ist der Rennsteiglauf auch berühmt und so ein Angebot gibt es wohl auch nicht woanders in der Form. Was 40 Jahre gut war, wird sich hoffentlich auch die nächsten Jahre nicht verändern.

Kilometerangaben werden bis auf einige Anfangs- und Endkilometer in Fünferschritten angezeigt, ziemlich genau beim 50er Schild zeigt sich heute zum ersten Mal die Sonne. Schlagartig wird es spürbar wärmer, aber konstant kann sie sich noch nicht durchsetzen. Die Wolken wehren sich noch, mir ist jetzt aber deutlich wohler.

Nach überqueren der Trainingsstrecke der Wintersportler – die hier immer Vorfahrt haben – erreiche ich den Grenzadler bei Oberhof. Knapp 55 km sind durch. Wer nicht mehr kann oder das Zeitlimit von 9 Stunden nicht schafft, kann oder muss nach links abbiegen und über die Zeitmessmatten laufen und kommt so in eine separate 55-km-Wertung, inklusive Medaille.

Ab Rondell wird es wieder spürbar ansteigend, es geht rauf zum höchsten Punkt des Supermarathon-Kurses. Diesen bildet am Großen Beerberg „Plänckners Aussicht“ (Km 61,7). Von einem Getränkesponsor wurde in den 90er Jahren einmal ein Preis gestiftet. Diesen erhielt der Läufer, der als 974. hier (Höhe 974 m) ankam. Er war der wertvollste Preis in der Rennsteiglauf-Geschichte.

Der schöne Aussichtspunkt trägt den Namen des Erfinders der Rennsteigwanderung Julius von Plänckner. Um die Aussicht aber wirklich einfangen zu können, müsste man noch etwas aufsteigen, die Bäume versperren vom Weg die Sicht. Für heute lass ich es gut sein mit Exkursionen entlang der Strecke, merke mir aber den Punkt einmal vor, vielleicht pack ich ihn ja beim nächsten Mal.

Die letzten gut 10 km bis ins Ziel kann man es rollen lassen, wenn man noch ausreichend Kräfte besitzt. Meist geht es abwärts. Wichtige Stationen zwischen drin sind noch die VP-Stellen Schmücke und Kreuzwege. Alte Rennsteig-Hasen wissen warum: hier kann man nochmal richtig nachtanken, Köstritzer Schwarzbier steht auf der Angebotsliste. Ich ordere BiCo, so bezeichnet der Helfer meinen Wunsch nach je einem Becher Bier und Cola und mischt in mir gleich zusammen.

Der letzte Energieschub bringt mich bis knapp vor’s Ziel, dann bin ich blau vom Schlussfinish und muss noch auf das letzte Hügelchen eine kleine Geheinlage einlegen. Den Zieleinlauf vor begeisterten Zuschauern lasse ich mir aber laufend nicht nehmen. Nur wenige Minuten ohne Bewegung im Zielraum lassen mich spüren, wie kalt es doch trotz der Sonnenstrahlen ist. Ich bin froh als ich meine wärmenden Klamotten überstreifen kann und sehne mich nach einer heißen Dusche, die ich nach einem kleinen Nickerchen im Zelt aufsuche.

Das schönste Ziel der Welt

Ein Mehrzweckgebäude unterhalb der Campingwiese ist zu einer übergroßen Duschkabine umfunktioniert worden. Als Umkleidekabine dient ein großes Zelt, das neben dem Gebäude errichtet wurde mit direktem Übergang. Aus 46 Duschköpfen läuft ununterbrochen bis 18 Uhr heißes Wasser. Dann wir abgestellt. Wer zu spät dran ist, muss ungewaschen die Heimreise, oder nachfolgenden Festivitäten antreten.

Die Waschgelegenheit war aber nicht immer so komfortabel wie heute: Bis vor knapp 10 Jahren wurde hier noch im Freien unter Feuerwehrschläuchen geduscht die einfach in die Höhe gehalten wurden. Wenn ich mir das für heute so vorstelle...

Jetzt aber nichts wie auf zur Party. Jan tigert schon irgendwo an den Ständen umher und ist auf der Suche nach warmen Getränken, um seine Bronchien anzuwärmen, sie sind arg mitgenommen. Als ich das Festzelt betrete stehen bereits alle auf den Bänken, Fahnen werden geschwenkt und es wird gefeiert und geschunkelt. Hier zeigen sich die wahren Ausdauerathleten. Ich bin mittendrin und live dabei. Zum ersten Mal darf ich das Spektakel erleben und bin begeistert. Die Stimmung im Zelt ist schon auf dem Siedepunkt, da hat der Abend noch nicht einmal begonnen.

Aber ich mache mir Sorgen um Jan, er hat sich schon früh ins Zelt zurück gezogen. Jammern ist nicht sein Ding, aber ich kann es ihm ansehen dass er nicht gesund ist. Für die Nachtstunden ist Frost angesagt, ob die Kälte seinem angeschlagenen Körper bekommt? Ich kann es mir nicht vorstellen. Nächstes Jahr gibt es auch wieder eine Rennsteigparty. Um 20 Uhr wird das Zelt abgebaut, Heizung auf Vollgas und wir hauen ab. Was freue ich mich auf mein Bett.

 
Nikolaitor in Eisenach.
Nach 7 km endlich Flüssigkeit.
Einer der vielen Wegweiser.
Rechts liegt ein toller Aussichtspunkt.
Noch ein Stück und man hat den Überblick.
Erstes Frühstück.
Der berühmte Schleim.
Aussicht am Oberen Beerberg.
Ein paar Meter muss man dafür aufsteigen.
Wartburgblick, aber wo ist sie genau?
Am Gipfel des Großen Inselsberg.
Nach dem Gipfelsturm gibt's wieder Brotzeit.
Jan ist es schon warm geworden, ist gut drauf.
Da muss man schon ordentlich durchblasen.
Jan im Ziel.
Auf der legendären Rennsteigparty.
 
ERGEBNISSE
Wintermarathon Leipzig
Thermen-Marathon
Rheinfall Marathon
Malta Marathon
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Freiburg Marathon
Marathon des Sables
Défi des Seigneurs
Rennsteiglauf
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Stockholm Marathon
Marathon du Vignoble
Zugspitz Ultratrail
Friedensmarathon
Allgäu Panorama M.
Karwendelmarsch
Jungfrau Marathon
Voralpen Marathon
Wörthersee Trail
München Marathon
Schwarzwald Marathon
Frauenfelder Marathon
   
 
Jan
Bernie
 
8:46:36
9:38:34
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Laufbericht 2009 2012 Culinaria Rennsteig | Bernie Manhard

Laufbericht 2008 2012 Lauter "Verrückte" auf dem Langen Kanten | Bernie Manhard
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