2.6.2012 Alpin Marathon Liechtenstein  
Autor: Bernie Manhard    
 
 
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Der Himmel ist bewölkt und je weiter wir uns den Bergen nähern umso dichter werden die Wolken, das kommt mir doch bekannt vor. Warum fängt mein Bericht gleich mit einem Wetterbericht an? Ganz einfach. Die letzten drei Austragungen des Liechtensteiner Alpin Marathons standen wettermäßig unter einem ganz schlechten Stern. Auf gut deutsch: Es hat jedes Mal gepisst was nur runter geht. Auch ein Grund für mich morgen erneut am Start zu stehen. Ausdauer zahlt sich ja bekanntlich aus. Ich möchte einfach einmal bei schönem Wetter hinauf ins Saminatal laufen und wissen, wo entlang denn eigentlich der Kurs genau verläuft. Bisher verliefen meine Starts recht nebulös.

Für mich ist es im Fürstentum somit auch der dritte Start in Serie. Ob die katastrophale Wetterserie auch für den spürbaren Rückgang bei den Anmeldezahlen verantwortlich ist, mag ich nicht beurteilen, aber ich könnte es mir gut vorstellen. Einige werden erst mal abwarten. Unser schwächelnder Euro wird ein Weiteres dazu beitragen, bei Voranmeldung sind 75 EUR, vor Ort als Nachmelder für den Marathon schon 100 EUR fällig.

Ein weiterer Aspekt wiederzukommen ist für mich der anspruchsvolle Kurs mit ordentlich Höhenmetern. Ein paar Buckel habe ich heuer schon hinter mir und dabei auch einige Höhenmeter gesammelt, aber morgen geht’s schon etwas höher und steiler hinauf, 1870 hm weist das Profil auf. Will man im Laufe der Saison einen längeren Berg-Ultra bestreiten, wie in meinem Fall, hat man dies zwangsläufig auch nötig. Dazu bietet sich dann eben auch mal ein Berg-Marathon an wenn man sonst nur Flachstrecken vor der Haustür hat.

Der Marathon im Fürstentum ist die erste Möglichkeit im Jahr etwas höher in alpines Gelände aufzusteigen und leitet somit praktisch in unseren Breiten die alpine Berglaufsaison im Marathon ein. Zusammen mit Zermatt-/Jungfrau-Marathon und dem Kaisermarathon Tirol, gab es bis 2011 den Mountain Marathon Cup. 2007 wurde die gemeinsame Wertung erstmals ins Leben gerufen und kam bei der eingeschworenen Gemeinschaft der Bergläufer auch recht gut an. Seit heuer wird die Serie nicht mehr angeboten und wird vermutlich in der Form auch nicht mehr stattfinden. Es gibt gewisse unterschiedliche Anschauungen unter den Veranstaltern.

Begleitet werde ich heute wieder von Jan. Zwischendrin wird für uns noch ein kleiner Zwischenstopp fällig, wir bekommen Gesellschaft. Aktivster Laufreporter der Welt nennt er sich und er steigt bei uns zu. Es ist natürlich Joe, er ist unkaputtbar und jede Woche im Einsatz. Wir haben beide ganz zufällig die gleichen Veranstaltungen dieses Wochenende gewählt. Veranstaltungen? Wir steuern gleich im Anschluss an unseren morgigen Zieleinlauf ein weiteres Ziel an, für ein Doppeldecker-Wochenende. Ihm war die Anreise mit eigenem Auto zu lang, so machen wir Car-Sharing. Erste Bedenken von ihm dazu kamen vorab aber dann doch noch auf: „Passen wir überhaupt zu dritt mit zwei Kästen Bier in dein Auto?“

Die Startunterlagenabholung in Bendern schaffen wir heute nicht mehr, Joe hat einen Anschlusszug verpasst und wir müssen etwas umdisponieren. Aber kein Problem, vor dem Start bleibt morgen noch genügend Zeit, wir steuern gleich unser Hotel am Zielort hoch oben in den Bergen an. Zwei Kästen Bier im Zug mitzuschleppen war Joe dann doch zu mühsam, aber Jan hat dafür wie immer ein Fläschchen Honigwodka dabei, bei Kaminfeuer stimmen wir uns auf den Lauf ein.

Wer Malbun als Übernachtungsort gewählt, muss zwangsläufig etwas früher aufstehen. Die vom Veranstalter gestellten Busse fahren Punkt 7 Uhr ab. In unserem Hotel wird ausnahmsweise für die anwesenden Marathonis das Frühstück bereits ab 6 Uhr serviert. Unser erster Weg nach dem sinnbildlichen Hahnenschrei führt uns ans Fenster. Hey, geil, der Tag verspricht grandios zu werden, wir bestaunen einen wolkenlosen Himmel. Des hamma uns verdient, nach den trostlosen Regenjahren. Mich freut es auch für den Veranstalter und die vielen Helfer, die wahrlich keinen leichten Job zuletzt hatten.

35 Minuten dauert die Busfahrt nach Bendern, wo wir vor der Anstalt abgeliefert werden. Gibt ja nicht wenige, die sagen da gehören wir auch hin. In unserem Fall handelt es sich aber um die Herbert Ospelt Anstalt, hier wird keiner eingesperrt, sondern so nennt sich die Unternehmens-form. Hergestellt werden hier Schmankerl für Mensch und Tier.

Übergroß prangt uns am Firmeneingang ein Werbeplakat mit Malbuner Speck entgegen. Ich hätte durchaus keine Probleme, wenn uns auch auf der Strecke so eine deftige Brotzeit serviert werden würde, vielleicht noch mit einem Becher Hopfengetränk. Ich kenne da einige, die da sicher nicht nein sagen würden. Dem ist aber leider nicht so, kann ich vorausschicken. Wäre aber vielleicht doch mal eine Anregung für den Sponsor, uns sein Produkt vorzustellen.

15 Grad hat es bereits bei der Ankunft, die Wärmebekleidung kann somit schon frühzeitig in den LKW wandern. Die positiven Wetteraussichten bescheren den Helfern am Nachmeldeschalter noch zusätzlichen Arbeitseinsatz. In der Kantine der „Anstalt“ kann noch in aller Ruhe gefrühstückt werden. Gratis stehen Kaffee, Säfte und Croissants bereit. Heute ist es aber nicht so voll wie in den Vorjahren, alle wollen lieber raus und bereits die Sonnenstrahlen genießen.

Gestartet wird um 9 Uhr. Neben der Marathondistanz hat der Veranstalter noch den Halbmarathon PLUS mit 25 km Länge im Angebot. Insgesamt stehen heute 700 Läufer am Start, aufgeteilt in 1/3 auf den Halben und 2/3 auf den Ganzen. Die Teilnehmerzahlen lagen vor Jahren auch schon mal bei 1.000 Läufern. Die ersten flachen Kilometer dienen hervorragend zum Einlaufen. Knapp 2 km legen wir auf der Schaaner Landstraße zurück, dann geht’s rechts ab, runter an den Binnendamm. Anfangs noch unterhalb des Walls, nach 5 km dürfen wir dann rauf mit Sichtkontakt auf den Rhein.

Brettleben verlaufen die ersten 10 km bis ins „Städtle“, wo die zweite Verpflegungsstelle aufgebaut ist. 54 Minuten ist eigentlich viel zu schnell als mich, hoffentlich wird es sich nicht rächen. Nach durchqueren der Fußgängerzone von Vaduz beginnt die Steigung, vorbei am Kunstmuseum und am unter Denkmalschutz stehenden Roten Haus, neben dem Schloss ein weiteres Wahrzeichen der Stadt. Am spätmittelalter-lichen Treppengiebelbau mit seiner markanten Farbe und seinem hoch aufragenden Turm schalten viele bereits auf Gehmodus um. Ich bin heute gut drauf und nehme die Steigung im Laufschritt.

Zum Greifen nah thront die 800 Jahre alte Burg an der nächsten VP vor uns. Weht auf der mittelalterlichen Burg die blau-rote Fahne mit der goldenen Krone, dann ist der Fürst zu Hause. 1938 verlegte Fürst Franz Josef II als erster Fürst Liechtensteins seinen ständigen Wohnsitz aufs Schloss. Seither ist es der Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich. Wir wollen auch gar nicht hinein, aber die Wasserstelle sorgt für willkommene Abkühlung bei steigenden Temperaturen.

Ein schöner Singletrail führt uns unmittelbar danach für einige Zeit durch den Wald. Hab ich mich noch im Vorjahr darüber gefreut, hier etwas Schutz vor dem Regen zu bekommen, ist es heuer genau anders rum, auf den Serpentinen der Teerstraße bekommen wir einen grandiosen Überblick hinunter ins Rheintal und fast über den kompletten Zwergenstaat mit seinen 25 km Länge und 12,5 km Breite. Staaten, deren Größe so gering ist, werden als Zwergstaaten bezeichnet. Auf Platz sechs dieser Liste liegt Liechtenstein mit 160 Quadratkilometern Der kleinste Staat der Welt ist im Übrigen der Vatikan, dessen Fläche gerade einmal so viel beträgt wie etwa 60 Fußballfelder.

Auf der Silumer Höhe haben wir kurz nach der Halbmarathon-Markierung den längsten Anstieg auf 1539 üNN geschafft. Knapp 1100 Höhenmeter haben wir dabei absolviert. Auf den folgenden 4 Kilometern verlieren wir gleich wieder 250 davon. Es geht hinunter nach Steg zum Etappenziel des Halbmarathon PLUS. Kurz vor dem HM-Ziel ist am Gänglesee wieder eine gut bestückte VP aufgebaut.

In den Vorjahren ging es immer geradeaus über die Brücke links am See vorbei, heute ist das ganz anders, sie ist gesperrt. Wir dürfen eine kleine Ehrenrunde nach rechts um den Gänglesee drehen. Das bringt uns ca. 300 zusätzliche Meter zu den Vorjahren ein. Das folgende 25er Schild steht aber an selber Stelle wie immer, den kleinen Umweg hat man bei der Beschilderung einfach unterschlagen, würde ich mal behaupten.

Ab km 26 beginnt der zweite Anstieg der Strecke, anfangs noch mit überwiegend leichten Bergaufstücken, aber selbst die fallen mir jetzt sehr schwer. Im ersten Teil hatte ich wirklich lockere Beinchen und so den typischen Anfängerfehler begangen. Bin im Flachen schnell angegangen und das meiste bergauf gelaufen, den 5:00 Stunden Pacer locker geschnupft und habe mich von meinem guten Gefühl treiben lassen, aber jetzt ist die Luft gerade ziemlich raus. Der Tempomacher zieht an mir vorbei und zeigt mir die lange Nase. Nicht wirklich, aber ich hab zumindest das Gefühl dass es so ist. Ab Km 32 werden wir auf einen schmalen Trail geleitet, der sich in engen Serpentinen steil nach oben zieht. Bis Saasförkle auf 1.796 Höhe sind ab Steg wieder 500 Höhenmeter zu bewältigen. Als Wanderer marschieren hier alle nach oben.

Auf dem höchsten Punkt des Kurses bin ich wieder einigermaßen erholt. Überwiegend bergab führt der Weg in ein Seitental des Saminatals. Etwas oberhalb des Zieleinlaufes passieren wir auf einem Rundwanderweg Malbun. Minutenlang kann ich dem Zielsprecher lauschen. Ich bin voll konzentriert auf seine Ansagen um eventuell mitzubekommen ob Jan vielleicht schon dabei ist. Jeder Finisher wird von ihm namentlich vorgestellt.

Der Name Malbun stammt aus dem Romanischen und kommt von val bun (schönes, ertragreiches Tal). Wer heute in den sonnenüberflutenden Kessel dieses Hochtals blicken kann, kann das gut nachvollziehen. Fast kitschig schön, wie auf einer Postkarte liegen die sattgrünen Wiesen der Hänge unterhalb Sareiserjoch, Silberhorn und Nospitz vor uns. Die Bergspitzen allesamt noch mit Schnee bedeckt. Im Winter vergnügen sich hier die Skifahrer, heute sind wir Marathonläufer dazu eingeladen, die Lustkurven dieses Tals zu erobern. Es macht unglaublich viel Spaß hier noch weiterzulaufen. Soll ja auch welche geben, die ein mentales Problem damit haben, nach Sicht auf das Zielbanner, noch die restlichen 5 Kilometer motiviert anzugehen. Ich sage mal ausdrücklich, wir „dürfen“ fast noch den kompletten Kessel umrunden.

Nachdem ich heute lange Zeit die 5 Stunden im Visier hatte, kann ich immerhin noch unter 5:30 h ins Ziel kommen. Jan hat es leider auch nicht ganz geschafft, mit 5:07 hat er die Marke aber nur knapp verfehlt. Lange halte ich mich im Zielbereich nicht mehr auf. In der Sonne liegend auf der Massagebank kann ich noch Joe einlaufen sehen, dann geht’s zur Dusche und noch etwas Füße hochlegen. 7 Stunden ist die Sollzeit beim LGT Alpin Marathon, wir sitzen bereits im Auto, als pünktlich die Absperrungen aufgehoben werden, vorher gibt es keine Durchfahrmöglichkeit. Wir haben es eilig, werden bereits im Elsass erwartet, zur zweiten Etappe an diesem Wochenende.

Endlich ist die Schlechtwetterserie gebrochen und der LGT Alpin Marathon hat mir sein wahres Gesicht mit fantastischen Ausblicken gezeigt. Meine Hartnäckigkeit hat sich ausgezahlt, ich komme gerne wieder zurück.

 
Blauer Himmel empfängt uns am Morgen.
Joe, Jan und Bernie.
Erstmal brettleben am Rhein entlang.
Das rote Haus in Vaduz.
Das Fürstenschloss.
Waldpassage kurz nach dem Schloss.
Jan gibt Gas.
Blick ins Rheintal.
Auf Serpentinen geht's hoch.
Immer noch viel Schnee auf den Gipfeln.
Herrliche Aussichten bei Km 21.
Gänglesee mit Umweg.
Halbmarathon PLUS-Ziel in Steg.
Singletrail unterhalb Saasförkle.
Valorschtal.
Wir dürfen den kompletten Kessel umrunden.
Km 40 im Kessel.
Glücklich im Ziel.
 
Jan
Bernie
5:07:38
5:29:56
 
 
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