Letztes
Jahr feierte der Ultra Trail Premiere im Rahmen des Ällgau
Panorama Marathon, den ich noch unter die Füße nahm.
Die Begeisterung bei der Zielankunft war so groß, dass bereits
da für mich feststand, heuer muss es der UT sein. Die Vorbereitung
von gestern auf heute war nur suboptimal, da ich noch auf eine Hochzeit
musste und so gezwungen war die Anreise in der Nacht vorzunehmen.
Kurz nach 2 Uhr war dann auch die Schlafphase für mich bereits
beendet. Mit dabei ist wieder Jan, der sich so ein Unternehmen auch
ungern entgehen lässt. Glücklicherweise sind in den letzten
Monaten einige neue Straßen zur Verbindung ins Allgäu
dazugekommen, sodass wir von Augsburg locker in 1 Stunde 15 Minuten
Sonthofen erreichen. Den Weg kenne ich auch schon zur genüge,
da ich nach dem Oberstaufer und Immenstädter Marathon zum dritten
Mal innerhalb 7 Wochen die Ällgäuer Bergwelt erkunden
will und somit für heuer alle Allgäuer Marathons mit ordentlich
Höhenmeter auf meiner Liste hätte. Leider abgesagt für
2010 ist ja der Voralpenmarathon in Kempten, den hatte ich mir auch
noch vorgemerkt, sodass es bei den dreien bleiben wird.
Kurz vor 5 Uhr treffen wir noch in stockdunkler Nacht vor dem Startplatz
am Allgäu Outlet ein, wo seit 4:30 Uhr noch die Möglichkeit
zur Nachmeldung und der Empfang der Startunterlagen eingerichtet
ist. Natürlich geht’s zu so früher Stunde noch ruhig
zu, aber es sind doch einige die von dieser Möglichkeit noch
Gebrauch machen und erst kurzfristig anreisen. In unserem Startpaketen
befinden sich aus Sicherheitsgründen für jeden Trailer
eine Rettungsdecke und eine Trillerpfeife, die mitzuführen
sind.
Das sehr schöne Finishershirt gibt’s hier auch schon
vorab. Eine besonderen Tipp darf ich für diese Uhrzeit noch
weitergeben, den ich mir auch erst nach dem Lesen des Vorjahresberichtes
von m4y-Kollege Daniel verinnerlicht habe. Die Dixis auf dem Parkplatz
nebenan stehen natürlich noch vollkommen im Dunklen und jeder
Sportler weiß wie wichtig uns die Toilettenbesuche vor so
einem Rennen sind, daher ist eine kleine Taschenlampe ein wertvolles
Accessoire. Daniel hat seine letztes Jahr im Auto liegen lassen,
ich hab meine jetzt dabei und bin überaus dankbar für
den Ratschlag.
Einen Kilometer entfernt am Erlebnisbad Wonnemar liegt unsere Zielankunft
und zugleich Parkmöglichkeit für unsere PKWs. Jan und
ich haben jetzt noch eine stressfreie Stunde Zeit um umzuparken
und uns zu präparieren und dann wieder hierher zum Startplatz
zurückzukommen. Heute gilt es einiges mitzuführen, außer
der erwähnten Rettungsdecke und Pfeifchen ist jeder noch verpflichtet
ein funktionierendes Handy dabei zu haben und des weiteren wird
dringend eine Getränkeflasche oder Trinkrucksack empfohlen.
Bei vorher gesagten 30 Grad und VP-Abständen von bis zu 10
km in alpinem Gelände kann es sonst leicht zu Versorgungsproblemen
kommen.
Die Probleme haben die zwei Stunden nach uns startenden Marathonläufer
nicht, bei ihnen gibt es sogar noch ein paar Wasserstellen mehr.
Kurzfristig haben sich noch Mario und Magic dazu entschlossen. Magic
will seinen abgebrochenen London-Marathon ersetzen und Mario braucht
noch etwas Höhentraining für die Jungfrau. Greppi ist
im Urlaub, da schiebt er kurz den HM dazwischen.
Um Punkt 6 Uhr ist der Start, frösteln braucht um diese Zeit
keiner mehr im Shirt, es hat bereits angenehme 15 Grad und im Morgengrauen
ist am Himmel kein einziges Wölkchen auszumachen. Es wird also
noch richtig heiß werden. Gemächlich setzten sich die
meisten Trailer in Bewegung. Die Zeitmessung wird mit einem Leihchip
mit Klettband um’s Fußgelenk durchgeführt und es
gibt auch nur eine Bruttozeit, was hier, wie man sieht den meisten
ziemlich wurst ist. Nach ein paar Metern sind wir raus aus Sonthofen
und laufen erstmal zwei Kilometer an der Iller und am Sonthofener
Baggersee entlang Richtung Bihlerdorf, kurz vorher geht’s
links ab und das Einlaufen im Flachen ist beendet.
Auf einer Teerstraße führt uns der nächste Kilometer
moderat nach oben, aber nach einer Wiesenüberquerung vor Hüttenberg
legt die Steilheit gleich spürbar zu, dafür gibt es aber
beim Rückwärtsschauen einen wunderschönen Scherenschnitt
auf den Wächter des Allgäus, den Grünten und ein
paar Minuten später geht die Sonne genau hinter seinem Profil
auf. Ein herrliches Bild. Ja, die frühe Startzeit hat schon
so seine Vorzüge. Erst am Hang entlang und dann durch teilweise
wurzelige Waldabschnitte arbeiten wir uns nach oben. Überholen
ist auf diesen Singletrails und in den Wiesen nicht ganz einfach,
außer man will sich gleich nasse Füße im feuchten
hohen Gras einhandeln. Prompt gibt es hinter mir schon einen ersten
Motzer, dem das Tempo der Schlange zu langsam ist.
Nach etwas mehr als 7 km erreichen wir einen Naturhochseilgarten,
genau darunter sitzt der Schorsch und notiert von jedem die Startnummer.
Es gäbe ja auch die Möglichkeit mit dem Auto hier rauf
zu kommen und Mogler soll es ja überall geben.Etwas unterhalb
der Weltcuphütte und der Bergstation der Ofterschwanger Skilifte
(km 9) ist die erste Versorgungsstelle aufgebaut. Wasser und Iso
stehen zur Auswahl. Jan zieht von hier ab davon und ich kann ihn
hin und wieder nur noch in der Ferne ausmachen.
Der weitere Weg führt uns um das Sigiswanger Horn herum, ein
Abschnitt den ich schon vom Vorjahr kenne und der mir besonders
gut gefällt. Am steil abfallenden Hang geht es auf einem schmalen
Trail im Wald über Wurzeln und Steine in herrlicher Vegetation
immer leicht bergauf, im weiteren Verlauf auf schmalen Naturwegen
Richtung Gipfel. Zwischendrin ist es schon mal etwas schmierig.
Vor mir läuft der Steffen Rothe, mit richtigen Kampfspuren
auf dem Allerwertesten und Schürfungen an Armen und Beinen.
Er hat sich vorher mit dem Berg angelegt und dabei den kürzeren
gezogen. Vorsicht ist also geboten auf der rutschigen Passage.
Auf dem letzten Kilometer vor dem Weiherkopf darf noch mal richtig
geschnauft werden, steil geht’s rauf auf’s Gipfelkreuz.
Ein Drittel unserer heutigen Höhenmeter sind geschafft und
ca. 13 km, dafür hab ich fast genau 2 Stunden benötigt.
Das sind 15 Minuten mehr als im Vorjahr auf der Marathonstrecke,
meine Tempoeinteilung müsste also ganz gut passen auf der längeren
Strecke. Fast alle um mich herum, nehmen sich am Gipfelkreuz Zeit,
um erstmal ein kleines Päuschen einzulegen und die traumhafte
Aussicht zu genießen und natürlich sind auch einige Gipfelfotos
fällig. Ja, herrlich ist’s hier oben. Genau gegenüber
auf der anderen Seite des Illertals, noch etwas im Dunst liegt der
Sonnenkopf, er wird unsere größte Herausforderung bei
km 60 heute noch sein.
Nach dem Gipfelsturm kommt folgerichtig immer der Abstieg und der
hat es in sich. Auf einem Schotterweg kommen auf 500 Metern und
150 hm die Oberschenkelmuskeln voll zum Einsatz. Etwas unterhalb
vom Berghaus Schwaben haben wir plötzlich jede Menge Gegenverkehr.
Eine ganze Horde Rindviecher bevölkert unsere Laufstrecke.
Nein, Nein, ich meine jetzt nicht uns damit, schon die Vierbeinigen!
Fast hätte ich den Überblick verloren und wäre geradeaus
weiter abwärts gelaufen, aber unser Kurs führt wieder
aufwärts.
Vom Riedberger Horn, genauer gesagt etwas unterhalb, verlieren wir
auf einem 1 km langen Schussstück bis zur ersten Vollverpflegungsstelle
bei den Grasgehren-Liften fast 200 Höhenmeter. Hier ist auch
zur Kontrolle und Zwischenzeitmessung eine Zeitmessmatte ausgelegt.
Im Internet gibt es eine Seite der Zeitmessfirma, wo sich Fans und
Angehörige die Live-Durchgangs-zeiten ansehen können.
Wirklich ein tolle Sache. Für mich und die meisten anderen
ist jetzt nach 19 km Zeit für ein ausgiebiges Frühstück.
Das Angebot ist wirklich umfangreich, ein Stück Zwetschgendatschi
lacht mich als erstes an, danach Butterbrote mit Salz. Die Auswahl
ist allererste Sahne, es gibt noch Melonen, Äpfel, Bananen,
Nüsse, Feigen, Früchteriegel, Energie-Gels. Und auch Salzschüsselchen
stehen da, um unseren Getränken oder auch Speisen das wichtige
Mineral zukommen zu lassen.
Magic stürzt sich bei seiner Ankunft auch auf den Datschi.
Von da an ging's für ihn nur mehr bergab, mit der Strecke und
der Leistung, er ist ihm nämlich nicht bekommen.
Nach 5 Minuten ausgiebiger Stärkung kann ich mich lösen
und meinen Weg fortsetzen. Tendenziell führen die nächsten
Kilometer nach Rohrmoos immer abwärts. Bis zu km 21 werden
die später startenden Marathonis die gleiche Streckenführung
haben wie wir, dann geht es für uns rechts ab. Kurz vor der
nächsten Wasserstelle bei km 25 im Weiler Rohrmoos geht es
auf einem schmierigen Pfad, steil über eine Wiese den Hang
hinab. Gutes Profil auf den Sohlen ist hier Gold wert. Ein Läufer
vor mir ist fast am verzweifeln weil es so rutschig ist und kommt
kaum vom Fleck. Dann wird wieder aufgetankt, zuerst die Gurgel danach
die Wasserflasche.
Die nächsten zweieinhalb Kilometer auf einer Teerstraße
vermitteln ein Gefühl das wir heute auch noch nicht oft hatten:
Laufen auf fast ebener Strecke. Nachfolgend ein 3 km Anstieg durch
den Wald zur Passhöhe. Die Kraft der Sonne bekommen wir hier
und heute erstmals so richtig vermittelt. Die Schattenseiten am
Wegesrand werden von allen bevorzugt genützt.
Ab km 30 wird es nass und matschig. Wir durchqueren auf einem schmalen
Trail das Moos. Auf einem ein Kilometer langen Abschnitt ist vor
allem die Balance auf den ausgelegten Holzbohlen gefragt. Nachdem
ich ein paar mal kurz davor bin, nicht nur mit den Füßen
Kontakt mit dem Schlamm aufzunehmen, bewege ich mich nur mehr sehr
vorsichtig über die glitschigen Bretter. Aber überall
liegen die auch nicht, so gibt es keinen Ausweg als sich die Schuhe
so richtig schön einzusauen. Als ich mich mal ieder mit der
Kamera nach hinten orientiere, kann ich plötzlich Jan ausmachen,
ich wähnte ihn ja einiges weiter vorne. Vor dem Anstieg zum
Riedberger Horn ist er hinter einer Gruppe hergelaufen und die haben
den falschen Weg eingeschlagen. Erst als bei km 19 immer noch nicht
die VP kam, ist es ihnen spanisch vorgekommen und sind umgekehrt.
Der kleine Umweg hat ihm ca. 3 km zusätzlich eingebracht hat,
erzählt er mir.
Nach 34 km verlassen wir bayerischen Boden und erreichen die Staatsgrenze
zum österreichischen Bundesland Vorarlberg. Weniger später
ist für mich Halbzeit und treffe an der Vollverpflegungsstelle
Hörnlepass ein. Vor dem Start gab es auch die Möglichkeit
hierher einen Kleiderbeutel transportieren zu lassen. Meiner liegt
bereit und darin warten frische trockene Socken und ein ärmelloses
Singlet auf mich. Die dreckverschmierten Schuhe werden aber stolz
bis ins Ziel getragen. Aber vorher wird wieder anständig gefuttert.
Es ist wieder alles dabei was das Herz begehrt. Von Süß
bis salzig und fruchtig bis sportlertypisch, alles ist da. Das Gros
der Trailer wird zwischen 9 und 12 Stunden unterwegs sein, daher
sollte man sich die Zeit für ausreichende Verpflegung schon
gönnen.
Ich fühle mich nach der kleinen Pause wieder sehr gut und folge
Jan, der jetzt bergab auf der Teerstraße wieder mächtig
Fahrt aufnimmt. Aber kurz vor Ritzlern im Kleinwalsertal habe ich
das Gefühl wir laufen gegen eine heiße Wand. Nicht nur
wir, sondern auch die Temperaturen haben unten im Tal gewaltig zugelegt.
Mich trifft es fast wie ein Hammer.
Nach überqueren der Kleinwalsertal-Bundesstraße sind
über 5 km und 400 hm größtenteils in der Sonne,
unterhalb Kanzelwand und Fellhorn rauf zur Söllereckbahn zurückzulegen.
Wasserstellen gibt es zwischendrin vom Veranstalter keine, aber
einige Brunnen am Wegesrand mit klaren Quellwasser sorgen für
Abkühlung. Kaum einer kommt mehr an einem der zahlreichen Wassertröge
vorbei, ohne sich den Kopf zu kühlen. An der Bergbahn (km 42)
gibt es dann auch das ersehnte Trinkwasser für uns. Auf 1400
m Höhe hat man eine prächtige Aussicht über Oberstdorf,
aber vom Planet jetzt ganz schön gezeichnet fällt es mir
und den meisten anderen nicht mehr so leicht sich daran zu erfreuen,
Schatten kann jetzt eindeutig mehr Pluspunkte sammeln. Ein Stück
aufwärts ist es dann noch bis unsere Laufstrecke wieder seinen
Gipfel erreicht und vom Gesamten (Distanz & Höhenmeter)
etwa 2/3 absolviert sind.
Der Abstieg ins Tal führt uns wieder in den schattigen Wald.
Die ersten Kilometer gehen noch auf einem geschotterten etwas breiteren
Weg, nachfolgend aber fast treppenförmig steil über Wurzeln
und Steinen bis zum Freibergsee. Wunderbar Idyllisch liegt er vor
uns. Ich denke nicht nur Jan und ich hegen in diesem Moment den
verlockenden Gedanken, ganz runter ans Ufer zu laufen und rein zu
springen. Im Hintergrund ragt die Heini-Klopfer-Skiflugschanze in
den Himmel. Die frei ausragende Spannbeton-Konstruktion wird im
Volksmund "Schiefer Turm von Oberstdorf" genannt. Sie
wird als eines der schönsten und zweckmäßigsten
Bauwerke auf dem Gebiet des nordischen Skisports bezeichnet. Oberstdorf
wollte etwas Einmaliges bieten, das ist zweifellos gelungen, sie
fügt sich wirklich wunderbar in die Landschaft ein. Der Schanzenrekord
steht im Übrigen derzeit auf 225,5 m.
Unser nächstes Ziel sind die Schanzen in der Erdinger Arena
Oberstdorf, die vor allem bekannt sind durch das jährlich stattfindende
Auftaktspringen der Vierschanzen-Tournee, die sind aber von der
Heini-Klopfer-Schanze noch ein paar Kilometer entfernt. Über
5 km und fast 600 hm ging es runter bis ins Tal. Jetzt müssen
wir noch in der sengenden Hitze 2,5 km im Flachen bis zum Cut-Off
in Oberstdorf realisieren. Wer dieses Teilziel nicht in 8,25 Std.
erreicht, darf nicht mehr weiter laufen. Es gibt aber auch die Möglichkeit
freiwillig auszusteigen und in eine separate Wertung aufgenommen
zu werden und dafür auch eine Medaille zu empfangen. Aber,
jetzt kommt’s …das Steinmännle bekommen nur die
Finisher der kompletten Strecke und das will ich ja unbedingt haben.
Jan und ich erreichen die Anlage in 7:30 Std., so haben wir ausgiebig
Zeit zur Stärkung, die wir auch bitter nötig haben. Im
Eingangsbereich des Stadions wird jeder vom Sprecher begrüßt.
Mein erstes Bedürfnis sind zwei Becher Cola, ich bin gerade
so down dass ich nicht mal Lust auf ein Erdinger habe. Oh, wenn
das der Anton liest. Ich hatte mir eigentlich vorgenommen von der
Möglichkeit Gebrauch zu machen, die Beine massieren zu lassen,
aber da herrscht so viel Andrang, dass ich es sein lasse.
Nach 10 Minuten verlässt Jan das Areal, ich kann ihn gerade
noch außerhalb weiter oben ausmachen. Das ist für mich
auch das Startsignal nachzurücken und den harten Aufstieg zum
Sonnenkopf in Angriff zu nehmen. Ja, ein kleines Schepperle muss
man schon haben um diese weiteren Strapazen auf sich zu ziehen …aber,
das haben wir ja auch! 27 Trailer bleiben heute hier hängen.
Beim Anstieg neben den Schanzen relativiert sich bei aber schon
wieder alles, ich denke mir, die hier runter springen sind noch
verrückter! Gerade höre ich noch wie Olaf bei der Ankunft
im Stadion begrüßt wird und schon geht’s auffi.
11 km sind es bis ganz rauf auf den Gipfel des Sonnenkopfs, steil
geht’s schon nach der Arena los. Das positivste ist dass der
größte Teil der Strecke im Wald und damit im Schatten
liegt. Was den Muskeln von vielen Mitläufern hier aber wenig
schert, die sind hier bei vielen am Limit. Die meisten, inklusive
mir schleppen sich nur mühsam hoch. Jan hat noch mehr Power
und zieht davon. Nach gut der Hälfte ist es dann soweit, meine
Muskulatur rebelliert, Wadl, Oberschenkel, ja sogar teilweise in
den Fußsohlen zieht und sticht es. Ich muss mir eine kleine
Massage- und Dehnungspause gönnen. Im langsamen Gehtempo geht’s
erstmal wieder einigermaßen.
Ein Stück weiter liegt vor mir, mitten auf einem schmalen Pfad
am Hang der Egert Röhr. Auf dem unebenen Boden ist er gestürzt
und seine Muskeln haben sich dabei auch vollkommen verkrampft. Er
benötigt meine Hilfe um überhaupt noch hoch zu kommen.
Aber auch bei ihm geht’s bald wieder weiter.
Am Alpengasthof Gaisalpe ist wieder ein Wasserstelle aufgebaut,
es gibt auch wieder Cola und Gels dazu. Dann beginnen die letzten
3 km unterhalb des Gipfel und die stellen alles in den Schatten,
was heute so geboten wurde. Fast senkrecht führt der Pfad im
dichten Wald nach oben und der Trail nimmt kein Ende. Dieser Abschnitt
ist mit Sicherheit das Kriterium des gesamten UT. Wer sich diesen
Abschnitt ausgedacht hat, der hat’s wirklich „gut“
mit uns gemeint. Einer legt sich einfach für ein paar Minuten
auf die Seite und lässt den Herrgott einen guten Mann sein.
Er hat das schon mehrmals auf dem Aufstieg so gehalten, erzählt
er mir. Leider habe ich vergessen meine alten Daten von der Uhr
zu löschen, jetzt ist der Speicher voll und ich bekomme keine
Kilometerschnitt mehr mitgeteilt, was mich brennend interessieren
würde. Ich benötige sicher eine Stunde für die 3
km.
Die Allgäu Panorama Ultra Tortur zieht und zieht sich zähflüssig
nach oben. Ein paar kann ich trotzdem noch überholen. Dann
höre ich in einiger Entfernung Jubel. Als ich aus den Bäumen
ins Freie gelange sehe ich das Gipfelkreuz des Sonnenkopf über
mir, die Betreuer an der dortigen Wasserstelle feuern jeden auf
seinen letzten 50 Metern zum Gipfel begeistert an. Wahnsinn, das
Schlimmste ist geschafft, es ist eine Erlösung, unter uns kann
man praktisch schon das Ziel in Sonthofen ausmachen. Hier müsste
man einen Fotograf positionieren, der könnte bestimmt tolle
Schnappschüsse unserer gequälten Gesichter einfangen.
Etwas unterhalb des Gipfels sind 60 km durch und einen Kilometer
weiter ist noch mal eine Vollverpflegungsstelle aufgebaut mit allem
was benötigt wird. Die letzten 9 km führen immer abwärts,
anfangs noch etwas ruppig aber bald geht es teilweise in Teerstraßen
und Feldwege über. Am Sonthofer Hof (km 63) ist die letzte
VP aufgebaut. Hier kann man sich auch ein schönes gepflegte
Weißbier einschenken lassen …und ich will jetzt. Da
ich auch noch Cola haben möchte, macht mir die Helferin das
tolle Angebot und mixt mir ein Cola-Weizen. Ahh, herrlich, dafür
bedanke ich mich recht herzlich. Das setzt wieder Kräfte frei
für die letzten 6 Kilometer.
Bis ins Ziel ist alles mit mäßiger Neigung gut zu laufen.
300 Meter vor dem Ziel klopft mir tatsächlich noch m4y-Kollege
Olaf auf die Schulter, wir laufen zeitgleich am Wonnemar ein, wo
wir von Axel Reusch und von Anton schon empfangen werden. 11:45
h waren es für Olaf und mich, so lange war ich bisher noch
nie unterwegs. Jan wartet auch schon 20 Minuten auf mich.
Ich habe es unbedingt gewollt und jetzt bekomme ich es auch, begeistert
empfange ich mein Allgäuer Steinmännle, es wird bei mir
einen Ehrenplatz bekommen. Jeder der das Ziel erreicht darf sich
natürlich sowieso als Sieger fühlen, mit diesem tollen
Präsent wird der Lauf aber noch einmal aufgewertet, ich kenne
gar keinen andere Veranstaltung wo jedem Läufer ein derartige
Trophäe überreicht wird. Und alle sind handgefertigte
Unikate. Insgesamt haben sich das heute 150 Finisher verdient.
Hart ist er, aber das soll ja auch so sein, die Organisatoren Axel
und Christian haben mit ihrem Team alles getan um ein spektakuläres
Event auf die Beine zu stellen, dazu möchte ich mich als Teilnehmer
auch recht herzlich bedanken. Für mich gibt’s nichts
zu meckern …oder obwohl, diese letzten drei Kilometer zum
Sonnenkopf, mussten die sein? ;-)
Auch für die Marathonis waren heute die Bedingungen sehr schwer,
sie starteten erst um 8 Uhr als die Temperaturen schon ziemlich
hoch waren, gleiches gilt natürlich auch für die Läufer
des Halben, die schon voll in die Hitze rein laufen mussten. Magic
und Mario liefen beide schnell an, mussten aber auf der zweiten
Hälfte dem Wetter Tribut zollen. |