10.1.2010, LLG Kevelear-Marathon
Autor: Bernie Manhard    
 

Für Jäger und Sammler oder für die "Verrückten unter den Verrückten"

 
 
ERGEBNISSE
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Die Meteorologen kündigen uns massive Verkehrsbeeinträchtigungen durch Schnee und Wind an und raten ab am Wochenende aus dem Haus zu gehen, geschweige sich auf Deutschlands Straßennetz rumzutreiben. Dazu empfiehlt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz noch, sich vorsorglich mit Lebensmitteln und Medikamenten einzudecken, um eine Versorgung "für drei bis vier Tage" sicherzustellen, falls es gar ausartet. Auslöser des Ganzen ist das Tiefdruckgebiet "Daisy".

Tolle Aussichten für eine Fahrt über 650 km vom Süden durch fast die komplette Republik bis in den Nordwesten von NRW an die Holländische Grenze. Dort, ein Stückchen über dem Ruhrpott am Niederrhein liegt Kevelaer (gesprochen wir das Kewelaar), der Veranstaltungsort eines der ersten Deutschen Marathons 2010. Weil dem so ist und weil die Termine für die Jäger und Sammler von Marathons, oder sollte ich besser sagen für die "Verrückten unter den Verrückten" um diese Jahreszeit rar sind, ist er so begehrt. Ein Großteil der Teilnehmerinnen und Teilnehmer kommt aber natürlich schon aus der Region. 400 Startplätze gab es, die waren aber ruckzuck vergeben. Wer nicht schon wenige Tage nach Eröffnung der Anmeldung sein Kreuzchen setzte, hatte nur mehr geringe Chancen an diesem Lauf teilzunehmen.

Nun zähle ich mich persönlich nicht zu den  ganz Verrückten, auch wenn man gemeinhin mit 8 – 10 Marathons im Jahr vom Normalo schon als einer bezeichnet wird. Ein paar von den wirklich …"außergewöhnlichen Läufern" werde ich in meinem Bericht vorstellen um mal zu verdeutlichen, zu was der Mensch fähig ist.

Schon Donald Duck wusste, mit Daisy leben heißt dem Alltag die Stirn bieten. Darum setzt sich trotz der Weltuntergangswarnung am Samstag eine illustre Truppe von Märchenerzählern aus allen Teilen Deutschlands in Bewegung: Ja, sogar aus der Schweiz ist einer dabei. On Tour sind die Schreiberlinge von marathon4you.de. Publisher Klaus hat seine Stammautoren eingeladen, damit sich alle mal persönlich und nicht nur digital über das Internet kennenlernen. Nur selten sind mal von den regelmäßigen Schreibern zwei oder mehr an einem Veranstaltungsort anzutreffen. Sozusagen wird das also eine richtige Jahreshauptversammlung.

Das Ballyhoo der Medien bescherte uns wohl eine einmalig freie Fahrt über Deutschlands Autobahnen. Dabei ist ja eigentlich – ganz normal für diese Jahreszeit – nur der Winter gekommen. Die ersten 250 km bis Heilbronn nehme ich mit Anton in Angriff, dort treffen wir uns mit den Württembergern Eberhard, Olaf und Angelika. Die Erfahrung von fast 500 Marathons kann unsere Ladung jetzt aufweisen, wobei Olaf mit 28 und ich mit 26 eigentlich nur "Lehrlinge" sind.

Erst auf den letzten 100 Kilometern unserer Fahrt setzt langsam der Schneefall und unangenehmer Wind ein, der für den Raceday Ungemütliches verspricht. Aber ausdrücklich wurde die Woche über, auf der Website vom LLG Laufsport Kevelaer in fetter, roter Schrift darauf hingewiesen, dass der Marathon auf jeden Fall stattfinden wird ...es ist nur Winter.

Bei Köln überholt uns Klaus auf der Autobahn, er hat als Insassen Daniel aus der Schweiz und das Enfant terrible Joe aus Frankfurt an Bord. Den Namen hat er sich zugelegt, weil er in seiner Jugend begeisterter Westernfan war. Genauso ein wilder Hund wie in den Filmen zu sehen, ist auch er, 43 Marathons und Ultraläufe hat Joe 2009 rausgehauen und natürlich bereits den allerersten 2010, den Züricher Neujahrsmarathon, wie ein Revolverheld sucht er ständig neue Herausforderungen. Derzeit befinden sich von ihm auf der m4y-Website mehr Berichte als vom Boss Klaus persönlich. Von einigen wurde schon gemunkelt, er habe das Portal jetzt übernommen.

Das Veranstaltungszentrum des Kevelaer Marathon ist die Jugendherberge Am Michelsweg. Wir und auch alle anderen von weit her Angereisten finden hier eine preiswerte Unterkunft vor. Beim Bettenbeziehen in der spartanischen Unterkunft werde ich schnell wieder an meine Bundeswehrzeit von vor über 30 Jahren erinnert, nach kurzer Zeit klappt aber auch das wieder. Bei der Ankunft werden wir schon von einigen Hartgesottenen vom 100 Marathonclub Deutschland begrüßt. Beitreten darf man da erst, wenn man 100 Marathons oder Ultras amtlich bestätigen kann. Renate Werz läuft morgen ihren 261. und Bernhard Sesterheim hat auch schon um 200 Läufe von den exotischten Plätzen der Welt auf der Liste. In Planung hat er gerade ein Lauf auf den Kilimanjaro und den Le Grand Raid de la Reunion über 143 km und 8.700 Höhenmeter, nicht nur zufällig trägt der die Bezeichnung "Diagonale der Verrückten".

Am Abend baut das Küchenteam das Buffet für die Pastaparty mit verschiedenen Nudeln, Soßen und Salaten auf. Nachschlag kann sich jeder reichlich holen und sooft er will, für ganze 6,- €. Unser Autorenteam ist mit einem Dutzend gut vertreten und nach dem Essen verbringen wir noch einen gemütlichen Abend. Zwei Tragel Pils werden von uns am Abend vernichtet, an vorderster Front Joe, er hat ja auch ein Image zu verteidigen und Wasser überlässt er lieber den Fischen. Wir bekommen noch Besuch vom Präsidenten des 100 MC Deutschland Hans-Joachim Meyer und von Sigrid Eichner. Die fast 70 jährige Weltrekordlerin hat bereits 1.470 Marathons und Ultraläufe bestritten. Der Präse kommt "nur" auf "bescheidene" 1.200. Nicht dabei sein konnte heuer leider Horst Preisler, die Nr. 1 der Herren mit 1.666 Longruns. Er läuft heute in England und schafft es leider zeitlich nicht eine Verbindung hierher zu bekommen, sonst wäre er auch gekommen.

Früh am Morgen werden wir vom Arbeitskommando aus allen Träumen in unseren Stockbetten des 6-Bett Zimmers gerissen. Eine Schar Mitglieder und Freunde des Clubs beginnt mit dem präparieren der Laufstrecke. Ganz oben auf, steht der Vorsitzende des Clubs selbst und verteilt den Sand aus dem Anhänger. Zwei Tonnen werden insgesamt auf dem Parcours verteilt, vor allem, um die Rutschgefahr in den Kurven zu minimieren. Dazu hilft noch die Stadt Kevelaer mit einem Salzstreuwagen, die die Wege ebenfalls frei räumt, vom Eis befreit und anschließend zusätzlich mit Granulat versieht. Das Ergebnis kann sich wirklich sehen lassen.

Zudem hat der ätzend kalte Wind des Vortages deutlich an Stärke verloren und die Temperaturen nähern sich der Null-Grad-Grenze. Nach dem Einlaufen wähle ich noch eine dünnere Bekleidungsschicht als vorgesehen. Einige der einheimischen Weicheier würden bei diesen Wetterbedingungen aber lieber den warmen Ofen vorziehen, wie ich so mitbekomme, dabei sind die Voraussetzungen für einen tollen Wintermarathon wirklich bestens gegeben. Für bayerische Verhältnisse ist das heute nichts besonderes ...es ist nur Winter.

Zum achten Mal findet der LLG Kevelaer Marathon heuer statt. Bis 2007 hieß der Lauf noch Honigkuchenmarathon, so werden ihn vielleicht einige in Erinnerung haben. Gleich nach der damaligen Veranstaltung, starb der Spender des Honigkuchens, der dem Marathon den Namen gab und den die Teilnehmer gerne als Belohnung mit nach Hause nahmen. Mit ihm verschwand auch der Name.

Einige der Glücklichen, die einen Startplatz ergattern konnten, haben wohl der Angst vor Daisy nachgegeben, sodass letztlich nur 268 der 400 gemeldeten Läufer antreten. Schnee gab es hier bei Rennen in den vergangenen Jahren überhaupt erst einmal, aber nicht vergleichbar mit heute. Am Vorabend trafen wir noch einen Läufer, der uns erzählte, hier in der Gegend überhaupt noch nie auf richtigem Schneeboden gelaufen zu sein.

Von der Einfahrt zur Jugendherberge bis zum Startplatz sind es genau 195 Meter. Die Strecke ist ein 6 km-Rundkurs und 7 mal zu absolvieren. Das sind genau 42 km, die fehlenden 195 Meter werden am Ende zurückgelegt …genau, der Zieleinlauf ist nämlich an der Einfahrt zur Juhe.

Punkt 10 Uhr erfolgt der Startschuss. Schon nach wenigen Metern gibt’s donnernde Rockmusik aus einem ausgedienten Militärtransporter und viel Applaus von den dort postierten. Dann kommt auch die erste Verpflegungsstelle nach knapp 1,5 km. Nach ihr geht‘s rechts herum auf einen Rundkurs, vorbei an Feldern und Wiesen bis zum Ortsteil Winnekendonk. Auf diesem Abschnitt von etwa einem Kilometer weht uns eisiger Wind entgegen, aber aber, kein Vergleich zum Vortag und schon locker auszuhalten ...es ist halt Winter.

In der nächsten Linkskurve am Ortsrand steht ein richtiger Fanblock und feuert uns an. Sie sind gut ausgerüstet mit Glühwein, Brotzeit und guter Stimmung, im Verlaufe der 7 Runden werden es immer mehr und auch die letzten werden auf ihren letzten Runden noch von ihnen bejubelt und angefeuert. Jedesmal werde ich namentlich gegrüßt.

Die folgende lange Gerade führt ca. 1 km über freies Gelände der Schravelner Heide, hier bläst uns wieder der kalte Wind an. Kurz vor einem Waldrand macht unsere Runde wieder einen Linksknick und nichts ist mehr vom Gebläse zu spüren. Mir wird sogar richtig warm, des Öfteren entledige ich mich im Verlauf des Tages für einige hundert Meter der Handschuhe um abzukühlen. Die nächste der beiden Verpflegungsstellen kommt nach 4,5 km, sie liegt genau gegenüber des ersten VP-Punkts und bedeutet damit auch das Ende der Schleife. Hier werden warmer Tee, angewärmtes Wasser (sehr angenehm bei diesen Temperaturen) ...und eiskaltes Cola geboten. In späteren Runden hab ich zweimal versucht, welches zu trinken, aber fast hätte es mir die Kehle vereist, danach hab ich es sein lassen. Zum knabbern werden uns Bananen und der legendäre Kevelaerer Honigkuchen angeboten.

Auf einer Begegnungsstrecke geht es zurück Richtung Ziel, wo ein Wendepunkt über Matten der Zeitmessung eingerichtet ist. Zum ersten mal ist heuer der ChampionChip im Einsatz, nachdem in Vorjahren bei manchen ungewöhnlich schnelle Zeiten gestoppt wurden. Anderthalb Kilometer in jede Richtung ist dieser Abschnitt des Kurses lang, hier kann man in jeder Runde die vor einem liegenden, aber auch die nachfolgenden gut beobachten und die Zeitabstände ausrechnen oder sehen was derjenige heut drauf hat. Der Gegenverkehrsbereich ist wirklich der unterhaltsamste Teil der Strecke, ich kann das Feld beobachten und die anderen Autoren abklatschen und die mir bekannten Grüßen. Ja, sogar ein Sätzchen ist mal drin. Platz ist auf der schmalen Straße auch genug, obwohl reger Gegenverkehr herrscht. Der einzige Wehrmutstropfen ist hier der ruppige und anstrengende Bodenbelag, obwohl immer wieder mit der Schneeschnippe geräumt und geebnet wird.

Immer wieder schneit’s mal ganz leicht, aber einmal hätte es sogar fast die Sonne durch die dicken Wolken geschafft. Im Verlauf des Rennens sind noch größere Passagen der freiliegenden Streckenabschnitte ganz vom Schnee abgetaut. Der Präse des 100 MC Hajo Meyer schnupft mich in der 5. Runde, ich kann nur den Hut ziehen, er läuft nicht nur viel sondern auch noch sehr zügig und das in der AK 70. Bei mir läuft nicht mehr so viel, meine Rundenzeiten werden immer langsamer. Die beiden letzten Runden werden dann noch sehr schwer, mein Piriformis meldet sich schon den ganzen Tag über, aber noch schlimmer sind die Probleme mit meinen Adduktoren, denen ich in der letzten Runde einige Geheinlagen verdanke.

Ich Ziel gibt’s anstatt einer Medaille dann einen kompletten Kevelaerer Honigkuchen als Finisherpräsent und vom neuen Hauptsponsor Erdinger das Siegergebräu. Auch unsere marathon4you-Truppe schafft es einen Mann auf’s Treppchen zu bringen. Schnellster war wie zu erwarten Anton, zweimal hat er mich heute überrundet, am Ende damit den 8. Gesamtplatz erreicht und den 2. Platz in der AK 50. 30 Marathons schafft auch er locker im Jahr, davon absolviert er die meisten in einem Zeitenbereich von 3:15 – 3:30. 180 mal hat auch er sich schon auf den Langen Kanten gemessen. Das muss ihm in diesem Tempo erstmal einer nachmachen.

Ein paar von diesen unglaublichen Läufern/innen habt ihr jetzt kennengelernt, ich könnte locker noch einige mehr von den Kalibern vorstellen.

Ein Schlussdank gilt neben dem unermüdlichen Veranstalter auch noch Daisy, dank ihr können wir wieder die Heimreise ohne Vorkommnisse, wie Staus oder Verkehrsbehinderungen hinter uns bringen, da sich wieder keiner auf die Straßen traut. Im Übrigen können weder Donald Ducks Gschmusi noch Mosi’s Hündchen was für den Namen des Tiefs, verantwortlich ist nämlich eine Patenschaft mit einer 24-jährigen Daisy aus Dresden.

"Kewelaar" war schon allein durch das Kennenlernen von neuen angenehmen Zeitgenossen für mich eine Reise wert. Aber auch das Rundenlaufen hat durchaus seine Vorzüge.

 
Check In in der Jugendherberge.
Anton beim Bettenbeziehen.
Joe begrüßt Weltrekordlerin Sigrid Eichner (1470
Marathons und Ultras)
Der Vorsitzende des Clubs schaufelt persönlich.
50 Leute waren am werkeln in aller Frühe um
gute Streckenbedingungen zu schaffen.
Bettina und Joe haben sich schon beim
Neujahrsmarathon in Zürich kennengelernt.
Jetzt geht's los. Joe setzt sich fast an die
Spitze.
Winter pur in der Schravelner Heide.
Die Nordlichter sind nicht so winterliche
Bedingungen gewohnt.
Rechts m4y Werner Kerkenbusch.
Manch einer ist noch nie auf vollkommen
schneebedecker Piste gelaufen.
m4y-Schweiz-Import Daniel Steiner, er war
natürlich auch schon beim Neujahrsmarathon.
Mit vorne dabei Anton Lautner
(180 Marathons).
Mit meinem 27. bin ich eigentlich noch Lehrling
unter den Kalibern.
Renate Werz bei ihrem 261. Marathon.
Wer würde ihr das schon zutrauen?
Angelika Abel (98) und Eberhard Ostertag (159).
Bernhard Sesterheim hat auch schon über 200.
Demnächst will er auf den Kilimanjaro und
wieder die "Diagonale der Verrückten" laufen.
Volker Berka hat auch schon viele m4y-Berichte
geschrieben, kein Wunder mit der Erfahrung von
428 Marathons.
Präse Hajo Meyer (über 1.200) bewundert
Joes (Schw)eiszapfen.
So sieht die Streckenführung aus. 7 x ist das zu
laufen.
Als Finisherpräsent gibt's den berühmten
Honigkuchen aus Kevelaer.
 
Bernie

4:24:05
 
Das marathon4you.de Autoren-Team
v. links: Joe Kelbel, Eberhard Ostertag, Angelika Abel, Werner Kerkenbusch, Bernd Neumann,
Olaf Ulmer, Boss Klaus Duwe, Joachim Ewen, Bernie, Daniel Steiner, Bernhard Sesterheim.
Unten: Anton Lautner, Wolfgang Bernath.
 
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