Obwohl
ich in der Schule mal Alt-Griechisch lernen durfte und obwohl der
Marathon ein wichtiger Teil meines Lebens ist, hatte es mich irgendwie
nie gereizt einmal die „originale“ Strecke von Marathon
nach Athen zu laufen. Alle Berichte von Lauffreunden hatten mich
nicht wirklich motiviert. Da war von sehr wenig Publikum, schlechter
Organisation und einer völlig langweiligen Strecke an der Autobahn
die Rede. Als Georg und mir bei der Planung für 2010 vor knapp
einem Jahr allerdings auffiel, dass die legendäre Schlacht
von Marathon heuer das 2500-jährige Jubiläum feiert, stand
der Entschluss schnell fest. Athen, wenn nicht jetzt, wann dann.
Am Freitag ging es direkt von München nach Athen. Nach 2 Stunden
Flugzeit machten wir uns vom Flughafen mit der S-Bahn in die Innenstadt
von Athen auf. Unser Hotel, das Hilton Athen, lag direkt an der
Strecke bei KM 40,5 und zählt zu den besten Adressen der Stadt.
Die Bar auf dem Dach des Gebäudes wird unter den Top-Ten Bars
der Welt geführt und auch was die Preise angeht, ist das Hilton
sicher absolute Spitze. Eine 58 Gramm Toblerone kostet beispielsweise
7,50 EUR in der Minibar! Die Startgebühr von stolzen 90,- Euro
hat mich auf den ersten Blick ganz schön erschreckt und auch
sonst ist Athen nicht gerade günstig. Nun, in der aktuellen
Lage der Griechen helfen wohl eher Euro, denn Eulen.
Mal sehen ob die Organisation auch den Preis für das Rennen
rechtfertigt. Zugegeben, ich war etwas skeptisch, waren es doch
in der Vergangenheit zwischen 2.000 – 4.000 Starter beim Athen
Marathon und diesmal, beim Jubiläum, war das Teilnehmerlimit
von 12.500 Startern (nur für den Marathon, es gab auch 5KM
und 10KM) schon weit im Vorfeld ausgebucht. Die Marathon Expo liegt
gegenüber des legendären Panathenaikos Stadions, in dem
auch der Zieleinlauf stattfindet. In diesem Stadion wurden in der
Antike auch olympische Wettbewerbe abgehalten.
Auf der Messe angekommen, begaben wir uns zur Startnummernausgabe.
Es lief alles reibungslos und nach etwas Suchen, hatten wir T-Shirt,
6-Tages-S-Bahn-Pass, Startnummer, Trinkflasche und Chip beisammen.
Tipp: Für internationale Starter gibt es den S-Bahn Pass sogar
schon am Flughafen: Ein super Service, denn eine einfache Fahrt
vom Airport in die Stadt kostet bereits 6,- Euro. Anschließend
an eine recht kleine Marathonmesse, gab es eine spezielle Ausstellung
zur Geschichte des Marathons, die ebenfalls für alle Messebesucher
kostenlos war. Der Titel: Demokratie & die Schlacht von Marathon.
Ich möchte diesen Bericht jetzt nicht mit einer historischen
Abhandlung über die Schlacht von Marathon und die Diskussion,
ob es diesen legendären Lauf so in dieser Form wirklich gegeben
hat, führen, aber eines bleibt Fakt: Wahrheit oder nur Geschichte:
Der Mythos Marathon begann 490 v.C. und hat in den letzten 2.500
Jahren dazu geführt, dass der Marathonlauf das größte
Massensportereignis weltweit ist und nicht umsonst als „der
Mount Everest des kleinen Mannes“ bezeichnet wird. Wir hatten
sehr viel Glück mit dem Wetter und so verbrachten wir den Samstag
mit etwas Sightseeing und Georg machte sich auf zum Hafen von Piräus.
Etwas Sorge machte uns der Bustransfer von Athen zum Start in die
historische Stadt Marathon. 12.000 Läufer und Athener Organisation,
wir waren leicht nervös und beschlossen bereits die ersten
Shuttles am Sonntagmorgen um 5:30 Uhr zu nehmen. Der letzte Bus,
es gibt im Übrigen drei Haltestellen in Athen für die
Läufer, war auf 6:30 Uhr terminiert. Tatsache ist, die Busse
waren topp ausgestattet (keine Schulbusse wie in Boston) und es
lief alles reibungslos ab. Bereits während der Fahrt wurden
die Läufer über den Ablauf bei Start und Ziel informiert.
Nach knapp einer Stunde Fahrzeit kamen wir in der Dämmerung
in Marathon an, wo schon das Feuer von Marathon loderte. Am Start
traf ich noch auf Brandy Mycle, der mit seinem Gehstock und über
150 Kilo heuer bereits 3.000 Meilen quer durch die USA gelaufen
ist …und ich dachte immer ich bin ein Verrückter. Im
Stadion von Marathon war die Organisation einmalig. Kurze Wege zu
den Gepäck-LKWs, klare zeitliche Vorgaben für die Abgabe
der Kleiderbeutel, Toiletten waren sauber und in ausreichender Anzahl
vorhanden und auch die Startaufstellung wurde ideal gelöst.
Es gab 7 Startblöcke, die in 7 Wellen ins Rennen gingen. Jeder
Chip war auf den entsprechenden Korridor codiert und wer sich nicht
daran hielt, der hatte am Ende auch keine gültige Zeit. Der
Blockstart erfolgte im Abstand von 2,3,4,5 und 6 Minuten und es
war bereits nach einem Kilometer ein freies und rhythmisches Laufen
möglich.
Leider ist allerdings die Strecke nicht für besonders viel
Laufrhythmus ausgelegt. Sind die ersten 7,5 KM noch flach, so geht
es danach bis KM 17 stetig leicht bergauf. Sehr gefährlich,
denn wer hier bereits beim Versuch die geplanten Kilometersplits
zu laufen, überzieht, der wird am Ende sicher seine Probleme
bekommen. Die Strecke verläuft in der Tat über Land, auf
einer Autobahn, aber besonders in den kleinen Dörfern herrscht
eine ehrliche und tolle Stimmung. Die Verpflegungsstellen sind auf
beiden Seiten der Strecke und topp besetzt. Wasser gibt es alle
2,5 KM und immer in Flaschen. Für Umweltschützer ein Alptraum,
für den Marathoni ein Traum!
Ab KM 17 geht es dann endlich mal ein kleines Stück bergab,
ehe es dann ab KM 19 richtig anspruchsvoll wird. Die nächsten
13 KM gehen wirklich stetig hoch und spätestens jetzt wird
einem klar, warum der Streckenrekord hier auch mit 2:10:55 Std.
knapp 7 Minuten über dem aktuellen Weltrekord liegt. Auch ich
hatte jetzt schwer zu kämpfen und immer wieder nur zwei Gedanken
in meinem Kopf. Erstens: Ich muss es bis KM 32 schaffen, ab da geht
es bis zum Ziel nur noch bergab. Zweitens: Warum war diese blöde
Schlacht damals nicht in Athen, dann wäre es sicher einfacher
zu laufen und der Bote mit dem Namen Pheidippides hätte sicher
auch überlebt. Endlich bei KM 32 angekommen, ging es dann wirklich
super leicht abfallend mit großen Schritten dem Ziel entgegen.
Jetzt zahlt sich aus, wenn man am Anstieg nicht zu viele Körner
liegen lässt, denn nur mit etwas Restenergie kann man die letzten
10 KM nutzen um Tempo zu machen.
Erschöpft, glücklich und mit einem extrem mystischen Gänsehautgefühl,
lief ich in 3:10 Std. ins Ziel im historischen Olympiastadion ein.
Auch im Zielbereich war die Organisation perfekt und ich muss zugeben,
die Griechen haben mich Lügen gestraft. Auch mein Freund Georg
bestätigte meine Wahrnehmung und war ebenfalls mit der Organisation
und seiner Zeit von 3:39 Std. sehr zufrieden.
Ja, es ist was besonderes, die historische Strecke von Marathon
nach Athen zu laufen. Ich denke, jeder, der dem Mythos Marathon
verfallen ist, sollte das einmal im Leben machen. |