30th Anniversary Chicago Marathon, 7.10.2007
Autor: Bernie Manhard
 
 
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Raceday

Um 7:10 a.m. war Treffpunkt vor dem Hoteleingang, unsere Hoffnung dass der vorhergesagte Wetterumschwung pünktlich zum Rennbeginn eintrifft, erfüllte sich aber leider nicht, eigentlich hatten wir auch nicht mehr damit gerechnet. Es war jetzt bereits richtig warm und man musste sich wirklich ernsthafte Gedanken machen, wie so ein Lauf anzugehen ist. Gerhard und Mario diskutierten noch, wollten aber trotzdem versuchen mit der Brechstange ihre 3:15 durchzuziehen. Ich hatte mich schon gedanklich auf eine Zeit knapp unter 4 Stunden eingestellt, lieber ein paar Bildchen mehr fotografieren und nicht so durchhetzen wie sonst üblich.

Von unserem Hotel aus waren wir in 10 Minuten im Startkanal, das war schon mehr als ideal. Gerhard, Mario und ich hatten die Qualizeit für Start Corral B erfüllt und uns dort für Zeiten von 3:15 – 3:45 einteilen lassen, die Kapazität in dieser Zone war auf 3000 Läufer beschränkt und man musste dies auch schon im Vorhinein mit nachgewiesener Bestätigung, etwa in Form einer Urkunde oder in unserem Fall druckten wir die Mika-Timing-Ergebnisseite vom Hamburg-Marathon aus, in die USA faxen, vor uns waren noch die Läufer von Corral A mit 1500 Startern und die 100 Top-Elite-Läufer. Ca. 50 Meter hatten wir so nur bis zur Startlinie. Insgesamt standen 35.867 Läufer am Start, die Ausfallquote der Angemeldeten beträgt damit 20 %, ein ganze Menge was sich so zusammen läppert in 9 Monaten.

Kurz vor dem Start saß oder stand man hier mit Singlet und kurzer Rennhose bekleidet auf dem Straßenboden des Columbus Drive und ohne sich überhaupt zu bewegen war es schon richtig warm, und mehr Bekleidung hätte man jetzt schon gar nicht am Leibe tragen wollen, manch einer zog jetzt bereits sein Hemd aus. 73 Degrees hatte es, das sind ein gutes Stück über 20 Grad, glücklicherweise wurde die Sonne noch von Schäfchenwolken zurückgehalten, ich hoffte dass sie sich nicht so schnell vertreiben lassen würde. Ich glaube kaum dass viele Kleidungsstücke zum warmhalten bei der Kleiderabgabe abgegeben wurden. Über unseren Köpfen schwenkte ein riesiger Kran seinen Ausleger, vielleicht hatten sie dort ja ein Kamera installiert. Wir waren direkt neben dem Hintereingang des Art Institut of Chicago postiert, das gerade wieder um einen Anbau erweitert wird, am Donnerstag waren Gabi und ich hier noch zu Besuch und ergötzten uns an der größten Sammlung impressionistischer Gemälde außerhalb von Paris, leider konnte ich eines meiner Lieblingsbilder: "Nighthawks" von Edward Hopper nicht besichtigen, diese Abteilung war gerade temporär geschlossen.
Kurz darauf wurde uns die amerikanische Nationalhymne von der in Amerika berühmten Countrysängerin Jo Dee Messina präsentiert, auch wenn’s nicht unsere war, ich fand es sehr bewegend. Sie startete im Übrigen dann auch beim Marathon und kam auch ins Ziel, als ich auf der Ergebnisliste ihre Zeit nachsah musste ich schmunzeln, bei ihr konnte man als einzigster Teilnehmerin kein Geburtsdatum nachlesen. Bestimmt hätte sie sonst nicht gesungen.

Start

Um 7:55 wurde für die Rollis der Start freigegeben und kurz danach waren auch gleich unserer dran. Ziemlich unspektakulär setze sich das Feld in Bewegung, ich konnte auf alle Fälle keinen Startschuss vernehmen. Vorne ging es gleich mal ganz leicht noch oben, vielleicht 10 Höhenmeter, wenn man sich umdrehte hatte man einen traumhaften Überblick über das gesamte Läuferfeld, da seilte ich mich doch gleich einmal in die Mitte dieser, ich glaube 4 oder 5-spurigen Straße ab und zückte auf der erhöhten Fahrbahntrennung meine Kamera. Gleich links des Columbus Drive ging’s am Millennium Park vorbei, den besuchten wir in den vergangenen Tagen gleich mehrmals, der zu erkennende Jay Pritzker Pavillon ist schon eine wirkliche Augenweide. Dann kam gleich ein Tunnel, solche Schattenspender hätten wir uns im späteren Verlauf des Rennens noch mehrere gewünscht, war aber leider nicht so.

Nach einem Kilometer überquerten wir das erste mal den Chicago River, kurz danach bogen wir links in die Grant Avenue ein, wenn man einen Blick nach rechts warf, konnte manwieder das 15 Stockwerke hohe Ferris Wheel sehen. Bereits nach einer Meile hatte ich schon ein richtig schlechtes Gefühl in den Beinen, ob es wohl an den 3 Tagen Sightseeing mit den vielen Fußmärschen gelegen hat oder jetzt schon an den Temperaturen? Hier mitten zwischen den Skyscrapern von Downtown stand die Luft richtig, mir schnürte es regelrecht den Hals ab.
Kann man bei uns auf solche Bedingungen trainieren, wahrscheinlich nur in der Sauna. Ich laufe ja des öfteren meine langen Trainingsläufe in der Mittags- und Nachmittagssonne, aber dies hier war irgendwie was neues.

Kurz darauf passierte man das wunderschöne alte filigrane Wrigley Building, das im Auftrag des gleichnamigen Kaugummikonzerns gebaut wurde und das wirklich einen tollen Kontrast zu den neuen glattflächigen Hochhäusern bot, genau wie der etwas rechts davon stehende Chicago Tribune Tower mit seiner auffälligen gelben Kuppel, dessen Wände mit vielen berühmten Steinen besetzt sind, die von überall aus der ganzen Welt zusammen getragen wurden, so u.a. ein Felsbrocken vom Mond und Fragmente des Alamo, des Kolosseums und der Chinesischen Mauer. Die Zuschauer standen hier dicht an dicht und machten ein riesiges Spektakel, das war schon wirklich begeisternd und lenkte mich etwas von der Saunaluft ab.

Nach einem Linksknick ging es das zweite mal über den Chicago River und nach einer Schleife durch die Wolkenkratzerschluchten überquerten wir in noch einmal. Rechts von der Brücke konnte man die Marina Bay sehen, zwei Hochhäuser im Maiskolben-Look, unser höchstes Augsburger Gebäude wurde hiervon nachempfunden, aber natürlich nicht ganz so hoch.

Links und rechts der Straße standen die Zuschauer durch die gesamte Innenstadt dicht gedrängt und feuerten alle mit ohrenbetäubendem Lärm an. Ich drosselte bereits hier mein Tempo leicht und ob man es glaubt oder nicht, ich sah hier schon den ersten gehen.

Bei Meile 4 liegt rechts das John Hancock Center, es ist mit 344 Metern das drittgrößte Gebäude von Chicago, am Donnerstag genehmigte sich unser Team noch im 96. Stockwerk ein Bierchen mit sagenhafter Aussicht. Neben den Meilentafeln waren hier auch jeder Kilometer ausgeschildert, ob das die ganze Strecke über war, kann ich nicht mehr sagen, die könnten mir leicht entgangen sein bei dem was sich noch abspielte. Wir befanden uns auf dem La Salle Boulevard, hier in Chicago’s Financial District wurden auch die Aufnahmen zu „Batman Begins“ gedreht, für uns auch der Beginn eines überaus harten Workouts. Nach 8 Km/Mile 5 erreichten wir außerhalb von Downtown den Lincoln Park, den größten Park der Stadt, hier gibt es mit dem Lincoln Park Zoo, den größten eintrittsfreien Zoo der Welt. Rechts der Laufstrecke konnte man einen Yachthafen sehen nicht weit von Chicagos Gold Coast, dem Stadtteil mit den meisten Sandstränden am Michigansee, hierhin verschlägt es die Einwohner im Sommer zum sonnenbaden und schwimmen. Hier draußen im Grünen war die Luft deutlich besser aber dafür wurde es langsam spürbar wärmer. Die Wolken lösten sich hier aber so langsam auf.
Kurz danach macht der Kurs im Stadtteil Wrigleyville eine Wende, hier weit außerhalb war dann auch eines der ruhigsten Viertel des gesamten Laufes, es gab aber absolut keinen Punkt wo man alleine war und im Vergleich zum NYC-Marathon vor 2 Jahren, würde ich keine Behauptung aufstellen, wo mehr Leute an den Straßen stehen, gefühlsmäßig sind die New Yorker höchstens noch eine Spur enthusiastischer und lauter. Was mir aber wirklich auffiel waren die wenigen kostümierten Läufer, scheinbar nimmt man den Chicago Marathon sportlich gesehen etwas ernster als NYC, heute wäre so eine Verkleidung aber vielleicht auch lebensgefährlich gewesen.
Die hinteren im Feld mussten bereits hier um ihr Wasser kämpfen und für viele gab es gar keines mehr, wovon ich aber nichts mitbekam.

Ab Meile 10 beginnt Old Town, ein charmantes Viertel mit viktorianischen Häusern, ursprünglich war es Mittelpunkt einer deutschen Gemeinde, an diesem Tag hatte ich den Eindruck dass alle an die Marathonstrecke gekommen waren, wir wurden wieder richtig angepeitscht, das tolle schmiedeeiserne Stadtteilschild im Jugendstil gefiel mir auch sehr gut, ich konnte es gleich zweimal erspähen und Elvis sang hier auch, der darf natürlich in den USA nicht fehlen. Ab hier gab es dann nur noch Sonne, manchmal konnten wir noch geschützt von Hochhäusern im Schatten laufen aber die Wolken hatten sich verzogen. Mein Beine wurden auch immer schwerer und mein Lauftempo verringerte sich langsam aber stetig. Die Gehenden wurden immer mehr und das obwohl hier viele mit einem Endziel von 3:30 und 3:40 unterwegs waren. Wenn man sich hier einem Pacer-Team anschließt, bekommt man die Sollzeit die man laufen will, auf einem extra Schildchen auf dem Rücken befestigt.

Von Km 15 bis kurz vor der Halbmarathon-Marke hat man fast immer den Blick auf den Sears Tower, einst das höchste Gebäude der Welt, einem Koloss aus 76.000 Tonnen Stahl. Mehr als 16.000 bronzefarbene Fenster wurden eingebaut. Er wurde 1973 erbaut und hat 110 Stockwerke. Die Höhe beträgt insgesamt 443 Meter ohne Antenne. Da die Antenne nicht zum ursprünglichen Gebäude gehört, zählt sie bei der Höhenangabe nicht mit. Sonst hätte er eine Höhe von insgesamt 520 Metern. Irgendwo hat man dieses Gebäude beim kompletten Marathon von allen Himmelrichtungen immer wieder mal vor den Augen.

Bei Km 20 stand Gabi im gelben Team TOMJ-Shirt und machte Fotos von uns, wunderschöne Hasenohren vom Sponsor Energizer hatte sie sich aufgesetzt, obwohl ich wusste dass sie hier irgendwo stand, konnte ich sie bei der Menschenmenge nicht erspähen. Die Halbmarathonmarke konnte ich gerade noch unter 2 Stunden passieren, hier war mir aber schon längst klar, dass die 4 Stunden nicht annähernd zu schaffen sind. Gerhard und Mario waren bis hier mit 1:39 noch einigermaßen im Zeitplan. Um 10 Uhr wurden bereits 89 C Fahrenheit/knapp 32 Grad C gemessen, dieselbe Temperatur wie zeitgleich in der Wüste in Las Vegas und in Miami/Südflorida. Der Tag wird als wärmster 7. Oktober und der Abschnitt als wärmster Indian Summer der Geschichte eingehen. Ob die globale Erderwärmung daran Schuld ist, keine Ahnung, 1984 wurden aber auch schon mal 84 C Fahrenheit gemessen aber der Durchschnittswert liegt für Oktober bei min. 6 C - max. 18 C. Ich hatte eigentlich im Vorfeld eher noch die fröstelnden Kenianer vom Vorjahr mit ihren weißen Handschuhen bei 4 Grad C im Kopf und hoffte das dies heuer nicht so der Fall sein würde. Von den berüchtigten kalten Winden, die hier des öfteren durch die Hochhäuser ziehen, war auch nicht ansatzweise etwas zu spüren, wie gerne hätten wir uns so ein Lüftchen herbeigesehnt. Die Teilnehmer weiter hinten im Feld stiegen bereits aus Wassermangel in Brunnen um sich zu abzukühlen. Manche gingen auch in Tankstellen und kauften sich Getränke, andere mit Handys laufende, verständigten Angehörige um sie mit Wasser zu versorgen. Vorne bekamen wir dies zwar nicht mit, verwundert aber auch nicht, für uns war reichlich da und man kostete es auch übermäßig aus. Mit 3 – 4 Becher kam man pro Versorgungsstelle einigermaßen durch, 2 Becher davon mussten immer über den Kopf, wenn man so sagen will, wir soffen ihnen vorne alles weg.

Kurz danach überholte mich Otto, er war noch gut drauf und optimistisch die 4 Stunden zu packen, seine Aufforderung mit ihm mitzugehen, konnte und wollte ich aber nur kurz folgen um ihn mal zu fotografieren, zu diesem Zeitpunkt war mir die Zeit auch gar nicht mehr wichtig, ich dachte nur noch daran irgendwie das Ziel zu erreichen, so viele Geher hatte ich auch noch nie bei einer HM-Zeit gesehen. Bei Km 23 war auch Mario und Gerhard das Tempo zu hoch, sie gaben ihren Marschplan auf.

Nach 25 Kilometern, als es mit einem U-Turn in den Jackson Boulevard ging, musste auch ich meine ersten Walking-Meter einlegen, erstmals in meiner Marathonkarriere. Entlang der kompletten Strecke standen auch immer wieder Anwohner mit Schläuchen an der Straße und versorgten uns Läufer mit einer Wasserdusche. Der Veranstalter hatte auch zusätzliche Eisstationen eingerichtet und zusätzlich 205.000 Becher an Getränken mehr als im Vorjahr ausgegeben, all dies reichte bei weitem nicht. Nach 27 km erreichte man Little Italy, der Stadtteil der in den 1920er und 1930er Jahren als Synonym für die Mafia in den USA geworden ist, heute waren alle friedlich und machten lieber Rabatz am Marathonkurs, auch die außen liegenden Stadtteile machten gehörig Stimmung.

Race over

Genau um 11:30 Uhr bei Meile 18 hieß es dann für fast 11.000 Läufer: "Stop running, walk, Race over". Alle die diesen Punkt nach 3 ½ Stunden noch nicht überschritten hatten, wurden auf direktem Weg zum Zieleinlauf zurück geleitet. Per Helikopter und Polizei wurden sie zusätzlich aufgefordert nur noch zu gehen. Günther war hier leider auch dabei, es war ihm aber nicht ganz klar was passierte, er folgte einfach nur der Menge. Ein Muskelfaseranriss in der Wade ließ aber sowieso kein richtiges Laufrennen mehr für ihn zu, trotzdem hätte er das Rennen lieber komplett und gehend beendet. Ich hatte diesen Zeitpunkt glücklicherweise schon 45 Minuten früher passiert. Die Wasservorräte sollen an diesem Punkt verbraucht gewesen sein, dafür wurden hier in der Straße von der Feuerwehr die Hydranten geöffnet, damit sich die Läufer abkühlen konnten. Am Straßenrand konnte ich auch schon mal Läufer unter ärztlicher Betreuung liegen sehen, 315 Notfälle gab es insgesamt, davon mussten 195 ins Hospital gebracht werden, bei Meile 19 verstarb leider ein 35 jähriger Police Officer, es hieß er war in einem sehr guten körperlichen Zustand und schon mehrere Marathons gelaufen.

Für mich wurde es wieder richtig laut, ich erreichte bei Meile 19 Pilsen, es wurde mal ursprünglich von Einwanderern der böhmischen Hauptstadt gegründet aber mittlerer Weile ist es das größte mexikanische Viertel, was unübersehbar war, die typischen Mexican Street Art-Malereien an den Hauswänden waren nett anzuschauen und mir mehrer Fotostopps wert. Die Mexikaner feuerten ihre Landsleute vehement mit begeistertem "Mechico, Mechico" an, Mario entdeckte sogar einen Tequila-Stand, den lehnte er aber doch dankend ab. Schatten gab es kaum mehr, höchsten mal nah an den Häusern. Meine Gehpausen wurden auch immer länger und meine Laufeinheiten immer kürzer und langsamer, irgendwo entdeckte ich dann auch ein Thermometer auf dem 32 Grad angezeigt wurden, wir hätten hier auch locker irgendwo in Mexiko sein können. Mir kam es eigentlich gar nicht soooo heiß vor, wahrscheinlich konnte mein heißgelaufener Körper das gar nicht mehr richtig aufnehmen.

Dann ging’s in einer Unterführung unter dem mehrspurigen Kennedy Expressway hindurch, für uns Läufer
bedeutete das wieder ein paar Meter Schatten. Bei KM 34 erreichten wir Chinatown, an einer Art Stadttor empfingen uns chinesische Drachen und führten ihre Jubel-Tänze auf. Alle Geschäftsschilder wechselten sehr farbenfroh auf chinesisch. Ein bisschen Abwechslung tat hier wirklich gut, ein richtiges Mauerwerk an Menschen stand an den Straßen und feuerte uns erbarmungslos an, ich glaube sie hatten auch etwas Mitleid mit uns, Sätze wie "Strong men" u,ä. konnte ich des öfteren vernehmen. Das laufen wurde trotzdem immer mühevoller, ich konnte mich nur noch mit immer länger werden Gehpausen von Trinkstation zur nächsten retten, meine Beine wollten einfach nicht laufen, die Helfer stand oft mit Wasserkanistern am Rand und schütteten die Flüssigkeit, wenn gewollt den Läufern über den Kopf. Wasser gab es wenigstens noch reichlich. Mein Endzeit war mir unterdessen so was von egal, Hauptsache noch irgendwie ins Ziel kommen ohne einen größeren Schaden zu nehmen, denn noch lagen 2 Wochen USA Urlaub vor mir und Gabi, die wollte ich nicht riskieren.

Über eine Brücke kreuzten wir den riesigen Dan Ryan Expressway. und gelangten nach Bronzeville. Jetzt ging es fast nur mehr geradeaus auf der Michigan Avenue zurück bis ins Ziel. Schutz vor der Sonne gab es hier keinen mehr. Höchstens 30 Prozent liefen noch, wahrscheinlich die allermeisten wie ich, abwechselnd mit laufen und walken. Wäre interessant zu wissen, wie viele von den Läufern überhaupt ohne eine Gehpause durchgekommen sind. Das ganze ähnelte bei diesen Temperaturen mehr einem Überlebenstraining, als einem vernünftigen Marathonlauf. Durch die vielen Geheinlagen war meine Zeit natürlich jenseits von Gut und Böse und lief jetzt schon auf eine Endzeit über 4 ½ Stunden hinaus. Über uns kreisten immer wieder mal die Hubschrauber, fast wie die Geier, um zuzustoßen wenn einer am Boden liegt.

Bei Meile 23 passierte man das gewaltige U.S. Cellular Field, dem Baseball-Stadion der Chicago White Sox.
Gerhard war hier dann auch am Ende seiner Kräfte und Mario der mit ihm eigentlich gemeinsam ins Ziel laufen wollte, lief jetzt alleine weiter, er hatte noch ein paar Körner übrig und holte noch einmal alles aus sich raus, er war dann auch der einzige von unserem Team, der bei diesem brutalem Wetter, die 4 Stunden unterbieten konnte, das Finisherfoto ließ er dann auch gleich mit Eisbeuteln auf dem Kopf machen.
Genau bei KM 40 lag rechterhand das riesige McCormick Messegelände und daneben das Soldier Field, Spielstätte der Chicago Bears in der NFL, jetzt hatten ich es fast geschafft, es war noch eine kleine Steigung zu bewältigen mit Blick auf das Field Museum und Shedd Aquarium, es ist das größte überdachte Aquarium der Welt, wir besuchten es am Freitag und ich hatte dieses herrlich nasse Becken des weißen Beluga-Wal’s vor Augen.

Noch ein Linkskurve in den Grant Park hinein und wir waren auf der Zielgeraden, natürlich lief ich hier und ließ mir auch nichts anmerken von den Strapazen, denn hier stehen ja bekanntlich die meisten Fotografen. 4:41 standen im Ziel für mich zu Buche, eine Zeit die in meinen schlimmsten Alpträumen nicht vorgekommen wäre, hätte ich welche gehabt. Dieser Lauf war aber auch ein ganz spezielles Abenteuer. Trotz der ungewöhnlich hohen Temperaturen bin ich der Meinung, dass an meinem Leistungseinbruch zum Großteil die vielen Sightseeing-Unternehmungen ausschlaggebend waren.

Besonderen und erwähnenswerten Sportsgeist bewiesen hier beim Zieleinlauf auch zwei Sportler, die bei einer Endzeit von immerhin knapp über 3 Stunden, einen Läufer, der 100 m vor dem Ziel einfach umfiel und selbst nicht mehr in der Lage war allein durchs Ziel zu gehen, unter die Arme griffen und bis zur Ziellinie schleppten. Gabi hatte es beobachtet, während sie ungewöhnlich lange im Ziel auf mich warten musste. Insgesamt finishten den kompletten Marathon nur 24.933 Läufer.

After Race

Unser vereinbarter Treffpunkt im Ziel war am Buckingham Fountain, eingefleischten Al Bundy Fans würde dieser Brunnen bekannt vorkommen, da er immer im Vorspann der Serie zu sehen ist, hier war vom Veranstalter die Runner Reunite Area eingerichtet, der Treffpunkt zur Familienzusammenführung. Ich traf aber nur Mario an, Gerhard hatte sofort den Weg zurück ins Hotel zur Erholung gesucht und Otto hatten wir am Vorabend vergessen zu unterrichten. Kurz darauf kam auch Günther, erst hier erfuhren wir recht überrascht vom Rennabbruch, er machte sich aber auch bald auf den Weg ins Hotel zurück.
Mario und ich wollten noch etwas von der Atmosphäre genießen, nebenbei erzählte er mir was von einem eiskalten Bierchen, seine "neuen" amerikanischen Freunde John und Bob hatten ihm gleich nach dem Zieleinlauf den Kühlwagen von Budweiser gezeigt, wo er auch gleich mal zwei Becher zwitscherte, ich brauchte jetzt unbedingt auch eins. Wir hatten Glück und kamen ohne Probleme wieder in die Zieleinlaufzone rein. 3 Becher eiskaltes Michelob waren nach diesen Strapazen für uns beide fast wie die Erlösung. Der Rückweg ins Hotel war jetzt irgendwie schwebender und wir trafen auch noch unsere amerikanischen Heilsbringer.

Meine Kameraden waren am Nachmittag nicht mehr greifbar, so machte ich mich allein mit Gabi auf den Weg zur Post-Race Marathonparty in den Ballsaal des exklusiven Hilton. Dies war dann aber für mich auch die größte und einzige Enttäuschung dieser Tage, als Läufer hatte man noch freien Eintritt, für Gabi musste ich aber 5 $ Eintritt bezahlen und man bekam dafür eigentlich nichts. Oder höchstens die Möglichkeit an einem der aufgestellten Computer seine genaue Laufzeit nachzusehen oder auf der Videoleinwand die Fernsehaufzeichnung des Marathons anzuschauen, warum dafür ein Begleiter eine Gebühr bezahlen soll, sind mir noch heute ein Rätsel, vielleicht musste ja irgendeine Eskapade von Paris Hilton damit beglichen werden. Es war zwar ein Büffet für Burger, Hot Dogs und ein paar Beilagen aufgebaut, man musste aber für alles extra bezahlen, nicht mal ein Getränk für die Sportler gab’s gratis. In einem Nebenraum spielte noch eine Band in unerträglicher Lautstärke und blecherner Qualität. Für eine in allen Ausschreibungen groß angekündigte After-Race-Party mit Gutschein doch ein bisschen wenig. Lange hielten wir uns da natürlich nicht auf, der Nepp war uns zu groß.

Am Abend gingen wir noch ein letztes Mal zum Essen. Es war noch so herrlich warm, dass wir es im Freien zu uns nahmen. Es musste natürlich nach überstandenem Marathon ein richtig fetter Burger mit French Fries sein, so nennen die Amis die "Pommes". Außer Gabi und Otto, sie wollten Kalorienmäßig nicht so zuschlagen aber leider wurde ihnen das Falsche serviert, alles richtig schön Fett triefend paniert. Als die Rechnung kam, lernten wir jetzt doch noch das alte, windige Chicago kennen, auf unserem Beleg standen 10 Hauptmahlzeiten für uns 6 Personen, wir reklamierten natürlich. Auf der nächsten Rechnung waren es dann nur noch sieben, das war aber immer noch eines zu viel, Mario wurde es langsam zu bunt und nahm das in die Hand und dann war wieder "ois Tschikago"!

Während Otto, Günther, Mario und Gerhard am Montag den Heimflug antraten, die beiden letzteren durften sogar gleich nach Ankunft, den Rest des Tages im Büro verbringen, flogen Gabi und ich am nächsten Tag nach Las Vegas, während wir am Nachmittag auf dem Strip spazierten, bei exakt 87 C Fahrenheit, wurde auch mir so richtig bewusst, welche Affenhitze wir beim Rennen ertragen mussten.

 
  Bis zu unseren Start Corrals ging's noch ein Stück vor
 
  An den Corrals wurde streng kontrolliert
 
  Mario wollte unbedint auf Boston "Quali" laufen
 
  Angenehm warm war es schon vor dem Start
 
  Das Feld setzt sich in Bewegung
 
  Ein paar Schäfchenwolken waren noch am Himmel
 
  Bereits nach wenigen Metern war ein erster Tunnel zu durchlaufen
 
  Die filigranen Wrigley Builing und Tribune Tower
 
  Brücke über den Chicago River...
 
  ...und nach einer Schleife die dritte Überquerung
 
  Elvis darf in den USA natürlich nicht fehlen
 
  Old Town war mal eine deutsche Gemeinde
 
  In den Wolkenkratzerschluchten gab es wieder Schatten
 
  Hier kommen die Leader
 
  Gerhard und Mario lagen noch gut im Zeitplan
 
  Zu schnell für die Kamera waren sie auf alle Fälle
 
  Hat sie nicht tolle Hasenohren?
 
  Die Hälfte war geschafft
 
  Nach 22 km wurde ich von Otto überholt
 
  Otto war guter Dinge die 4 h zu knacken
 
  Hier liefen bereits nur noch wenige
 
  Sie trommelten was das Zeug hielt
 
  Hauswand in Pilsen mit typischer Mexican Street Art
 
  32 C wurden hier gemessen, das hätte auch in Mexico sein können
 
  Die chinesischen Drachen führten wilde Tänze auf
 
  Das Haupttor nach Chinatown
 
  Toller Blick auf die Zielgerade
 
  Sie ließen den Kameraden nicht im Stich
 
  Mario schaffte immerhin unter 4 Std. zu bleiben
 
  Gerhard im Ziel
 
  Bernie schaffte es auch noch bis ins Ziel
 
  Günther durfte das Rennen nicht beenden, eine Medaille gab es aber für jeden
 
  Drei kalte Bierchen waren für Bernie und Mario die Erlösung
 
  Den US-Boys John und Bob hatten wir den Tipp mit dem Bier-Kühlwagen zu verdanke
 
  Zum Abschluss besuchten wir noch die Hausbar
   
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